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Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
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denn genau hier führt ihr Weg in den Ort hinein. Ich gehe ihnen ein Stück entgegen, kehre um, setze mich vor das überdachte Portal der Kirche und lutsche Karamellbonbons. Leiser Nieselregen geht nieder. Die ersten Wanderer kommen den Weg herunter. Pit und Doris sind nicht unter ihnen. Allmählich wird mir die Zeit lang. Mir tut nichts, aber auch gar nichts weh, und ich frage mich, was ich hier mache. Wollte ich nicht unterwegs sein? Stattdessen sitze ich hier und warte. Na, wird schon nicht mehr lange dauern.
    Fast zwei Dutzend Wanderer haben sich auf riesigen Steinblöcken vor der Kirche niedergelassen und halten unter Schirmen ihr Picknick ab. Eine halbe Stunde später kommt ein Bus und lädt sie ein. Aha, auch Buspilger, aber doch anders als Hans. Diese hier sind wenigstens gelaufen und lassen sich jetzt nur zu ihrem sorgfältig vorgebuchten Hotel bringen, wo es warme Duschen und ein deftiges Abendbrotbuffet gibt. Na, sollen sie doch. Ich jedenfalls hätte große Lust, meinen Rucksack aus dem Hostal zu holen und mich auf den Weg zum Kloster Cenarruza zu machen. Es liegt nur acht Kilometer entfernt und nimmt Pilger für eine Nacht auf. Noch ist es früh, und ich bin völlig unausgelastet, aber natürlich kann ich jetzt nicht einfach abhauen. Schließlich bin ich mit Doris und Pit verabredet. Und wenn man zusammen unterwegs ist, kann man nicht frei entscheiden und tun und lassen, was man will. Dabei bin ich wirklich froh, dass Pit mitgekommen ist, und Doris auch. Wir haben so viel Spaß miteinander, und das gemeinsame Erleben festigt unsere Beziehung. Also, manchmal ist Freisein erstrebenswert und toll, aber manchmal eben auch nicht. Jetzt gerade wäre es toll. Aber natürlich halte ich aus.
    Ich denke schon, die Zeit geht nie mehr vorüber, da hupt plötzlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Auto, und jemand ruft meinen Namen. Es ist Pit, der mir aus dem heruntergelassenen Fenster zuwinkt. Mir bleibt fast das Herz stehen vor Schreck. Was ist passiert? Wo ist Doris, und warum sitzt Pit in einem Auto? In Sekundenbruchteilen malt mir meine Fantasie die schrecklichsten Bilder vor Augen. Aber es ist alles in Ordnung. Aufgekratzt erzählt Pit von ihrer Traumwanderung. Christian, Doris und er konnten von der Höhe aus die Feuerwehr ausmachen, neben der unser Hostal liegt, und wanderten zielgerichtet und ohne Umweg über die Marienkirche darauf zu. Als sie mich im Zimmer nicht antrafen, wollte Pit zum vereinbarten Treffpunkt laufen, um mich dort aufzugabeln. Aber unsere freundliche Wirtin bot ihm an, ihn mit dem Auto zu fahren, damit er nach seiner Wanderung nicht noch zusätzliche Kilometer schrubben müsse. Total nett! Gleichzeitig frage ich mich aber auch, weshalb Pit und Doris und Christian nicht so gelaufen sind, wie wir es vereinbart hatten. Warum konnten sie unseren
    Plan ändern, ich aber nicht, obwohl sie mir damit einen gehörigen Schrecken eingejagt haben, den ich nur mühsam überwinde? Ärger steigt in mir hoch, mehr auf mich als auf sie, weil ich wieder einmal meine Entscheidung von anderen abhängig gemacht habe. War das nun richtig oder nicht? Ich verschweige meine zwiespältigen Gedanken, während Pit von den berauschenden Aussichten schwärmt und überhaupt von diesem ganzen schönen Tag. Ich habe den Eindruck, zu kurz gekommen zu sein. Aber ich beschwere mich nicht und schweige. Gemeinsam fahren wir zurück zur Herberge.
    Auch Rachel und Jean-Paul treffen ein, und nachdem die müden Wanderer geduscht haben und Socken und T-Shirts frisch gewaschen auf dem Wäscheständer hängen, machen wir uns alle gemeinsam auf den Weg zur nächsten Bar. In Ingos Kasse herrscht zwar gähnende Leere, aber wir laden ihn ein, und so ist auch er mit dabei. Zu siebt speisen wir bei laufenden Fernsehern und süffigem spanischen Wein.
    Zurück in unserem Zimmer schieben Pit und ich unsere Betten zusammen. Arm in Arm schlafen wir ein. Auch wenn ich heute abtrünnig werden wollte, auch wenn ich mich um einen schönen Tag betrogen fühle und voller Neid bin auf die Freiheit, die Pit, Doris und Christian sich herausgenommen haben: Jetzt bin ich doch sehr froh, dass wir zusammen sind.

7. TAG MARKINA — MENDATA

    In der Nacht hat es geregnet, und es regnet immer noch, als wir aufbrechen. Wir verabschieden uns von Ingo, der nach Bilbao trampen will, um dort seinen Sohn zu treffen. Ohne dass er es sieht, legen wir ihm einen Fünf-Euro-Schein auf seinen Rucksack, damit er den Bus nehmen und vielleicht noch irgendwo

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