Und trotzdem ist es Liebe
irgendwie entgehen könnte. Ihr Blick sagt: Tu etwas .
«Hört auf, Mädels», sage ich. «Es reicht. Wir müssen zusammenhalten.»
«Genau das meine ich, Claudia», sagt Maura. « Frauen müssen zusammenhalten.»
« Freundinnen müssen zusammenhalten», korrigiert Jess. «Ich habe Treys Frau nie gesehen. Ich kenne sie nicht. Ich schulde ihr nichts.»
«Daran werde ich dich eines Tages erinnern.» Mauras Stimme zittert ein bisschen. «Wenn du mit einem Mann verheiratet bist, der dir einmal in die Augen geschaut und dir versprochen hat, nur dich zu lieben. Ich werde dich daran erinnern, wenn du ein Kind von ihm bekommen hast, wenn du postnatale Depressionen hast und dich fühlst wie eine fette Kuh und wenn du mitten in der Nacht Milch in kleine Plastikcontainer pumpst, während er sich mit einer Zwanzigjährigen namens Lisette herumtreibt. Dann werde ich dich daran erinnern.»
«Moment mal», sagt Daphne. «Du hast nicht gestillt.»
Ich werfe ihr einen Blick zu, der sagt, dass dies wahrscheinlich nicht der richtige Moment ist, um hier die überlegene Urmutter in spe zu spielen.
«Ich habe Zoe drei Wochen lang gestillt!», sagt Maura. «Dann musste ich wegen einer Mastitis aufhören, erinnerst du dich?»
Daphne schüttelt den Kopf.
«Na, es stimmt aber … Und außerdem, Daph, kapierst du mal wieder überhaupt nicht, worum es hier geht.»
«Mein Gott. Schön. Entschuldige, dass ich lebe», sagt Daphne.
Ich schaue Daphne mitfühlend an, denn ich weiß, dass sie für eine fiese Mastitis einen Mord begehen würde. Bemerkenswerterweise würde sie sich aber wahrscheinlich auch mit einem untreuen Ehemann zufriedengeben, wenn sie dadurch Mutter werden könnte.
Kurze Zeit später, nach etlichen besänftigenden Worten von mir und der Bestellung einer neuen Flasche Wein, haben die Wogen sich geglättet, und wir unterhalten uns über weniger heikle Themen. Aber während ich den drei Frauen, die ich am meisten liebe, so zuhöre, denke ich unwillkürlich, wie verrückt es doch ist, dass wir alle drei uns etwas wünschen, das wir anscheinend nicht bekommen können. Etwas, das eine andere hier am Tisch im Überfluss hat. Ich will meinen Mann wiederhaben und kein Kind. Daphne will ein Kind, und der Mann ist ihr in letzter Zeit gleichgültig. Maura will, dass ihr Mann aufhört zu streunen. Jess will, dass der Ehemann einer anderen Frau ein bisschen mehr streunt.
Ich frage mich, was wir getan haben, um an diesen Punkt zu kommen. Ob wenigstens eine von uns völlig schuldlos in ihre Lage geraten ist. Hätte Daphne schon eher versuchen sollen, ein Baby zu bekommen? Wenn sie wusste, dass sie sich ein Kind mehr als alles andere wünschte, hätten sie und Tony es dann damit versuchen sollen, als sie noch in den Zwanzigern waren, statt ihr Geld zu sparen, um ein Haus zu bauen? Sollte Jess ihren Kopf benutzen und ein bisschen weniger ihrem Herzen folgen? Sollte sie nur mit verfügbaren, unverheirateten Männern ausgehen – aus Gründen der Moral und der Praktikabilität? Hätte Maura die Signale bei Scott früher sehen müssen? Hätte sie einen netteren Mann heiraten sollen, einen wie Niles? Und ich? Hätte ich einfach in den sauren Apfel beißen und ein Kind kriegen sollen, um den einzigen Mann zu behalten, den ich je wirklich geliebt habe?
Es ist jedenfalls alles nicht so, wie man es sich vorstellt, wenn man als Kind große Träume von seinem Leben als Erwachsene hat. Trotz einer Mutter wie meiner, trotz meiner unkonventionellen Wünsche, trotz aller Bücher über Leute, die ihr Leben auf die eine oder andere Weise vermasselt haben, hätte ich immer noch geschworen, dass alles sehr viel übersichtlicher und einfacher werden würde, als es jetzt der Fall ist.
Elf
Die Nachricht über Tucker hat offensichtlich den Weg zu meiner Mutter gefunden, denn zwei Tage später taucht sie überraschend zu Besuch auf. Als ich aus dem Verlag nach Hause komme, höre ich ihre hohe, lebhafte Stimme; sie schwatzt mit Jess über einen «fabelhaften Tag in der Fifth Avenue». Meine Mutter wohnt zwar immer noch in Huntington, aber seit sie mit Dwight verheiratet ist und sich die teuren Friseure und Kosmetikstudios in Manhattan leisten kann, kommt sie viel öfter in die Stadt.
Ich fluche leise vor mich hin und überlege ernsthaft, ob ich mich auf ein Bier in eine Bar um die Ecke verziehen soll. Aber das wäre nicht fair gegenüber Jess. Außerdem ist meine Mutter eine Nachteule; ihr Tagesablauf passt eher zu einer College-Studentin als zu einer
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