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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Ruhe. Sie hat nicht mal mitgekriegt, ob ich in den Knast oder auf eine Kreuzfahrt gegangen bin. Sie ist nicht mehr ganz richtig im Kopf – genauso wie mein Bruder, allerdings liegt es bei dem nicht am Alter. Der hat einfach nur
    ’ne Schraube locker.«
    »Hören Sie auf damit!« schrie Henry. »Das ist mir egal.
    Ich will lediglich wissen, ob Ihr Bruder vielleicht einen Unterschlupf in Long Beach hat.«

    »Vorhin haben Sie Long Branch gesagt. Was meinen Sie jetzt genau?« fragte ›Turnschuh‹. »Ja, wir sind früher wirklich öfter nach Long Beach Island gefahren. Wex und Mama hat es dort sehr gut gefallen. Ich hab nachgedacht.
    Wex schwafelte immer davon, daß die Leute eines Tages seinen Namen kennen würden. Ständig brütete er irgendwelchen Schwachsinn aus, um in die Geschichte einzugehen. Einmal hat er Ärger gekriegt, weil er gedroht hat, den Bürgermeister von Hackensack zu entführen … Obious Good hieß der Typ, das ist vielleicht ein Name. Wex fand ihn einfach zum Schießen.«
    Aber Henry hörte schon gar nicht mehr zu. Long Beach Island. Möglicherweise war Mrs. Klint ja auch ein Versprecher unterlaufen. Doch bei ihr hatte das wenigstens triftige Gründe.
    Long Beach Island lag nur etwa fünfundsiebzig Kilometer südlich von Long Branch. Allerdings war die Zeit so knapp, daß es genauso gut auch tausend hätten sein können.
    Auf einen Zettel kritzelte er eine Botschaft für Marvin Klein: »Long Beach Island. Obie Good überprüfen.«
    Zehn Sekunden später schwenkte die gesamte Helikopterstaffel nach Süden und raste in Richtung Long Beach Island davon. Es war achtundzwanzig Minuten nach zwölf.
    Auf einem Bildschirm hinter Dan Rather war eine Aufnahme des Überschallflugzeugs zu sehen, das offensichtlich immer noch auf der Startbahn stand. Rings herum war alles ruhig. Rather ordnete einige Papiere und blickte dann nach rechts, als ob er auf eine Anweisung wartete.
    Nachdem er sich wieder der Kamera zugewandt hatte, sagte er: »Unseren letzten Informationen nach wurde der Flugplan durchgegeben. Allerdings wird sich der Start durch einen unerwarteten Motorschaden noch ein wenig verzögern. Präsident Desmond Ogilvey wird nun eine persönliche Bitte an die Entführer der Abgeordneten Britland richten. Er ersucht sie dringend um Geduld, da das Bodenpersonal Zeit braucht, um die technischen Probleme zu beheben.«
    Nur der Fernseher beleuchtete den feuchten Kellerraum an der Küste von New Jersey. Die Stimme von Präsident Ogilvey hallte dumpf von den Wänden wider. Doch niemand hörte ihn dort.
    T. S. Eliot schrieb, daß die Welt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Wimmern untergehen würde. Dieser Gedanke schoß Sunday durch den Kopf, als Wexler Klint sie über den Strand zum bedrohlichen grauen Ozean schleppte. Aber lieber will ich sterben, als jetzt um Gnade zu flehen! Ihre Arme waren vor der Brust gefesselt, ihre Füße so locker zusammengebunden, daß sie in kleinen Schritten durch den Sand humpeln konnte. Wexler Klint trug inzwischen außer dem Taucheranzug noch eine Taucherbrille und eine Sauerstoffflasche. Mit einer Hand zerrte er sie zum Wasser.
    Bestimmt ist es bitterkalt, überlegte Sunday. Selbst wenn ich ihm davonschwimmen könnte, hätte ich keine Chance.
    Ich würde erfrieren und an Hypothermie sterben – oder heißt es Hydrothermie? Ach, Henry, ich wollte mit meinem Leben etwas Sinnvolles anfangen, notleidenden Menschen helfen und eine glückliche Ehe mit dir führen. Es hätte so schön werden können. Und jetzt ist es für immer vorbei.
    Nun hatten sie das Ufer erreicht, und Sunday spürte das eisige Wasser an ihren Füßen.

    Oh, Gott, es ist so kalt, dachte sie in heller Angst.
    Eine Welle schlug gegen ihre Knie.
    Schon als kleines Mädchen habe ich das Meer geliebt, erinnerte sie sich und stellte sich vor, wie sie damals jubelnd auf das Wasser zugelaufen war. Mama sagte immer, sie müßte eigentlich auch am Hinterkopf Augen haben, um mich am Strand nicht zu verlieren. Jetzt könnte ich es gut gebrauchen, daß sie auf mich aufpaßt. Lebewohl, Mama. Lebewohl, Papa.
    Mittlerweile stand sie bis zur Taille in der schäumenden Brandung. Die Strömung zerrte an ihren Füßen. »Henry, ich liebe dich«, sagte sie leise.
    Mit leerem, kaltem Blick zerrte Klint Sunday tiefer und tiefer ins Wasser. Allerdings verhinderten die enge Kapuze des Taucheranzugs auf seinem Kopf und die dröhnende Brandung, daß er das leise Motorengeräusch hörte. Es näherte sich von Norden her und wurde

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