Und trotzdem ist es Liebe
bringe es einfach nicht über mich. Also sage ich zu Zoe: «Manchmal geht einfach etwas schief.»
Maura sieht aus, als wolle sie in Ohnmacht fallen – wegen dieser Neuigkeit ebenso wie wegen des schwarzen Schattens, den meine Verlautbarung auf ihre Party wirft. Mein Dad stürzt auf mich zu, nimmt mich in die Arme und flüstert, es werde schon alles wieder gut werden. Meine Mutter fängt an zu heulen.
«Ich hab’s gewusst. Ich hab’s gewusst», sagt sie schluchzend zu Dwight, der gerade erst gekommen ist, und sie fächelt sich Luft zu mit einer pinkfarbenen Cocktailserviette, auf der steht: ZOE WIRD SECHS!
Ich löse mich von meinem Dad und sage: «Es ist alles okay.»
Eine von Mauras Freundinnen, eine Frau mit rabenschwarzem Haar und den größten Diamantohrringen, die ich jemals anderswo als auf einem roten Teppich gesehen habe, gibt meiner Mutter ein Kleenex. Dann reicht sie auch Daphne eins, die in einer pawlowschen Reaktion auf das Schluchzen meiner Mutter jetzt ebenfalls in Tränen ausbricht.
Es wird still im Zimmer. Zoe, die bestürzt und stoisch zugleich aussieht, stellt mir eine weitere Frage: «Ist es, weil du keine Kinder haben willst oder weil du ihn nicht liebst?»
«Schlägst du deine Frau immer noch?» wäre eine ähnliche Frage. Ich staune über den Scharfsinn einer Sechsjährigen, die das ganze Problem auf einen Schlag durchdringt und meine Scheidung geradewegs auf den Punkt bringt.
Natürlich ist die Antwort ganz einfach: Ich will keine Kinder, und deshalb will Ben mich nicht. Beinahe hätte ich es wörtlich so gesagt, aber dann lächle ich und gebe ihr eine dieser grauenvollen Erwachsenenerklärungen, eine Antwort, mit der ich mich eindeutig ins Lager der ausweichenden, schlechten Mütter begebe. Oder zumindest ins Lager der schlechten Tanten.
«Es hat einfach nicht sein sollen, Zoe», sage ich zu meiner Nichte.
Zoe sieht mich an, und es ist klar, dass sie keine Ahnung hat, was das bedeuten soll. Verflucht, nicht mal ich weiß, was es bedeuten soll. Aber bevor sie ihre nächste Frage formulieren kann, stehe ich lächelnd auf und gehe ins Esszimmer, um mir noch ein Stück Torte zu holen. Diesmal erwische ich das E von Zoe . Das E von Ehescheidung , aus dickem rosa und grünem Zuckerguss.
Acht
Das darauf folgende Telefongewitter geht sofort los, und das Muster der Anrufe und die Abstände dazwischen lassen klar erkennen, dass sie alle unter einer Decke stecken: Maura, Daphne, Dad, Maura, Daphne, Dad. Die Nachrichten meiner Mutter kommen regelloser – wie sie es eben immer ist.
Ich lasse mir Zeit, bevor ich irgendjemanden zurückrufe. Das ist eine gute Entscheidung, denn ich weiß, dass sich ihre Hysterie gelegt hat, als wir schließlich miteinander sprechen. Ich weiß auch, dass sie sich auf eine gemeinsame Linie geeinigt haben – wir wollen doch nur dein Bestes, und auch wenn wir Ben sehr gern haben, stehen wir auf deiner Seite. Diese Reaktion ist sicher eine Empfehlung von Mauras schicker Therapeutin Cheryl Fishstein an der Upper East Side. Rationales, ruhiges Verhalten ist sonst nicht das Erste, was meiner Familie einfällt.
Die einzige Äußerung, die mich aus der Fassung bringt, ist Daphnes Bitte, mit Ben Kontakt aufnehmen zu dürfen.
«Was willst du ihm sagen?», frage ich.
«Ich will ihm sagen, es tut mir leid, dass ihr euch nicht einigen könnt … Dass ich ihn vermissen werde … Ihn vielleicht noch fragen, wie es ihm geht … Aber ich rufe ihn nur an, wenn es dir recht ist.»
Ich sage ihr, sie kann tun, was sie will, aber ich möchte keine Einzelheiten über dieses Gespräch erfahren – das sich wahrscheinlich nur darum drehen wird, wie sehnlich sie beide sich Kinder wünschen. (Daphne hat dieses Telefonat mit mir übrigens begonnen mit der Meldung, sie habe wieder ihre Periode bekommen. Ich glaube, ich kenne ihren Zyklus besser als meinen eigenen.)
«Hat seine Familie sich bei dir gemeldet?», will sie wissen.
Ich verneine. Eigentlich, denke ich plötzlich, sollte ich darüber gekränkt sein, aber aus irgendeinem Grund bin ich es nicht. Ich glaube, Bens Familie hat mich immer respektiert und gemocht, aber echte Wärme habe ich nie gespürt. Dass sie jetzt alle schweigen, ist deshalb keine große Überraschung. Und ich glaube, um wirklich gekränkt zu sein, muss man überrascht werden. (Vielleicht bin ich deshalb immun gegen das Verhalten meiner Mutter.) Ich bin sicher, Bens Mutter wird mir irgendwann einen Brief auf ihrem formellen Monogrammpapier schreiben.
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