Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Nummer ist besetzt.«
    »Dann lassen Sie’s«, sagte Singer.
    Während ich das Geld zählte, erkundigte ich mich bei Singer, wieso es hier keine Alarmanlage gäbe. Wegen des Lärms, erklärte mir Singer. In der benachbarten Bank hatte neulich während des Raubüberfalls die Alarmglocke eine volle Stunde lang geläutet, und der Lärm hatte zu Nervenzusammenbrüchen unter den Angestellten geführt.
    »Und wo sind Ihre bewaffneten Wächter?« fragte ich weiter.
    »Irgendwo draußen. Um diese Zeit führt unser Generaldirektor seine Hunde spazieren. Dabei muß er natürlich bewacht werden.«
    Inzwischen hatte der Kassierer die Notenbündel in zwei kleinen Köfferchen verstaut und fragte mich, wo ich mein gestohlenes Fluchtauto geparkt hätte.
    Auf der Straße umringten mich wartende Passanten, die Schnappschüsse machen wollten. Sie baten mich, wenigstens ein Taschentuch vors Gesicht zu halten und nicht so dumm zu grinsen.
    Ich verteilte noch rasch ein paar Autogramme und unternahm einen letzten Versuch, der Bank die beiden Koffer mit dem Geld aufzudrängen. Singer wehrte sich heftig.
    »Nicht nötig, nicht nötig. Wir haben bereits die Zentrale und die Versicherung benachrichtigt. Nur keine Komplikationen. Bleiben Sie lieber noch bis die Leute vom Fernsehen kommen.«
    Dazu hatte ich leider keine Zeit, verabschiedete mich von Singer mit einem herzlichen Händedruck und fuhr zur nächsten Tankstelle.
    »Wieviel?« fragte der Tankwart.
    »Auffüllen«, sagte ich.
    Der Tankwart öffnete meinen Kofferraum und warf alles Geld hinein, das er hatte.
    »Brauchen Sie eine Empfangsbestätigung?« fragte ich.
    »Danke nein. Ich bin versichert.«
    Wie schade, dachte ich auf der Heimfahrt, wie schade, daß wir gerade jetzt eine Inflation im Land haben. Wo wir doch endlich ein normales Volk geworden sind.

Kettenreaktion
    Die Inflation arbeitet nach dem bekannten Prinzip der Kettenreaktion: Der Preis von Irgendwas geht rauf, deswegen verlangt irgendwer einen höheren Lohn, was dazu führt, daß der Preis von Irgendwas wiederum steigt und Irgendwer das zum Anlaß nimmt zu streiken, um noch höheren Lohn zu erhalten. Das sind die Spielregeln, die eine eskalierende Aktion erfordern, wie beim Tennis. Deswegen ist auch der Preis von Tennisschlägern vorgestern hinaufgegangen. Genau wie der Preis der Ketten.

Sand im Getriebe
    »Was«, so wandte sich der Finanzminister an diesem denkwürdigen Abend an seinen Kabinettschef, »was wurde heute teurer?«
    »Mmh«, antwortete der Kabinettschef ausweichend, »heute, mmh, heute nichts.«
    »Hör zu, KC«, der Minister wurde ungeduldig, »für billige Witze ist meine Zeit zu kostbar.«
    »Das ist kein Witz«, erwiderte der KC. »Heute ist kein einziger Preis gestiegen. Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte. Die Preise sind seit gestern eingefroren. Irgendwo muß Sand ins Getriebe gekommen sein. Aber wenn es nötig wird, übernehme ich die persönliche Verantwortung dafür. Deshalb bitte ich den Herrn Minister, meinen Rücktritt zu akzeptieren.«
    Der Minister wurde blaß. Einen Moment lang saß er da, starr wie der Preisindex, dann schlug er mit der Faust auf die Schreibtischplatte.
    »Verdammt noch mal! Und das sagen Sie mir erst jetzt, kurz vor Feierabend?«
    »Wir haben alle bis zur letzten Minute gehofft, daß irgendein Preis steigen würde«, wand sich der Kabinettschef.
    Der Minister hob mit zittriger Hand den Telefonhörer.
    »Hallo, Handelsministerium? Was ist mit den Zigaretten?«
    »Wir bedauern«, wurde ihm bedeutet, »die Erhöhungen kommen immer am Wochenende.«
    »Was ist mit dem Salz?«
    »Morgen.«
    »Kartoffeln?«
    »Wurden vorgestern erhöht.«
    »Hühneraugenpflaster?«
    »Vor fünf Tagen.«
    »Schwimmunterricht?«
    Der Minister wartete die Antwort gar nicht mehr ab. In panischem Schrecken sah er auf die Uhr und schrie: »Nur noch eine halbe Stunde Zeit!«, stürzte aus dem Haus, warf sich in seinen Dienstwagen und raste mit Blaulicht und Sirene ins Postministerium.
    »Ich flehe euch an, erhöht irgend etwas. Telefongespräche, Briefporto, was immer euch einfällt. Es geht um Leben und Tod.«
    »Gerne«, antwortete man ihm, »aber für heute ist es leider zu spät.«
    »Heute leider nicht«, lautete auch das Urteil im Elektrizitätswerk. »Der Ölpreis wurde eben um 8 Cent gesenkt.«
    Auch im Textilmuseum schüttelte man nur den Kopf.
    »Nichts zu machen, Exzellenz. Wenn Sie nach dem Monatsersten wiederkommen ...«
    Der Minister war in dieser halben Stunde um Jahre

Weitere Kostenlose Bücher