Und trotzdem ist es Liebe
Jacqueline zu», sagt Sam. «Es ist sehr deskriptiv und lebendig geschrieben … aber auf mich wirkt das Buch einfach … klein.»
Es ist ziemlich niederschmetternd, wenn Sam ein Buch «klein» nennt, und deshalb fange ich jetzt an, mir Sorgen zu machen. Während ich mich noch um eine Antwort bemühe, nimmt Richard die Kappe seines Füllers aus dem Mund. «Claudia, sag mal – ist die Autorin tatsächlich nach Frankreich gezogen?»
Ich schüttle den Kopf. Ich weiß, dass er ausloten will, wie es mit Rezensionen aussieht.
«Dann würden wir leider den Non-Fiction-Aspekt nicht bedienen können, aber ich finde, es klingt trotzdem gut. Ich kann mir ein fabelhaftes Cover vorstellen … Außerdem finde ich, Claudias Erfolgsliste spricht für sich. Im Zweifel sollten wir ihr zustimmen.»
Alle schauen Richard an. Er sagt in diesen Sitzungen selten etwas, aber seine Meinung hat großes Gewicht, und deshalb bin ich ziemlich sicher, dass er die Entscheidung zu meinen Gunsten beeinflusst. Und richtig – Sam lässt abstimmen, und mein Projekt geht mit einer knappen Mehrheit durch.
Ich sehe Richard an, und er zwinkert mir kurz und verstohlen zu.
O mein Gott. Habe ich soeben einen beruflichen Erfolg erzielt, weil ich mit jemandem im Bett war?
Ich bin nicht sicher, wie die Antwort lautet, aber plötzlich sehe ich, dass der Grat zwischen einem normalen und einem skandalösen Leben ziemlich schmal ist.
Ich rufe Daphne an, als ich wieder in meinem Zimmer sitze. Sie ist allein im Auto unterwegs zum Supermarkt.
«Wie ist es gelaufen?», frage ich.
«Es ging. Anscheinend hat er ein paar Spermien abgeliefert», sagt sie ätzend. «Mit Hilfe der Studentinnen Shari und Shelli.»
«Und das Urteil?»
«Die Tests dauern ein paar Tage … Aber was sind ein paar Tage, wenn man zehn Jahre auf ein Baby gewartet hat, nicht wahr?»
Ich möchte sie darauf hinweisen, dass sie nicht schon seit zehn Jahren wartet. Die Jahre, in denen sie es nicht versucht haben, kann man schließlich nicht mitzählen. Die Jahre mit Kondomen, mit der Pille, mit «Rausziehen und Beten» (Daphnes und Tonys bevorzugte Verhütungsmethode zu Tütensuppen-Zeiten als arme Studenten).
«Ihr werdet es bald erfahren.» Mein Blick fällt auf meine Nagelhaut, und ich nehme mir vor, zur Maniküre zu gehen, bevor ich Richard wiedersehe.
Daphne meckert über einen älteren Autofahrer, der vergessen hat, den Blinker zu setzen. Seit ein alter Mann letztes Jahr in unserer Heimatstadt an einer Kreuzung in eine Gruppe Schulkinder gefahren ist, notiert Daphne sich routinemäßig Autonummern und zeigt rücksichtslose Fahrer an. «Ich meine, Gott segne sie, weißt du … ihnen ist sicher nicht klar, dass sie nicht mehr fahren sollten. Aber es ist einfach gefährlich.»
Ich unterbreche ihre Tirade. «Hör mal, Daph, mir geht da etwas nicht aus dem Kopf … Weißt du noch, dass du gesagt hast, du hoffst, es ist Tonys Problem? Seine Schuld?»
«Ja.»
«Was genau hast du damit gemeint?»
«Ich möchte nicht, dass mir die Schuld daran gegeben wird.»
«Dass Tony dir die Schuld gibt?»
«Ja.»
«Glaubst du wirklich, er würde es dir vorwerfen ?», frage ich. «Das ist nicht Tonys Art.»
«Ich weiß … Aber manchmal habe ich das Gefühl.»
«Ich finde nicht, dass irgendjemand irgendjemandem etwas vorwerfen sollte», sage ich.
«Ja. Schön. Aber diese Sache ist wirklich eine Belastung …» Ihre Stimme verliert sich.
«Es tut mir so leid, Daphne. Ich wünschte, du müsstest das alles nicht durchmachen.»
«Das weiß ich. Sag mir nur, dass ich es noch erleben werde. Dass ich eines Tages Mutter werde.»
«Du wirst es erleben», sage ich, und ich glaube es wirklich. «Und im schlimmsten Fall könntet ihr ein Kind adoptieren. Oder?»
«Wahrscheinlich. Aber das wäre wirklich der letzte Ausweg. Ich will mein eigenes Baby.»
«Aber es wäre dein Baby.»
«Du weißt, wie ich das meine. Ich möchte ein Kind austragen. Ich will jeden Teil der Mutterschaft voll und ganz erleben.»
«Das wirst du.»
«Vielleicht ist das der eigentliche Grund dafür, dass ich mir wünsche, es wäre Tonys Schuld», sagt sie. «Wenn es seine Schuld ist, kann ich immer noch ein Baby bekommen.»
«Du meinst, mit jemand anderem? Du würdest Tony verlassen?» Ich bin entsetzt.
«O Gott, nein», sagt sie. «Ich dachte mehr an Samenbanken … oder so was.»
Beinahe frage ich sie, ob Tony denn bereit wäre, diesen Weg zu gehen. Es würde mich wundern. Für Daphne würde er fast alles tun, aber
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