Und was, wenn ich mitkomme?
hochzuziehen. Wenn das mal keine Blasen gibt...
Aber auch in unsere Schuhe dringt allmählich die Feuchtigkeit. Doris’ Wanderstiefel quaken wie ein ganzes Froschorchester, sehr witzig! Pit ist der Einzige mit trockenen Füßen, aber auch der Einzige, der im Schlamm ausrutscht und sich auf den Hintern setzt. Nichts passiert, nicht mal seine Hose ist schmutzig geworden, denn geistesgegenwärtig hat er genau im richtigen Moment sein Regencape unter sich gezogen.
In Olabe-Zarrabenta verabschieden wir uns von Philipp, der heute noch bis Gernika marschieren will. Christian, Doris, Pit und ich dagegen biegen links ab Richtung Mendata, das hoch oben auf einem Berg liegt. Eineinhalb Kilometer geht es steil eine Straße durch einen tropfnassen Wald hinauf. Oben angekommen, hat der Regen sich endlich verzogen und der Himmel färbt sich allmählich blau. Unsere Herberge finden wir in einem Gebäude, in dem gleichzeitig das Fremdenverkehrsamt, ein Laden und eine Bar untergebracht sind. Zu unserem Schreck ist alles geöffnet außer der Herberge. Aber Pit und Christian treiben irgendwo die hospitalera auf, und freundlicherweise öffnet sie für uns ausnahmsweise einmal am Montag die Herbergstüren. Doris und ich haben nicht einen Moment daran gezweifelt, dass die Männer das schon irgendwie regeln werden. Gemütlich lehnen wir uns an das Geländer vor dem Haus und halten unsere Gesichter in die Sonne.
Die Herberge ist riesig: 36 Betten in vier geräumigen Zimmern. Die ganze Pracht für uns allein, was für ein Luxus! Wir breiten uns mächtig aus und verteilen unsere nassen Sachen auf sämtlichen Bettstangen. Und dann the same procedure as every day: duschen, Wäsche waschen, Füße pflegen. Es gibt zwei saubere Badezimmer mit einer Menge Duschen und Toiletten und eine Heizung, die wir sofort so hoch wie möglich aufdrehen, um unsere quatschnassen Schuhe darunterzuschieben oder kopfüber daraufzustellen. Bis morgen müssen sie trocken sein. Doris’ Föhn wird heute als Sohlentrockner eingesetzt.
Nachdem wir unsere »Haushaltspflichten« abgearbeitet haben, machen wir es uns in unseren Schlafsäcken gemütlich. Jeder hängt seinen Gedanken nach, schreibt Tagebuch oder genießt einfach nur die Schlafsackwärme. Als wir anfangen, unsere restlichen Erdnussbestände aufzuknabbern, wird es höchste Zeit, sich endlich in der Bar nebenan um ein ordentliches Abendessen zu kümmern. Sich jetzt aus dem Schlafsack zu schälen ist eine echte Überwindung.
Den Hauptgang unseres heutigen Abendessens bilden zwei Flaschen Wein und für Pit und mich jeweils ein würzig duftender Zigarillo. Doris fallen fast die Augen aus dem Kopf. Wir kennen uns ein Vierteljahrhundert, aber rauchen hat sie uns noch nie gesehen. Was so ein Weg doch an den Tag bringt...
8. TAG MENDATA — BERMEO — BILBAO
Um acht Uhr weckt uns strahlender Sonnenschein. Ohne Frühstück machen wir uns auf den Weg Richtung Gernika, das etwa fünf Kilometer entfernt liegt. Es geht zuerst durch einen lichten, sonnendurchfluteten Wald. Die Wege sind noch matschig vom gestrigen Regen, aber mittlerweile einigermaßen begehbar. Von einer Höhe abwärts führt ein steiler Pfad über eine pitschnasse Wiese. Da unsere Schuhe über Nacht einigermaßen trocken geworden sind und wir daran auch nichts ändern wollen, entscheiden wir uns dafür, auf der Landstraße weiterzugehen. Schweigend und in großem Abstand laufen wir an der Leitplanke entlang. Doris sieht von hinten wie ein Lumpensammler aus. Es sind längst nicht alle Sachen trocken geworden, weshalb wir T-Shirts, Handtücher und Socken mit Sicherheitsnadeln an unsere Rucksäcke gehängt haben. Bei Doris baumelt noch eine Hose bis in Kniekehlenhöhe. Die Sonne wird zu Ende bringen, was Föhn und Heizung nicht geschafft haben.
Vor uns öffnet sich zwischen den Bäumen der Blick auf Gernika. Schritt für Schritt kommt es uns entgegen und verändert sein Bild. Wer mit dem Auto fährt, kann so etwas nicht erleben. Ruckzuck ist er von A nach В gelangt. Aber was dazwischen liegt, ist nur für wenige Momente zu sehen. Die Seele hat keine Zeit die Eindrücke zu verarbeiten, geschweige denn, dass sie sie genießen kann. Wir aber saugen jede neue Aussicht auf wie Durstige. Apropos Durst: Es wird allmählich Zeit für café con leche.
In Gernika steuere ich zuerst die nächste Apotheke an und kaufe Gummibandagen für meine Knie und Calcium- und Magnesiumtabletten für unsere Knochen und Muskeln. Danach genehmigen wir uns ein ausführliches
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