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Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
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leeren Plätze. Schließlich ist der Bus so voll, dass wir uns untereinander nicht mehr verständigen können. Dabei haben wir es versäumt, miteinander abzusprechen, wo wir aussteigen müssen. Was nun? Vielleicht weiß unser Wanderführer Bescheid. Das Blättern in ihm scheint eindeutig ein Zeichen unserer Ratlosigkeit zu sein und erweist sich als wirkungsvoller als jede Bitte um Hilfe. Jedenfalls kümmert sich plötzlich der halbe Bus um uns. Um jeden von uns bilden sich kleine Gesprächsgruppen, die eifrig miteinander diskutieren, wie viele Haltestellen es noch bis zu unserem Ziel sind. Die Meinungen gehen auseinander. Aber schließlich kommen wir genau dort an, wo wir hinwollen. Wir sind begeistert von so viel Anteilnahme und können es kaum fassen, wie unproblematisch hier alles läuft. Die Züge und Busse fahren immer so, wie wir es gerade brauchen, und immer sind da hilfreiche Menschen. Es kommt uns gerade so vor, als sei unser Weg von langer Hand vorbereitet, geordnet und geführt. Oder erfährt man das Gute vielleicht erst dann, wenn man auch damit rechnet, etwa im Sinne der sich selbst erfüllenden Prophezeiungen? Keine Ahnung, außer, dass wieder einmal alles hervorragend geklappt hat.
    Es sind nur noch wenige Minuten zu Fuß bis zu dem riesigen, supermodernen Jugendherbergskomplex. Wie versprochen hat Christian Betten für uns reserviert. Er hat sich schon in unserem Vierbettzimmer eingerichtet, eine Liege und einen Schrank belegt und Schnürsenkel vom Fenstergriff zu einer Stuhllehne gespannt, auf der seine frisch gewaschenen Socken und sein T-Shirt leise vor sich hin trocknen. Die Betten sind weich und hängen durch, und vor dem Fenster tobt irrsinnig laut die Autobahn. Bei offenem Fenster ist eine Unterhaltung unmöglich und Schlafen trotz Ohropax wahrscheinlich auch. Na dann: Gute Nacht!

9. TAG BILBAO — PORTUGALETE

    Aus Evas Tagebuch:
    Ich wache ziemlich zerschlagen auf. Heute ist nicht mein Tag. Bilbao ist eine beeindruckende Stadt mit schönen alten Bauwerken und dichter Atmosphäre. Wir sitzen lange am Guggenheim-Museum, dessen Fassade silbern in der Sonne glänzt. Von vorne sieht es aus wie eine Massenkarambolage von Schiffen. Witzig! Überall auf den Dächern entdecken wir Scharfschützen mit schwarz vermummten Gesichtern und Maschinengewehren im Anschlag. So etwas habe ich bisher nur im Film gesehen, und mir ist etwas mulmig zumute.
    Auf unserem Weg heraus aus Bilbao machen wir gegen ein Uhr Mittagspause. Dann geht es drei Stunden weiter am Nervion-Fluss entlang durch hässliches Industrie- und Hafengebiet. Mein Knie fängt wieder an zu stechen, und das, obwohl es nicht eine einzige Steigung gibt, sondern immer geradeaus geht, aber eben ausnahmslos über Asphalt. Es ist heiß wie in einer Backstube, und das Laufen macht keinen Spaß. Jetzt sitzen wir in Getxo an der Promenade, bzw. ich sitze. Die anderen liegen auf Bänken herum — Schuhe aus, Sonnenhut übers Gesicht — und schnarchen leise vor sich hin. Christian ist noch bei uns, und während ich Tagebuch schreibe, überlege ich, in wie vielen Reisenotizen wohl unsere Namen auftauchen.
    Links von uns spannt sich die berühmte Hängebrücke über den Fluss. Sie gilt als Wahrzeichen von Groß-Bilbao und stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Hängebrücke ist die einzige und älteste ihrer Art, die noch heute in Betrieb ist. Eine Plattform, die an langen Stahlseilen hängt, bringt Leute und Fahrzeuge auf die andere Seite nach Portugalete.
    Städte können ja ganz toll sein, aber die vielen Menschen und der permanente Lärm sind einfach nichts für mich. Ich freue mich auf Natur und sehne mich nach Vogelgezwitscher.
    Portugalete ist wunderschön und entschädigt für den Weg. In einer kleinen Pension finden wir Unterkunft. Doris und ich teilen uns ein Zimmer, Pit und Christian ein anderes. Ich vermisse Pit schon jetzt, obwohl mir dafür nicht viel Zeit bleibt, denn die Wäsche muss gewaschen und der eigene Körper, besonders die Füße, gepflegt werden. Wie sorgfältig ich hier auf mich achte!

    Aus Pits Tagebuch:
    Heute haben wir uns das Guggenheim-Museum von außen angeschaut. Die Sonne schien und ließ das Gebäude metallisch-hell leuchten. Eine beeindruckende Architektur! Bilbao scheint hohen Besuch zu erwarten, denn überall hat sich Polizei postiert, und auf den Dächern stehen sogar Scharfschützen.
    Wir wandern drei Stunden auf stark befahrener Straße nach Portugalete. Nicht besonders lustig! Portugalete mit seiner historischen

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