Und trotzdem ist es Liebe
Schublade. «Okay … danke. Er gefällt mir wirklich.»
«Gut», sagt er und steht auf. «Das war der Sinn der Sache, weißt du.»
Ich empfinde eine Mischung aus Erleichterung und Bedauern. Erleichterung, weil diese Unterredung so schmerzlos war und weil ich nicht das Gefühl habe, dass unsere Zusammenarbeit von jetzt an schwierig sein wird – was bei einer Affäre am Arbeitsplatz natürlich immer die größte Gefahr ist. Aber eben auch Bedauern, weil ich Richard gernhabe und weil ich das Zusammensein mit ihm vermissen werde. Und ehrlich gesagt, der Sex mit ihm wird mir auch fehlen. Die Vorstellung, mit fünfunddreißig, in der theoretischen Blütezeit meines Sexuallebens, abstinent zu leben, genieße ich nicht. Ich weiß, dass ich Gefahr laufe, völlig allein zu sein. Richard geht zur Tür und dreht sich dann noch einmal um. Mit der Andeutung eines Lächelns sieht er mich an. «Wenn du es dir anders überlegst – du weißt, wo du mich findest. Ruf einfach an. Ganz unverbindlich.»
Als er gegangen ist, lasse ich mir seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Er hat es als Angebot gemeint, aber ich finde, es liegt etwas beinahe Tragisches in einem so unverbindlichen Leben.
Natürlich liegt auch etwas wirklich Trauriges in einem Leben der entgegengesetzten Sorte – in einem Leben, in dem Menschen zusammenbleiben, weil sie Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, denke ich, als Maura mich vom Parkplatz vor Zoes Ballettschule anruft und sagt: «So. Er tut es wieder.»
Ich weiß sofort, dass sie von Scott spricht. Er betrügt sie wieder.
«Kann es sein, dass du dich irrst?», frage ich. «Du hast dich schon mal geirrt, weißt du noch? Als er in Wirklichkeit nur Überstunden gemacht hat?»
Ich höre, wie sie Luft holt. «Ich habe jemanden engagiert, der ihm folgt. Ich hab’s auf Band.»
«O Gott, Maura … Es tut mir so leid.»
«Nicht», sagt sie. «Du bringst mich zum Heulen.»
Ich bemühe mich, von Mitgefühl auf Sachlichkeit umzuschalten und über Fakten zu sprechen. «Erzähl mir, was passiert ist.»
Maura sagt, sie habe Verdacht geschöpft, als sie das alte, abgegriffene Muster bemerkt habe: Überstunden, Blumensträuße für sie, Geistesabwesenheit, dauerndes Abhören der Voicemail. Sie sagt, das Schlimmste sei immer die Ungewissheit, und deshalb habe sie letzte Woche in den Gelben Seiten geblättert und den ersten Privatdetektiv in der Liste genommen, einen Mann namens Lorenz; sie beschreibt ihn als «Außenseiter vom Typ Sopranos , aber gepflegt genug, um auszusehen wie ein normaler Geschäftsmann». Sie habe tausend Dollar angezahlt, und innerhalb von fünf Tagen habe er den Beweis gebracht: ein verschwommenes Video von Scott, der sich mit der Frau in einer Bar in Battery Park City trifft. Sie haben jeder drei Drinks gehabt und sind sich dann nähergekommen.
«Wie nah?»
«Daphne würde es ‹turteln› nennen», sagt sie. Maura und ich ziehen Daphne immer wegen ihres Illustriertenjargons auf.
«Hmm», sage ich. «Und dann?»
Sie sagt, Lorenz sei den beiden in den Hotelaufzug gefolgt und habe das Getuschel hinter sich aufgenommen.
«Kannst du bitte über Nacht bleiben?»
(Unverständlich.)
« Warum nicht?»
«Ich kann nicht, Baby (unverständlich) … Ich habe nur ein paar Stunden Zeit.»
«Das ist nicht genug.»
«Lass uns das Beste draus machen.»
Lorenz ist ihnen bis zu ihrem Zimmer gefolgt und hat ein paar Minuten an der Tür gelauscht. Am nächsten Morgen ist er noch einmal dort gewesen und hat einem Zimmermädchen fünfzig Dollar zugesteckt, damit sie ihn in das Zimmer ließ. Er hat Fotos von zwei leeren Champagnerflaschen und einem halb leer gegessenen Teller Erdbeeren (wie abgedroschen) gemacht, und er hat die Bettlaken in eine Reisetasche gestopft und mitgenommen.
«Wozu die Bettlaken?», frage ich.
«Spermaspuren. Das hat Klasse, nicht wahr?»
Ich muss die schmutzigen Details kurz sacken lassen. Dann sage ich: «Wer war sie? Weißt du das?»
«Ich habe keine Ahnung. Aber als ich das Video gesehen habe, dachte ich zuerst, es ist Jane.»
«Deine beste Freundin Jane?» Ich bin entsetzt.
«Ja. Aber sie hat nur die gleiche Figur und die gleichen Haare. Diese Schlampe könnte Janes verlorene Zwillingsschwester sein. Und ich habe Scott immer im Verdacht gehabt, dass er ein Auge auf Jane hatte. Als ich das Video sah, blieb mir buchstäblich das Herz stehen, und ich dachte: O mein Gott, ich werde Scott umbringen – und dann Jane und dann mich. Und das Einzige, was mich in
Weitere Kostenlose Bücher