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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ab.
    Selbst die porzellanblauen Kontaktlinsen konnten die lodernde Wut in den von Natur aus schwarzen Augen nicht verbergen. Wie gewöhnlich reiste Angelica incognito. Zur Zeit gab sie sich als Lady Roth-Jones aus und trug die blauen Linsen, eine streng frisierte dunkelblonde Perücke, ein Tweedkostüm und Slipper.
    Als sie Reuthers wütend anstarrte, senkte dieser den Blick. »Es tut mir leid.« Ihre Stimme klang ruhig. »Ich hätte eigentlich eine intelligentere Antwort erwartet. Wo war Carlos?«
    »An Ort und Stelle, wie befohlen.«
    »Und warum hat er dann nicht mitgesteigert und die Jacht gekauft?«
    »Er befürchtete, einer der Geheimagenten könnte ihn erkennen. Niemand hat vermutet, daß Britland dort sein und uns Konkurrenz machen würde. Carlos ließ sofort Roberto holen, damit der sich an der Versteigerung beteiligte, doch als er endlich die Sicherheitskontrollen passiert hatte, hatte Britland das Eingangsangebot bereits verdreifacht. Und eine Sekunde später gehörte die Jacht ihm. Der Erlös soll wohltätigen Zwecken zufließen …«
    Angelica sah ihn eine Weile schweigend an. »Was hat Britland mit der Jacht vor?« fragte sie dann.

    Um diese Antwort hätte Reuthers sich gerne gedrückt.
    »Er will sie sofort in seinen privaten Bootshafen in Boca Raton, Florida, schaffen. Wie du weißt, hat er einmal Architektur studiert, und es heißt, daß er plant, sie selbst umzugestalten. Dann möchte er die Jacht der Regierung schenken, damit sie wieder dem Empfang von Staatsgästen dient. Zusätzlich will er eine beträchtliche Summe für die Wartung des Schiffes spenden.«
    »Wir wissen, was das bedeutet.«
    Reuthers nickte bedrückt.
    »Nun nützen mir Carlos und Roberto nichts mehr.«
    Die Finger, die vorhin die zarte Porzellantasse gehalten hatten, umklammerten nun fest die Tischkante.
    »Aber …«, Reuthers unterdrückte den Protest, der ihm auf der Zunge lag.
    »Aber?« wiederholte sein Gegenüber spöttisch. »Paß lieber auf, daß du nicht bald das Schicksal deiner Freund teilst. Was nützt du mir jetzt noch? Du hättest wissen müssen, daß Britland die Columbia ersteigern will.« Sie bedachte Reuthers mit einem eisigen Blick, der diesen fast das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Und jetzt geh mir aus den Augen!«
    »Henry, Liebling, ich kann es immer noch nicht glauben«, seufzte Sunday. Sie lehnte an der Reling der Columbia und hielt Ausschau nach Belle Maris, dem direkt am Meer gelegenen Anwesen der Britlands in Florida.
    »Meine Schönste, meine Liebste, mein Teuerste, das größte Geschenk des Himmels, täglich mir zur Freude«, schoß es Henry Parker Britland IV. durch den Kopf, als er von seinem Liegestuhl aufblickte. Er studierte die Konstruktionspläne der Columbia. Seit Sundays Entführung kamen ihm diese zärtlichen Worte von Milton öfter in den Sinn.
    »Warum kannst du es nicht glauben?« erkundigte er sich liebevoll. »Als ich neun war, habe ich ein Buch über die Columbia gelesen. Schon damals habe ich mich gefragt, wie es wohl war, als Präsident Roosevelt und Winston Churchill darauf den Potomac hinunterfuhren, und mir ausgemalt, worüber sie wohl gesprochen haben. Präsident Truman hat seinen Gästen etwas auf dem Klavier vorgespielt, wenn er und Bess an Bord eine Party veranstalteten.
    Auch die Kennedys und die Johnsons hatten eine Schwäche für dieses Schiff. Wußtest du übrigens, daß Präsident Ford auf dem Oberdeck seinen Golf-Abschlag geübt hat?«
    »Einmal hat er den Kapitän erwischt«, ergänzte Henry trocken. »Alle witzelten, die Crew hätte eine Gefahrenzulage erhalten, sobald Präsident Ford die Golfschläger auspackte.«
    Sunday lächelte. »Ich hätte mir denken können, daß du die Geschichte der Columbia kennst. Du bist ja praktisch an Bord aufgewachsen.« Ihre Miene wurde ernst.
    »Und ich weiß auch, daß du die Nacht, als Premierminister del Rio verschwand, nie vergessen hast. Ich verstehe dich. Dieses Geheimnis wirft noch immer seine Schatten.«
    »Damals war ich zwölf«, antwortete Henry. »Und ich war der letzte, der mit ihm gesprochen hat, bevor er an Deck ging, um eine Zigarette zu rauchen. Ich hielt ihn für den nettesten Mann, dem ich je begegnet war. Er fragte mich sogar, ob ich ihn begleiten wolle.«
    Sunday bemerkte den niedergeschlagenen Ausdruck in den Augen ihres Mannes. Sie ging zu ihm hinüber und setzte sich auf die Armlehne seines Liegestuhls.
    Nachdem Henry ein wenig beiseitegerutscht war, um ihr Platz zu machen, nahm er ihre Hand. »Da ich

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