Und trotzdem ist es Liebe
Sportseite liest, und Scott der glatte Typ, der nach Eau de Cologne duftet und das Wall Street Journal abonniert hat –, aber im Laufe der Jahre ist zwischen ihnen eine Verbindung entstanden, wie es sie in den meisten Familien zwischen Schwägern gibt. Scott, ganz der perfekte Gastgeber, gießt mir ein Amstel light in ein eiskaltes Glas und reicht es mir in einer Cocktailserviette.
«Bitte sehr, Claudia», sagt er.
Ich bedanke mich und trinke einen großen Schluck.
«Was ist denn hier los?», fragt Tony. Er und Daphne sind seit der High School zusammen. Ihre lange Beziehung, gepaart mit seiner unerschütterlichen Treue, gibt ihm das Recht, sich einzumischen – ein Recht, das Scott nicht einmal in seinem eigenen Haus hat.
«Ben kommt nicht», erklärt meine Mutter. «Was haltet ihr davon? Bin ich die Einzige hier, die das verdächtig findet?» Sie sieht sich um und drückt die Hand auf ihren Busen.
«Mutter. Ich mein’s ernst. Kein Wort mehr», sage ich. Das ist kaum ein Dementi, aber jeder normale Mensch würde den Wink verstehen und den Mund halten. Meine Mutter beweist, dass sie alles andere als normal ist, indem sie zur Decke schaut, die Lippen in einem stummen Gebet bewegt und dann langsam aufsteht. «Ich brauche eine Zigarette», gibt sie bekannt. «Daphne, Schatz, kommst du mit in den Garten?»
Meine Schwester schenkt meiner Mutter ein beflissenes Nicken. Erst als sie aufgestanden und ihr gefolgt ist, dreht meine Mutter sich noch einmal zu mir um und verdreht leicht die Augen. Daphne möchte es allen recht machen. Das ist ihr bester – und schlimmster – Charakterzug.
Ein paar Sekunden später klingelt es an der Haustür. Ich werfe einen Blick auf die Uhr und sehe, dass die Party offiziell im Gange ist. Für ein paar Stunden bin ich in Sicherheit. Ich höre, wie Maura an der Haustür quietscht, und ihre beste Freundin, Jane, quietscht zurück. Maura und Jane waren auf Cornell Zimmergenossinnen und Verbindungsschwestern, und wie Jess und ich sind die beiden seitdem unzertrennlich. Auch Bronxville war ihre gemeinsame Entscheidung. Nachdem sie jahrelang in Manhattan gewohnt hatten, fanden sie nach einer erschöpfenden Suche in den Vororten von New York und in Connecticut schließlich zwei Häuser in derselben Gegend. Maura ist reicher als Jane, aber Jane ist hübscher – und so ist die Freundschaft fair und ausgeglichen. Das beweist das Gespräch, das ich jetzt hören kann.
«Dein Haus sieht unglaublich aus!», sagt Jane. «Dieses Blumenarrangement ist zum Sterben schön!»
«Deine Strähnen sind es aber auch! Hat Kazu sie gemacht?»
«Selbstverständlich! Wen sonst würde ich an mein Haar lassen?»
Nach und nach trudeln Mauras übrige Freundinnen ein, und ich denke, was ich immer denke, wenn ich in Bronxville bin. Alle sind genau gleich: selbstgefällig, geschliffen – und wenn sie nicht schön sind, haben sie ihr genetisches Los optimal genutzt. Und die meisten haben mindestens zwei Ausflüge in die magische und anscheinend süchtig machende Welt der kosmetischen Chirurgie unternommen. Hab ein bisschen was machen lassen , flüstern sie. Meine Schwester hat sich die Nase korrigieren und die Titten liften lassen, nachdem William zur Welt gekommen war. Sie ist nicht umwerfend schön, aber mit Unmengen von Geld und purer Willenskraft kommt sie diesem Ziel sehr viel näher als Daphne und ich. Ihre ganze Clique ist getunt, gebräunt und perfekt getrimmt. Ihre makellose Kleidung kommt geradewegs aus einem Hochglanzmagazin, und ihr Style ist so gleichförmig, dass ihre Outfits und Accessoires allesamt aus demselben Schrank oder vom selben Fotoshooting stammen könnten. Ich brauche diesen Monat keine Modezeitschrift mehr aufzuschlagen – ein Blick in die Runde genügt, und ich weiß, dass bauschige Röcke, strassbesetzte Ballettschuhe und klobige Türkisketten der neueste Trend sind.
Ihre Ehemänner sehen ausnahmslos blendend aus, zumindest auf den ersten Blick. Bei manchen weicht der Haaransatz zurück, andere haben ein schwaches Kinn oder einen Überbiss, aber solche Unzulänglichkeiten werden von einer Patina überlagert, die man bekommt, wenn man Geld hat. Eine Menge Geld. Sie sind selbstbewusst, sie plaudern gewandt und lachen sonor. Sie tragen Gucci-Slipper ohne Socken, gebügelte Khakihosen und Kalbsledergürtel. Ihr Haar ist gegelt, ihre Haut riecht nach würzigem Aftershave, und die Ärmel ihrer maßgeschneiderten Leinenhemden sind adrett gerade so weit hochgerollt, dass man ihre kostbaren,
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