Und trotzdem ist es Liebe
Lizenzabteilung.»
«Ach ja. Marina LeCroy. Sie ist sehr … französisch.»
«Ja. Aber anscheinend hat Richard ein Faible für Rothaarige, denn Naomi Rubenstein ist auch dabei.»
«Das würde ich kaum als Faible für Rothaarige bezeichnen.»
«Wenn zwei von fünfen rothaarig sind, kann man auf jeden Fall von Faible sprechen. Ich meine, ihr macht ja nun nicht gerade vierzig Prozent der allgemeinen Bevölkerung aus.»
«Auch wieder wahr.» Wer mögen wohl die beiden anderen, nichtrothaarigen und nichtfranzösischen auf seiner Liste sein?
«Was wirst du jetzt unternehmen?», fragt Michael.
«Nichts.»
«Nichts?» Ich lache.
«Nichts? Wieso nicht?»
«Weil es unprofessionell wäre. Ich arbeite hier», sage ich in gespielt prüdem Ton.
«Es gibt hier keine Betriebsvorschrift, die das verbietet. Und du arbeitest nicht für ihn. Du bist nicht mal in der Presseabteilung. Wo ist der Konflikt?»
«Ich weiß nicht. Es könnte der Anschein von Begünstigung entstehen. Was meine Bücher in Misskredit bringen würde.»
«Komm. Das ist ziemlich weit hergeholt», sagt Michael.
Formal gesehen hat er recht. Richard leitet die Presseabteilung, und insofern ist er für alle Titel des Hauses verantwortlich. Aber für meine Bücher sind mehrere verschiedene Presseleute zuständig, und durch den Vertrieb kommen noch andere ausgleichende Mechanismen ins Spiel. Infolgedessen wäre es für Richard buchstäblich unmöglich, als Einzelner Einfluss auf meine Karriere oder den Erfolg meiner Bücher zu nehmen. Trotzdem hat die Presseabteilung bei der Programmplanung ein gewichtiges Wort mitzureden, und sie kann einen Titel mühelos kippen. Deshalb ist es eben doch möglich, dass mein Erfolg durch den Verdacht der Begünstigung getrübt wird. Das Fazit ist: Ich habe noch nie etwas mit einem Kollegen im Verlag angefangen, und ich habe auch jetzt nicht die Absicht, es zu tun.
Das sage ich Michael, und ich füge hinzu: «Die ganze Diskussion ist ohnehin gegenstandslos, denn Richard Margo interessiert sich nicht für mich. Er hat euer Spiel nur mitgespielt, um euch einen Gefallen zu tun.»
«Da wäre ich nicht so sicher», sagt Michael. «Außerdem habe ich dich in eine total gute Startposition gebracht.»
«Wie das?», frage ich nervös.
«Ich habe ihm von deiner Scheidung erzählt. Er hatte keine Ahnung.»
«Michael!» Ich weiß, es ist albern, die Sache weiterhin vor allen zu verheimlichen, aber ich kann nicht anders. Ich mag es nicht, wenn meine Privatangelegenheiten im Verlag für Gesprächsstoff sorgen. Und in bestimmten Kreisen wird eine Ehescheidung mit Scheitern gleichgesetzt, und das ist ein Vorwurf, dem man sich am Arbeitsplatz nicht gern aussetzen möchte.
«Ist doch keine große Sache», sagt Michael.
«Wie hat er reagiert?»
«Er hat gesagt, es täte ihm leid, das zu hören … Aber du solltest wissen, dass er dabei kein bisschen betrübt aussah. Wenn du verstehst, was ich meine.»
Er zieht noch einmal dramatisch die Brauen hoch, trommelt einen virtuosen Wirbel auf meinem Schreibtisch und geht.
Sosehr ich mich bemühe, mein Interesse an Richards Liste herunterzuspielen, ich erzähle doch Jess davon, als ich am Abend nach Hause komme. Sie hat Richard nie kennengelernt, aber sie hat mich im Laufe der Jahre von ihm reden hören, und schon die bloße Chance einer Romanze im Büro wittert sie mit Freude. Statt also meine Geschichte als das zu nehmen, was sie ist – eine pikante, mein Selbstwertgefühl stärkende Belanglosigkeit –, gerät sie in wilde Begeisterung und behauptet, er sei wie geschaffen für mich.
«Er ist viel zu alt, um noch Kinder zu wollen», sagt sie. Ich schüttle den Kopf und sage, sie solle nicht albern sein.
Aber als Richard mich eine Woche später aus heiterem Himmel anruft und sagt, er möchte beim Lunch ein paar Dinge mit mir besprechen, frage ich mich doch unwillkürlich, was er vorhat. Ich habe schon in zahllosen Meetings mit ihm gesessen, aber noch nie mit ihm allein. Und schon gar nicht beim Lunch.
«Gern», sage ich – und rufe mir ins Gedächtnis, dass ich (ungeachtet unser beider Listen) keinerlei Interesse an Richard habe (und er auch nicht an mir). Sicher will er nur über etwas Geschäftliches sprechen. Schließlich bin ich ja keine Anfängerin im Verlag mehr, und vielleicht reflektiert ein gelegentlicher Lunch mit Richard nur meinen Status im Hause. Vielleicht will er den Publicityplan für meinen bevorstehenden Amy-Dickerson-Titel mit mir besprechen. Oder er möchte eine
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