Und trotzdem ist es Liebe
aber trotzdem sportlichen Armbanduhren sehen kann.
Ihre Gespräche sind selbstbeweihräuchernd und vorhersehbar. Die Frauen reden von den Privatschulen ihrer Kinder und von den bevorstehenden Urlaubsreisen in die Karibik und nach Europa. Die Männer sprechen über Karriere, Golf und Investments. Hier und da tratscht man über Nachbarn, die nicht anwesend sind – die Frauen sind bissig, die Männer tarnen es als Geflachse.
Was mir heute am meisten auffällt, ist die Tatsache, dass es so aussieht, als würden Zoe und ihre Freunde als krönende Accessoires zur Schau gestellt, harmonisch auf ihre Geschwister – und in einem peinlichen Fall auf ihre gleichgeschlechtlichen Eltern – abgestimmt. Die Mädchen tragen übergroße Schleifen aus gerippter Seide im Haar und gesmokte Kleider, und sie haben bereits gelernt, wie man unverschämt flirtet. Die Jungen tragen Kniestrümpfe und knielange Latzhosen mit Monogramm, und sie haben schon gelernt, sich aufzuspielen.
Zum Lunch gibt es Sandwiches und aufwendige Pasta-Salate (und Ziegenkäse-Pizza für die Kinder), und dann kommt eine professionelle Tänzerin von der Ballet Academy East mit einem Spitzentanz für Zoe und ihre fünfzehn besten Freunde (die sich allesamt hastig in ihre eigenen Trikots und Tutus werfen), und sie erteilt ihnen einen kurzen Gruppenunterricht vor der Spiegelwand im Poolhaus. Die Mütter drängen sich heran wie Paparazzi und machen Fotos. Ich gehe zu Wein über und sorge dafür, dass mein Glas immer voll ist, während ich verstohlen auf die Uhr schaue. Je eher die Party zu Ende ist, desto eher kann ich meine Neuigkeit an den Mann bringen und den Rest meines Lebens in Angriff nehmen.
Als die Ballettstunde zu Ende ist, wird es Zeit für die Torte, das Highlight jeder Party. Nur wenige Dinge sind so zufriedenstellend wie eine sehr teure Torte. Wir bringen Zoe ein Ständchen, sehen zu, wie sie die Kerzen mit zwei Versuchen ausbläst, und warten auf ein Stück Torte. Das heißt, nur wenige Frauen lassen sich vom Catering-Personal ein ganzes Stück geben – die meisten lehnen ab und stibitzen nur ein winziges Häppchen vom Teller ihres Mannes. Ich erwische das Stück mit dem B von Birthday und denke an B für Ben . Ich vermisse ihn auf vielerlei Art, aber jetzt vermisse ich ihn so, wie man immer jemanden vermisst, wenn man als Single in einem Raum voller Paare ist.
Ich schenke mir noch ein Glas Wein ein und folge den andern ins Wohnzimmer, wo Zoe anfängt, ihre Geschenke auszupacken, obwohl Maura sie drängt, damit zu warten, bis die Gäste gegangen sind. Zum Glück ist Zoe in einem Alter, in dem man die Verpackung gar nicht schnell genug herunterreißen kann, und so ist sie im Handumdrehen von einem Berg aus rosa und lavendelblauem Plastik und Stofftieren umgeben. «American Girl»-Puppen, Perlenketten-Bastelsätze, Brettspiele, Polly Pockets und Barbies in Massen. Mein Geschenk hebt sie sich für zuletzt auf. Es ist ein Schmuckkasten aus Holz, mit ihrem Monogramm und einer tanzenden Ballerina unter dem Deckel. Ich bin ziemlich stolz darauf, dass ich die Auswahl ohne Mauras Hilfe getroffen habe; normalerweise befrage ich sie in letzter Minute.
Zoe klappt als Erstes meine Karte auf, weil Maura sie dazu anhält. Wir alle hören zu, als sie sie laut vorliest und sich durch die schwierigeren Wörter tastet. Zum Schluss liest sie: «Alles Liebe, Tante Claudia.» Dann hebt sie den Kopf, sieht mich an und fragt: «Warum steht Onkel Ben nicht mit drauf?»
Scheiße , denke ich.
«Ja, Claudia. Warum nicht?», fragt meine Mutter.
Ich erzähle etwas von einem Versehen.
Zoe sieht mich verwirrt an. Offenbar weiß sie noch nicht genau, was ein Versehen ist.
«Ich habe vergessen, seinen Namen dazuzuschreiben», sage ich kläglich.
«Lasst ihr euch scheiden?» Der bange Ton ihrer Frage lässt vermuten, dass die Ehe ihrer eigenen Eltern auf Grund gelaufen ist. «Nanny V hat Tante Daphne erzählt, ihr lasst euch scheiden.»
Meine Mutter – alias Nanny V – sieht endlich die Gelegenheit, nach der sie sich gesehnt hat. Sie schaut in die Runde und stellt mit jedem den maximalen Blickkontakt her, und ihr Gesichtsausdruck sagt: Wer – ich? Dann sieht sie mich an und trillert im beredten Ton einer Seifenoperndarstellerin: «Und? Ist das wahr?»
Alle Blicke sind auf mich gerichtet. Sogar diejenigen unter Mauras Freundinnen, die mich noch nie gesehen haben, starren mich an und warten auf eine Antwort. Im ersten Moment will ich noch ein letztes Mal lügen, aber ich
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