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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Mein Sohn hat gesagt, ich soll mitsingen. Aber dann ist er böse geworden. Ich habe die Milch schlechtwerden lassen.«
    »Das ist doch nichts so schlimm. Er hätte sich nicht gleich aufzuregen brauchen«, meinte Henry. »Wo ist Ihr Sohn denn jetzt?«
    »Er hat gesagt, er geht mit seiner Bekannten zum Schwimmen.«
    Angst schnürte Henry die Kehle zu. Der Umschlag mit Sundays von Meerwasser durchweichtem Haar. Warum war ihm das nicht früher eingefallen? »Wann ist er mit ihr zum Schwimmen gefahren?«
    »Sie gehen schwimmen, wenn das Flugzeug weg ist. Ich wollte mit, aber er hat gesagt, es ist zu weit. Ist New Jersey weit weg? Ich bin nämlich von da.«
    »New Jersey«, wiederholte Henry. »Wissen Sie, wo genau?«
    »Ja. Doch es ist zu weit.« Sie hielt inne und betrachtete ihre Hände. »Ist es weit nach Long Branch? Mir hat es dort immer gut gefallen. Das Haus hier mag ich lieber als das in Hoboken. Es lag am Meer. Wenn das Flugzeug weg ist, gehen sie schwimmen.« Sie schloß die Augen und fing wieder an zu summen.
    Henry tätschelte der Frau die Hand und stand auf.
    »Seien Sie nett zu ihr«, wies er den Beamten vor der Tür an. »Am besten setzen Sie sich zu ihr, sprechen mit ihr und hören ihr zu.«
    Um zehn vor zehn verfolgten Fernsehkameras aus sicherer Entfernung, wie zwölf Geheimdienstmänner Henry Parker Britland, den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, und den Terroristen Claudus Jovunet über das Rollfeld zum wartenden Überschallflugzeug eskortierten.
    Die Beamten blieben an der Treppe stehen, während Britland und Jovunet in die Maschine stiegen. Dann schloß sich die Tür hinter ihnen.
    »Jovunet hat der Regierung mitgeteilt, er werde sein Ziel erst nach dem Brunch bekanntgeben«, informierte Dan Rather die Zuschauer. »Er hat Austern in der Schale, eine Kaviaromelett, Chateaubriand mit Spargel, eine Kuchenauswahl und passende Jahrgangsweine bestellt. Als Digestif verlangt er einen guten Portwein. Der Küchenchef des Le Lion d’Or ist bereits vor einer Weile zugestiegen, um das Menü vorzubereiten. Selbstverständlich wird er die Maschine verlassen, wenn er die Mahlzeit serviert hat.
    Danach wird der ehemalige Präsident seinen Flugplan durchgeben und starten.
    Unseres Wissens nach haben sich die Entführer, die Mr.
    Britlands Frau, die Kongreßabgeordnete Sandra O’Brien Britland, in ihrer Gewalt haben, nicht mehr gemeldet. Aus eingeweihten Kreisen heißt es jedoch, Mrs. Britland werde erst freigelassen, wenn das Flugzeug seinen bislang noch unbekannten Zielort erreicht hat. Deshalb«, fuhr Rather fort, »nimmt das Drama weiter seinen Lauf. Einer unserer Zuschauer hat uns einen Amateurfilm zur Verfügung gestellt, der die Abgeordnete Britland bei einem Ballettabend in der vierten Klasse zeigt und den wir Ihnen jetzt gern vorführen möchten.«
    Ach, du meine Güte, dachte Sunday, als sie sah, wie sie als kleines Mädchen mit einem grünen Ballettröckchen und einem funkelnden Zauberstab in der Hand auf der Bühne herumhüpfte. Das muß ein Witz sein!
    Klint hatte ihr unterwegs den Sack nicht abgenommen.
    Jetzt vermutete Sunday, daß sie sich wieder in einem Keller befanden, wenn auch in einem noch baufälligeren als dem ersten. Klint hatte den Fernseher mitgebracht und ihn angestellt.
    Der Eisenstuhl, an den sie gefesselt war, hatte scharfe, rostige Kanten, aber Sunday kümmerte sich nicht darum.
    Inzwischen spielte nur noch eine Rolle, daß Henry ihre Nachricht verstanden hatte. Sie war überzeugt, daß nicht er in Overall und Fliegerjacke in die Maschine gestiegen war, sondern der Beamte, der ihn schon öfter gedoubelt hatte. Hin und wieder war es eben praktisch gewesen, die Leute glauben zu machen, daß der Präsident selbst in dem Helikopter auf dem Weg nach Camp David saß.
    Das Gerede von Jovunets Brunch war sicher auch nur eine Verzögerungstaktik. Schöpfte Wexler Klint schon Verdacht? Sie warf einen vorsichtigen Blick zum anderen Ende des Raums, wo er auf einer modrigen Matratze saß.
    Die Mönchskutte hatte er mit einem Taucheranzug vertauscht, und er zupfte ungeduldig an dem enganliegenden Kleidungsstück.
    Sunday drängte die aufsteigende Angst zurück. Wenn Henry meine Hinweise verstanden und meine alten Akten durchgesehen hat, ist er bestimmt auf ›Turnschuh‹ gesto

    ßen, versuchte sie sich zu beruhigen. Gewiß sucht er nach mir. Ansonsten säße er ja in diesem Flugzeug.
    Etwa fünfundsiebzig Kilometer entfernt, kreiste Henrys Privathubschrauber über Long Branch, New

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