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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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daß man den beiden das Recht einräumt, einander im Gefängnis zu besuchen.«
    Schweigen entstand, während Henry den Mann ungläubig anstarrte.
    Dann wandte er sich mit einem angewiderten Blick ab und ging zu seinem Nachfolger hinüber, der sich mit einigen Mitarbeitern unterhielt. »Des, wir müssen etwas unternehmen. Ich habe das scheußliche Gefühl, daß uns kaum noch Zeit bleibt. Es ist schon einige Stunden her, daß wir das letzte Mal von diesem Dreckskerl gehört haben. Wir können nicht wissen, wo Sunday sich inzwischen befindet.« Er wandte sich zu Marvin Klein. »Marv, ist Klints Adresse mittlerweile bekannt?«
    »Noch nicht, Sir. Unsere Leute bearbeiten gerade ›Turnschuh‹ im Staatsgefängnis in Trenton. Aber er behauptet steif und fest, er wisse nicht, wo sein Bruder wohnt. Er sagt, er hätte seit dem letzten Verhandlungstag keinen Kontakt mehr mit ihm. Leider glauben die Beamten, daß er die Wahrheit sagt.«
    »Wir wissen nur, daß die Familie nicht mehr in Hoboken lebt, wo sie wohnte, als ›Turnschuh‹ verurteilt wurde«, ergänzte Jack Collins. »Wir haben das Haus gefunden.
    Doch das Viertel wird luxussaniert, so daß sie sich die Miete offenbar nicht mehr leisten konnten. ›Turnschuh‹
    hat uns verraten, seine Mutter habe eine kranke Schwester in der Nähe von Washington, die ein Eigenheim besitzt. Er vermutet, daß sie zu ihr gezogen ist. Über seinen Bruder erzählt er, er habe immer größere Pläne geschmiedet, wie er sich an der Regierung für alle möglichen eingebildeten Ungerechtigkeiten rächen könnte. Er träumte anscheinend davon, etwas zu tun, wodurch er in die Geschichte eingehen würde. Seine Mutter sei schon immer leicht übergeschnappt gewesen, und er meint, sein Bruder könnte nach ihr geraten sein.«
    Collins schüttelte den Kopf. »Jedenfalls überprüfen wir die Gegend von Washington und sehen nach, ob die Adresse der Schwester irgendwo verzeichnet ist.«
    Da ertönte ein Freudenschrei von der anderen Seite des Raums: »Sir, wir haben das Haus der Schwester entdeckt.
    Offenbar ist sie vor kurzem gestorben, aber wir denken, daß die Mutter der Klint-Brüder noch dort wohnt – und Wexler Klint wahrscheinlich auch.«
    »Dann also los!« rief Henry. »Ich wette, wir werden Sunday dort finden.«

    Zwanzig Minuten später stand ein enttäuschter Henry Britland im Keller eines verfallenen Hauses in Georgetown. In der Hand hielt er Sundays Jacke. Am Stuhl, auf dem das Bild von ihr geknipst worden war, hingen die Überreste der Stricke. Er sah zu, wie der Beamte, der den Raum photographierte, plötzlich innehielt und sich neben den Stuhl kauerte.
    »Was ist?« fragte Henry.
    Der Beamte zögerte. »Ich fürchte, es handelt sich um Blut, Sir.«
    Verzweifelt stellte Henry sich vor, was wohl passiert war: Beim achtlosen Durchschneiden der Stricke hatte der Entführer Sunday die Haut aufgeritzt. Vor Wut zitternd wandte er sich ab. Ich werde den Kerl eigenhändig umbringen, schwor er sich. Wenn ich ihn in die Finger kriege, ermorde ich ihn.
    Jack Collins untersuchte den Blutfleck. »Ich würde mir darüber keine allzugroßen Sorgen machen, Sir. Es hat kaum geblutet, und die Verletzung ist wahrscheinlich nicht tief. Es sieht fast so aus, als hätte sie das Blut absichtlich an den Stuhl gerieben.« Er stand auf. »Sir, es ist neun Uhr.
    Was wollen Sie tun?«
    Henry knetete die Tweedjacke in den Händen, die noch immer nach Sundays Lieblingsparfüm roch. »Ich möchte mit der Mutter sprechen.«
    »Aus der werden Sie nicht viel rausbekommen, Sir. Sie ist völlig verängstigt und verwirrt und sagt nur, ihr Sohn habe eine Dame mitgebracht, sie aber nicht in den Keller gelassen, um sie ihr vorzustellen.«
    Die alte Frau saß auf einer abgenutzten Couch im kleinen Wohnzimmer des winzigen Reihenhauses. Ihr Gesicht hatte einen geistesabwesenden, traurigen Ausdruck, und sie wiegte sich leise summend hin und her. Henry nahm neben ihr Platz und ergriff ihre magere Hand. Arm oder reich, dachte er. Das spielt alles keine Rolle, wenn der Verstand nachläßt. Seine Großmutter hatte an Alzheimer gelitten.
    Henry erinnerte sich, wie er mit ihr gesprochen hatte.
    »Das ist aber ein hübsches Lied, das Sie da singen«, sagte er. »Es heißt ›Drei blinde Mäuse‹, richtig? Warum singen Sie das?«
    Sie sah ihn an. »Alle sind böse auf mich«, antwortete sie.
    »Niemand ist Ihnen böse«, erwiderte Henry beruhigend.
    Er spürte, wie ihre Hand sich entspannte.
    »Ich habe die Milch schlechtwerden lassen.

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