Und taeglich grueßt die Evolution
Geschlechter zusammen. Eine eher lose Gruppe von Frauen mit Kindern wurde demnach von einem Bündnis aus verwandten Männern verteidigt.
Ähnlichen Umweltbedingungen sah sich auch der Homo erectus konfrontiert. Doch statt sich, wie die Australopithecinen, hauptsächlich mit grober Pflanzenkost zu begnügen, setzte dieser Fleisch auf seinen Speiseplan. Das aber hat auch Konsequenzen für die Gesellschaftsstruktur. Denn Fleisch ist nur punktuell zu finden. Also mussten die Jäger lange Strecken zurücklegen und konnten deshalb die Frauen nicht immer direkt verteidigen. Deshalb beanspruchten sie vermutlich ein ganzes Territorium, aus dem sie sämtliche Eindringlinge ohne Ausnahme vertrieben. Ein solches größeres Gebiet aber ließ sich wohl nur von mehreren verbündeten Männern gemeinsam verteidigen. Die männlichen Verwandtschaftsbande könnten demnach bei Homo erectus recht stark ausgeprägt gewesen sein.
Welcher Urahn hatte das Sagen?
Die Sozialstruktur der frühen Menschenverwandtschaft wird auch weiterhin viel Raum für Spekulationen lassen. Soziale Hierarchien anhand einiger Knochenfunde und Klimadaten zuverlässig zu rekonstruieren, ist nahezu unmöglich. Selbst hinter die Rangordnungen der heute lebenden Primaten sind Wissenschaftler erst nach langjährigen Beobachtungen gekommen. Um wie viel schwieriger ist es da, die sozialen Umgangsformen von Lebewesen zu ergründen, die längst ausgestorben sind und die außerdem womöglich sehr unterschiedliche soziale Antworten auf die Herausforderungen ihrer Zeit gefunden haben. Vielleicht wird es immer ein Rätsel bleiben, welchem Anführer die frühesten Ahnen des modernen Menschen gefolgt sind.
Koalieren und Intrigieren: Überall Politik
Nach einem Wort von Winston Churchill muss ein Politiker diverse Tugenden aus dem Tierreich auf sich vereinen: »Zu einem guten Politiker«, so der britische Staatsmann, »gehören die Haut eines Nilpferdes, das Gedächtnis eines Elefanten, die Geduld eines Bibers, das Herz eines Löwen, der Magen des Vogel Strauß und der Humor einer Krähe. Diese Eigenschaften sind allerdings noch nichts wert ohne die Sturheit eines Maulesels.« Das war mehr im übertragenen Sinne gemeint, denn dass die Tiere tatsächlich ein Talent für Politik haben, wurde bis vor wenigen Jahren von niemandem für möglich gehalten. Doch inzwischen wird immer deutlicher, dass sowohl der Hang zum Koalieren als auch die Neigung zum Intrigieren älter ist als die Menschheit.
Im März 2005 nahm Heide Simonis im Kieler Landtag mit versteinertem Gesicht zur Kenntnis, dass ihr ein unbekannter Parteigenosse die Gefolgschaft verweigerte. In vier Wahlgängen schaffte es die SPD-Politikerin nicht, sich erneut zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, obwohl sie auf dem Papier die Mehrheit der Volksvertreter hinter sich hatte. Ähnlich bittere Stunden haben schon etliche Politiker erlebt, denen ebenfalls die Opposition aus den eigenen Reihen zum Verhängnis wurde.
Spiele der Macht
Beim Spiel mit der Macht gelingt nicht immer, wovon der politische Erfolg entscheidend abhängt: zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Allianzen zu schmieden. Auch ein sorgfältig geknüpftes Netz von Beziehungen schützt nicht vor dem Absturz. Die Geschichtsbücher sind voll von Politikern, die Koalitionen geschlossen und ihre Ziele gemeinsam verfolgt haben, doch genauso oft sind Koalitionen zerbrochen. Aus einstigen Verbündeten wurden erbitterte Gegnern, weil sich die politischen Voraussetzungen änderten oder andere Verbindungen lukrativer erschienen.
Erfolgreiche Politiker müssen die Absichten ihrer Kollegen und die Erfolgschancen von Bündnissen einschätzen können. Sie brauchen ein Gespür, wen man als Verbündeten umwerben und wen man besser zähneknirschend ertragen sollte, ob es sich lohnt, hinter den Kulissen ein Ränkespiel anzufangen und Konkurrenten gegeneinander auszuspielen. Fragen dieser Art scheinen ein hohes Maß an intellektuellen und diplomatischen Fähigkeiten zu erfordern. Deshalb traute man politisches Handeln bis vor kurzem nur dem Menschen zu.
Nachbarschaftshilfe unter Krabben
Dabei sind Koalitionen durchaus auch im Tierreich bekannt und das nicht nur bei den als »intelligent« geltenden Arten. Männliche Winkerkrabben schmieden beispielsweise Allianzen zum eigenen Vorteil. Die Tiere leben in Kolonien auf den von den Gezeiten überspülten Schlammflächen Australiens. Die Männchen besitzen eine Höhle, die sie gegen jeden Eindringling erbittert
Weitere Kostenlose Bücher