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Und tot bist du

Und tot bist du

Titel: Und tot bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sprachen. Mrs. Britland erkundigte sich, auf welchem Platz jeder gesessen habe.«
    »Vergessen Sie nicht, daß Henry Britland damals erst zwölf war«, protestierte Reuthers. »Unmöglich, daß er sich jetzt noch an etwas Wichtiges erinnert.«
    »Und dann sagte sie, sie hätte ihn – das heißt ihren Mann
    – noch nie so oft das Wort ›müde‹ benutzen hören. ›Du warst müde, dein Vater war müde. Was gab es denn bei euch zum Abendessen? Valium?‹, so waren ihre Worte.«
    Reuthers schloß die Augen, ohne auf den prächtigen Sonnenuntergang draußen zu achten. Sein schlimmster Alptraum wurde wahr. Die Lage war allmählich brenzlig.
    »Sie müssen diese Papiere finden«, befahl er.
    »Moment mal, auf diesem Schiff wimmelt es von Geheimagenten. Ich habe höchstens einen Versuch.
    Hoffentlich stimmt Ihre Information. Sind Sie sicher, daß Sie die Papiere in Kabine A versteckt haben?«
    »Natürlich. Sie unverschämter Mistkerl«, fauchte Reuthers.
    Als er an jene Nacht dachte, erschauderte er. Nachdem er die Jacke des Premierministers durchwühlt hatte, war ihm klargeworden, daß dieser den Umschlag nicht mehr bei sich trug. Ich wußte, daß der Junge zuletzt mit ihm gesprochen hatte. Bestimmt hatte der Premierminister ihm den Umschlag zugesteckt. Also mußte ich in der Dunkelheit seine Kabine finden. Das Kind schlief in Kabine A, aber wegen meines miserablen Orientierungssinns öffnete ich zuerst die falsche Tür. Was wäre passiert, wenn Kabine B bewohnt gewesen wäre?
    Bei dem Gedanken, wie er in die Kabine des Jungen geschlichen war, brach Reuthers noch heute der kalte Schweiß aus. Er hatte gebetet, der Steward würde nicht zurückkommen und herumschnüffeln, weil das Flurlicht ausgeschaltet war. Mit einer kleinen Taschenlampe ausgerüstet, hatte er sich zum Schreibtisch vorgetastet und del Rios Umschlag an sich genommen. Rein zufällig hatte er einen Blick in das offene Tagebuch geworfen. Als er bemerkte, was da geschrieben stand, hatte er die letzten Seiten herausgerissen.
    Dann hatte er gesehen, wie sich der Türknauf drehte. Der Junge bewegte sich. Reuthers hatte sich rasch im Schrank versteckt. Er saß in der Falle und suchte in der Dunkelheit nach einem Ausweg. Doch dann hatte er ein Loch in der Wand entdeckt. Aus Angst, ertappt zu werden, hatte er die Tagebuchseiten und den Umschlag hineingestopft.
    Jemand hatte die Kabine betreten. Die Person trat ans Bett, drehte sich wieder um und verließ den Raum. Doch als Reuthers die Papiere aus dem Loch holen wollte, konnte er sie nicht mehr erreichen. Fast eine Stunde lang hatte er sich abgemüht, die Hand in das Loch zu zwängen. Seine Finger hatten den Umschlag zwar berührt, ihn aber nicht greifen können. Und dann hatte Madame del Rio wie verabredet Alarm geschlagen. Ich hatte meine liebe Not, aus dem Zimmer zu fliehen, bevor der Junge aufwachte, erinnerte er sich. Sie hat gekreischt wie eine Wahnsinnige.
    Am nächsten Tag hatte er erfahren, daß in alle Kabinen Safes eingebaut werden sollten. Deshalb auch das Loch in der Schrankwand.
    »Es wird ein ziemliches Problem«, sagte Len. »Britlands Leibwächter sind nicht von gestern. Die haben Augen im Hinterkopf. Ihr Chef hat mich schon zur Schnecke gemacht, weil ich im Speisesaal war, während die Britlands dort saßen.«
    »Das geht mich nichts an«, schimpfte Reuthers.

    »Lassen Sie es mich mal so ausdrücken: Wenn Sie die Papiere unbemerkt holen können, wird Ihnen unsere Auftragsgeberin zu großem Dank verpflichtet sein. Vermasseln Sie die Sache, machen Ihre alte Mutter und Ihre acht Schwestern Bekanntschaft mit dem Jenseits.«
    »Nicht meine Mutter und Tanten«, jammerte Len.
    »Dann würde ich vorschlagen, daß Sie alles tun, um diese Papiere zu besorgen, kapiert? Das Loch befand sich in der Wand, weil der Safe noch am nächsten Tag eingebaut werden sollte. Die Renovierungsarbeiten könnten die Papiere wieder zu Tage fördern. Brechen sie die Täfelung an der Rückwand des Schrankes von Kabine A auf. Da sind sie drin! Mir ist es egal, wie Sie das anstellen wollen, aber tun Sie es! Und wehe, wenn etwas schiefläuft!«
    »Henry, wie hat dein Vater reagiert, als du ihm von den verschwundenen Papieren erzählt hast?« fragte Sunday beim Champagner im verglasten Salon der Columbia.
    Der Salon war ein halbrunder Raum im hinteren Teil der Jacht, der zehn Personen bequem Platz bot. Viele politischen Würdenträger hatten sich, wie Henry erklärte, gern hierher zurückgezogen, um Gespräche zu führen, zu

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