Und verfluche ihre Sünden
kriegen kann, um denjenigen zu finden, der dafür verantwortlich ist.«
Janet schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Ich kann einfach nicht. Wir haben die Zulassung für neue Arbeiter noch nicht beantragt, und wir können diesen Leuten keine rückwirkende Arbeitserlaubnis besorgen. Sie müssen das Land verlassen und sechzig Tage jenseits der Grenze warten, ehe sie sich wieder bewerben dürfen. Was wird Ihrer Meinung nach denn passieren, wenn die Polizei hier auftaucht, um sie zu befragen? Sie werden sich in alle vier Winde zerstreuen. Er wird keine Informationen von ihnen bekommen, und wir werden den Bach runtergehen.«
»Janet, was werden Sie empfinden, wenn noch eine Leiche auftaucht und Sie nichts getan haben, um die Sache zu beenden? Und warum? Um ein paar Dollar Lohnkosten zu sparen?«
»Sie haben nicht die geringste Ahnung, wie dünn unsere Deckung ist. Nahezu all unsere Kosten sind fix: Gas, Futter, Tierarztrechnungen, Versicherungen. Höhere Milchpreise können wir definitiv nicht verlangen. Der einzige flexible Kostenfaktor ist die Arbeit. Und Ortsansässige einzustellen würde uns doppelt so viel kosten wie die Mexikaner. Dazu kämen noch Sozialleistungen und Arbeitslosenversicherung. Die ›paar Dollar‹ Lohnkosten würden sich zu Tausenden summieren. Tausenden.«
»Sie zahlen keine Sozialleistungen und Arbeitslosenversicherung?«
Janet besaß den Anstand, beschämt dreinzuschauen. »Würden wir, wenn der ursprüngliche Plan funktioniert hätte und unsere Arbeiter eine Arbeitserlaubnis hätten. Aber so … die sieben Männer, die wir haben, dürften gar nicht hier sein, wie also sollten wir eine Lohnabrechnung erklären?« Sie wischte sich die Hände an der Jeans ab. »Momentan läuft die ganze Sache schwarz.«
»Ach du lieber Gott.« Clares nervöse Energie zwang sie, im Kreis zu laufen. »Das ist schwachsinnig. Einfach nur schwachsinnig. Jetzt haben Sie Ärger mit der Einwanderungsbehörde und dem Finanzamt am Hals.«
Janet verschränkte die Arme. »Ich werde meinem Bruder nichts von ihnen sagen. Ich kann nicht.« Sie drehte sich im Kreis, folgte Clare. »Und Sie dürfen das auch nicht.«
Clare blieb stehen. »Wie könnte ich es lassen?« Sie wedelte mit den Armen in der Luft herum, hätte sich am liebsten die Haare gerauft. »Christus auf einem Fahrrad«, fluchte sie.
Janet starrte sie an. Lachte.
»Was?«, fragte Clare. »Was?«
Janet wurde wieder ernst. »Sie dürfen nichts sagen«, wiederholte sie. »Sie haben es mir versprochen.«
»Was versprochen?« Kevin richtete sich auf, als er den schmalen Gang verließ. Mike McGeoch folgte ihm, so ruhig und gelassen wie eine seiner Kühe, als lebte er in einer Welt, zu der Mord und illegale Ausländer und Steuerbetrug niemals Zugang fanden. Vielleicht stimmte das ja auch, soweit es ihn betraf.
»Etwas Persönliches«, antwortete Janet. Sie blickte von Clare zu Kevin. »Es betrifft meinen Bruder.«
Clare sah, wie in Kevins Oberstübchen die Lampen angingen. Er lief rosa an. »Oh. Klar. Persönlich.« Er gab Mike gerade die Hand, als er zum Scheunentor hinübersah. »Wer ist das?«
Clare drehte sich um. Die Umrisse von Amado und dem Vorarbeiter der McGeochs zeichneten sich gegen das Sonnenlicht ab; identische Größe, einer schlaksig mit gebrochenem Arm, der andere breit und muskulös. Der Vorarbeiter umarmte den jüngeren Mann, hielt seinen Kopf umfangen, murmelte ihm etwas ins Ohr, zu leise, als dass sie es hätten verstehen können. Er reichte dem Jungen einen Rucksack, zusätzlich zu der kleinen Reisetasche und der vollgestopften Einkaufstüte, die er bereits schleppte.
»Mein Interimsküster«, erklärte Clare. »Amado.« Der Junge und der Vorarbeiter blickten gleichzeitig auf. Der Vorarbeiter sah Kevins Uniform, versetzte dem jüngeren Mann einen Klaps auf den Rücken und trollte sich, nicht schnell, nicht langsam.
»Nein, der andere. Ich dachte, Sie würden keine Latinos mehr beschäftigen.«
»Oh, das ist einer der Männer unseres Nachbarn.« Janets Stimme war hoch und dünn. »Arbeitet an seinen freien Tagen für uns.« Sie lachte, ein spröder, wenig überzeugender Klang. »Wir haben Glück, dass er kommt.«
Kevin runzelte die Stirn. »Für jemanden, der nur hin und wieder mal vorbeischaut, scheint er ziemlich vertraut mit Amado.«
Janet sah Clare an, die den Mund hielt. Sie würde nicht länger für Russ’ Schwester lügen.
»Ich glaube, viele der Gastarbeiter hier stammen aus derselben Gegend in Mexiko.« Janet zuckte
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