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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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durchgelaufen war, bat er darum, sie noch einmal abzuspielen.
    Noch zweimal hörte er zu und betrachtete dann die anderen Männer, denen die Tränen in den Augen standen.
    »Begreifen Sie denn nicht?« fragte er ungeduldig.
    »Sunday will uns etwas mitteilen. Der Text enthält eine geheime Botschaft. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als ich mit ihr das erste Mal in Drumdoe war. Wir trugen beide Freizeitkleidung. Ich hatte keine englischen Slipper an, sondern Turnschuhe. Das hat etwas zu bedeuten.«
    »Aber Henry«, wandte der Präsident ein. »Sie ist offensichtlich verwirrt.«
    »Sie spielt nur Theater«, entgegnete Henry mit dem Brustton der Überzeugung. »Ich kenne doch mein Mädchen. Und wenn man Sunday Daumenschrauben anlegte, würde sie nicht so herumjammern.« Er breitete resigniert die Arme aus. »Allerdings komme ich einfach nicht dahinter, was sie uns sagen möchte. Bestimmt ist es irgendein Hinweis oder ein Code. Was in Gottes Namen soll es bloß heißen?«
    War es Donnerstag nacht oder schon Freitag morgen?
    Sunday wußte es nicht genau. Sie döste noch, als sie spürte, wie ihre Handfesseln gelöst wurden.
    »Ich habe mir gerade die CNN-Nachrichten angeschaut«, flüsterte Wexler Klint. »Sie haben eine Riesenreportage über Sie gebracht. Ich wußte ja gar nicht, daß Sie in der Highschool Bademeisterin waren. Wer weiß? Vielleicht wird Ihnen das noch gute Dienste leisten.« Er hielt inne und fesselte ihr wieder die Hände, diesmal jedoch vor der Brust. »Vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls machen wir jetzt eine Spazierfahrt.«
    Beim Sprechen nahm er ihr den Sack ab. Sunday fühlte, wie er ihr ein Tuch um den Mund band, das ihren ärgerlichen Protest erstickte. Dann glitt der Sack wieder über ihr Gesicht, Klint schnitt ihre Fußfesseln durch. Dabei ritzte er ihr rechtes Bein, und ein Rinnsal von Blut lief ihr warm über die Haut. Absichtlich rieb Sunday das Bein an einer Sprosse des Stuhls. »Kilroy war hier«, dachte sie, als ihr eine Anekdote ihres Vaters einfiel: Im Krieg hatten die GIs diesen Satz an Gebäude in den Kampfgebieten geschrieben.
    Hysterisches Lachen stieg ihn ihr auf.
    Allmählich schnappst du über, sagte sie sich. Beruhige dich.
    Aber was hatte er mit ihr vor?
    Sie wurde hochgehoben und auf den rauhen Betonboden gelegt. Durch den Sack über ihrem Gesicht stieg ihr der widerwärtige Modergeruch in die Nase. Sie wurde in etwas eingewickelt – vermutlich in die Decke, die Klint vorhin über sie geworfen hatte. Wann war das gewesen?
    überlegte sie. Vor Stunden? Vor Tagen? So sehr sie sich auch bemühte, es nachzuvollziehen, sie mußte zu ihrer Enttäuschung feststellen, daß sie völlig die Orientierung verloren hatte. Wenn sie überleben wollte, mußte sie sich zusammennehmen.
    Plötzlich spürte sie, daß sie emporgehoben wurde. Sie hatte recht gehabt: Ihr Entführer war sehr stark und hielt sie in den Armen, als bemerke er ihr Gewicht gar nicht.
    Ihre Füße stießen gegen den Stuhl und streiften dann die Wand entlang. Brachte er sie nach oben?
    Aber er wandte sich nach rechts, nicht nach links, und sie hörte, wie er einen Riegel zurückschob. Ein eisiger Windstoß fuhr durch die dünne Decke. Sie gingen nach draußen. Ein Motor dröhnte.
    »Ich fürchte, der Kofferraum ist nicht sehr bequem«, sagte Klint. »Doch er muß genügen. Gefängniszellen sind schließlich auch ziemlich ungemütlich. Angesichts der Straßenverhältnisse wird unsere Fahrt etwa fünf Stunden dauern. Aber keine Angst. Wir kommen noch früh genug, um das Drama am National Airport mitzuerleben.«

Sunday spannte die Muskeln an, als er sie in den Kofferraum des Wagens warf. Er rückte sie zurecht, bis sie zusammengerollt dalag. Als sie die Beine ausstrecken wollte, stieß sie auf Widerstand. Dann wurde ihr die Decke abgenommen und so ausgebreitet, daß sie ihren ganzen Körper verhüllte. Der Sack preßte sich gegen ihre Nase, der Knoten des Tuches grub sich in ihren Hinterkopf, und heftige Schmerzen schossen ihr durch die Schulter. Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so elend gefühlt zu haben.

    Dann fühlte sie, daß Gegenstände auf ihr abgelegt wurden. Offenbar räumte Klint den Kofferraum um, damit niemand sie entdeckte. Allerdings ging er leise und vorsichtig zu Werk, als befürchte er, jemand könne ihn hören.
    Wo waren sie? fragte sich Sunday. Vielleicht in einem Stadtviertel, wo die Nachbarn sie vom Fenster aus beobachten konnten. Sie hörte einen Hund bellen. Lieber Gott, betete

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