Und taeglich grueßt die Evolution
verteidigen. Und dabei können sie, wie australische Wissenschaftler beobachtet haben, auf die Hilfe ihrer Nachbarn rechnen. Nähert sich ein kräftiger Eindringling einem bewohnten Loch, wird er oft nicht nur vom Eigentümer angegriffen, sondern auch von dessen Anliegern. Solche Unterstützung bekommen die Wohnungsbesitzer allerdings nur, wenn sie allein gegen die Invasoren keine Chance haben.
Es stellt sich die Frage, warum die Winkerkrabben so handeln? Schließlich müssen sie während des Kampfes ihren eigenen Bau unbewacht lassen – auf die Gefahr hin, bei ihrer Rückkehr selbst kein Domizil mehr zu haben. Von den Risiken des Kampfes gar nicht zu reden. Meist können sie nicht einmal darauf hoffen, bei einer ähnlichen Bedrohung seitens ihrer Nachbarn eine adäquate Unterstützung zu erhalten. Denn die Tiere, denen sie zu Hilfe eilen, sind in der Regel keine wertvollen Verbündeten, weil sie deutlich kleiner und schwächer sind. Die Forscher sehen nur eine Erklärung für dieses Verhalten: Die Helfer wollen ihre vertrauten Nachbarn behalten und nicht riskieren, dass ein möglicherweise stärkerer Unruhestifter in den Nebenbau einzieht. Denn mit dem müsste man die nachbarschaftlichen Beziehungen erst wieder neu aushandeln.
Das Netz der Beziehungen
Können also Krabben tatsächlich einschätzen, welcher Artgenosse in einem Konflikt der Stärkere ist und wie ihre eigenen Chancen bei diesem Kräftemessen stehen? Manches deutet darauf hin. Eine solche Fähigkeit hatte lange Zeit niemand einem Tier zugetraut – geschweige denn einem einfachen Krebs. Selbst bei den Primaten waren Wissenschaftler lange unsicher, was die Tiere über ihren eigenen Status und den ihrer Artgenossen wissen.
Die langjährigen Beobachtungen, die inzwischen gemacht wurden, sprechen jedoch eindeutig dafür, dass Affen ihre eigene Stellung in der Gesellschaft sehr gut einschätzen können. Und sie durchschauen auch die Beziehungen zwischen den anderen Mitgliedern ihrer Gruppe. Vor allem Letzteres ist entscheidend für erfolgreiche Koalitionen. Wer beispielsweise einen anderen angreifen will, sollte vorher wissen, wer dem Opfer möglicherweise zu Hilfe kommen wird. Auch für Politiker ist es nicht ratsam, am Stuhl des Parteivorsitzenden zu sägen, solange dieser noch zahlreiche mächtige Unterstützer hat. Ein solches Einschätzungsvermögen hilft zugleich, die richtigen Leute um sich zu scharen. Auch hier gilt es abzuwägen, wessen Hilfe dem eigenen Vorhaben nützt und wessen Unterstützung vielleicht sogar schadet. Manche Wissenschaftler vermuten, dass gerade Primaten besonders gut darin sind, die Beziehungen zwischen ihren Gefährten zu analysieren. Deshalb sind die Koalitionen bei dieser Tiergruppe deutlich komplizierter als bei anderen Arten.
Zweckbündnisse unter Hutaffen
Systematisch untersucht wurde das Wissen über die Beziehungen innerhalb der Gruppe bei den Indischen Hutaffen. Bei diesen Tieren ist es üblich, dass sich die Männchen in die Konflikte anderer Männchen einmischen, und zwar vor allem dann, wenn sie selbst einen höheren Rang bekleiden als die beiden ursprünglichen Kontrahenten.
Wenn ein Hutaffe in Bedrängnis gerät, bittet er um Hilfe. Er wendet seinen Kopf rasch zwischen seinem Gegner und einem möglichen Verbündeten hin und her und versucht so, einen Helfer zu rekrutieren. Offenbar suchen sich die Tiere dabei gezielt Bundesgenossen aus, die im Rang über ihnen selbst und ihrem Widersacher stehen. Allerdings bemühen sie nicht etwa in jedem Kampf gleich den Chef der Gruppe, sondern begnügen sich mit einem Tier, dessen Status der jeweiligen Situation gerade angemessen ist. Dabei immer die richtige Wahl zu treffen, ist nicht einfach, denn die soziale Stufenleiter der Hutaffen kann sich von Monat zu Monat ändern. Dennoch scheint sie den Tieren immer präsent zu sein.
Ähnliche Strategien haben Wissenschaftler auch bei anderen Affenarten beobachtet: Die Tiere pflegen ihre Beziehungen zu einflussreichen Unterstützern und konkurrieren untereinander um die besten »Parteigänger«. Dabei kümmern sie sich nicht nur um die eigenen Seilschaften, sondern versuchen auch zu verhindern, dass ihre Konkurrenten mächtige Koalitionen aufbauen können.
»Schimpansen-Politik«
Die raffiniertesten politischen Aktionen haben Verhaltensforscher bisher bei Schimpansen beobachtet. Dabei hatte man ursprünglich nicht einmal bei den nächsten Verwandten des Menschen ein Talent für Ränkespiele vermutet. Doch dann erschien
Weitere Kostenlose Bücher