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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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den Äckern schwebte ein silbriges Flimmern, außer wenn der Wind zu viel Staub vor sich hertrieb. Der Wind roch immer nach irgendetwas, nach Dünger oder brennendem Torf oder glühenden Kiefernzapfen.
    Abends summten Mücken in unruhigen Wolken vor diesigen Sonnenuntergängen. Schwalben stießen im Halbbogen auf und nieder, immer nach demselben Muster, während sich über dem Birkenhain hinter den Weiden die Nacht sammelte. Am Rand des Weihers bei der Mühle schwirrten Libellen in seltsam ruckenden Bewegungen über dem Schilf. Der Haflinger schnaubte und wehrte sich mit trägen Schweifschlägen gegen den hartnäckigen Blutdurst schwarzer Pferdebremsen. Nachts lag Bruno auf der verschwitztenMatratze in seiner kleinen Kammer neben der Treppe und schlief schlecht wegen der Hitze unter dem Dach. Aus dem Stall drang die Unruhe des gereizten Viehs.
    Der Herbst brachte die Ernte und lärmende Vogelschwärme, die sich auf dem Polder vor ihrem Flug in den Süden stärkten. Die Luft gewann an Schärfe, ebenso die Konturen der Bäume, die ihr welkendes Laub in die Novemberböen streuten. Nur hier und da leuchtete in den Zweigen noch ein warmes Gelb, ein rostiges Rot. Kartoffelfeuer würzten die Nachmittage mit ihrem Rauch. Morgens lag dünner Reif auf den Steinen, und es wurde früher dunkel.
    Der Winter dauerte von Jahr zu Jahr länger für jemanden, der noch vor Tagesanbruch drei Kilometer durch die Kälte zur Kirche laufen musste. Wenn kein Schnee fiel, lag dichter Nebel auf dem Land. Das Wasser der Amstel stand schwarz und scheinbar unbewegt zwischen den frostharten Ufern. Die Sonne warf einen kupfernen Schein über das Land, wärmte aber nicht, und auf den Stämmen der Birken glitzerte eine zweite Rinde aus Eis.
    Das Leben floss zwischen den immer gleichen Sommern und den abwechslungslosen Wintern dahin. Es drehte sich im Kreis, wie die Flügel der alten Mühle am Weiher, die Tag und Nacht ihr langsames Rad schlugen und dabei nichts anderes zu mahlen schienen als Zeit – Zukunft zu Gegenwart, Gegenwart zu Vergangenheit. Der Vater schnitt sich beim Schleifen der Sense den halben Daumen ab. Die alte Bäuerin vom Nachbarhof starb. Die Sau warf ein halbes Dutzend winziger Ferkel. All diese Ereignisse schienen nur einzutreten, um die Zeit davor und danach noch starrer wirken zu lassen, und doch stellte jedes Ereignis für Bruno, den Jungen, einen weiteren Schritt zum Horizont dar, denn ohne es zu ahnen, wartete er.
    Dort, am Horizont, türmte sich der Damm, auf dem ununterbrochen ein glitzerndes Metallband zwischen Amsterdam und Utrecht hin und her lief. Von dem Fenster seiner Kammer unter dem Dach sah Bruno den vorbeiflitzenden Autos zu und dachte, dass er eines Tages, bald, den Damm hinaufklettern würde, um eins der Autos anzuhalten und mitzufahren, nach Amsterdam oderRotterdam oder Den Haag. Sein Herz schlug schneller, wenn er sich das vorstellte.
    Nicht, dass er unglücklich gewesen wäre. Seine Eltern sprachen nie darüber mit ihm oder miteinander, aber sie ließen ihn glauben, dass sie mit ihrem Leben zufrieden waren. Sie konnten ihm kein größeres Geschenk machen. Seit damals wusste er, dass Eltern nichts Besseres für ihre Kinder tun können, als ihnen das Gefühl zu geben, Mutter und Vater seien glücklich. Jedenfalls so lange wie möglich, dachte er; solange es eben geht. Und manchmal dachte er: Vielleicht hätten wir nicht fortgehen sollen, vielleicht wären wir auch dort glücklich geworden, und vielleicht, ganz vielleicht nur wäre Simone gesund geblieben.
    Er war dreizehn, als er sie auf dem Fahrrad am Feld vorbeifahren sah. Es hatte einen Wolkenbruch gegeben, und er war zu seinem Vater auf den Traktor geklettert, um unter dem Dach Schutz zu suchen. Der Regen fiel in dichten Fäden, sodass sie sich vorkamen, als wären sie in einer kleinen Kammer mit Wänden aus prasselndem Wasser eingeschlossen.
    Danach dampfte der Acker, und auf den Furchen lag der schillernde Abglanz eines Regenbogens. Eine Zeit lang klangen alle Geräusche näher als sonst, klarer. Bruno hörte das Fahrrad schon, als er es noch gar nicht sehen konnte, das Scheppern der Gepäckträgerhalterung, das Klirren der Klingel, und dann das Spritzen des Wassers, denn der schmale Feldweg war voller Pfützen.
    Das Mädchen radelte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über den holprigen Weg. Sie trug ein klatschmohnrotes Kleid mit weißen Punkten, das in feuchten Falten an ihren Schenkeln und an dem schmächtigen Oberkörper klebte. Auch ihr Haar war

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