Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
Vom Netzwerk:
ich vielleicht mitlachen?«, will ich wissen. Aber sie kosten ihren Spaß aus und lassen mich noch eine Weile zappeln. Das Beste in so einer Situation ist, einfach mitzulachen. Macht ja nichts, wenn man nicht weiß, warum. Hauptsache, Christian und Pit sind endlich nicht mehr so miesepetrig. Irgendwann lüften sie dann doch ihr Geheimnis. Wir albern herum und erzählen uns Witze, und ehe wir uns versehen, erreichen wir Avilés. 26 Kilometer sind gar nicht so lang.
    In der Herberge werden wir mit Grappa empfangen. Dann richten wir uns in dem riesigen Schlafsaal ein. Hier gibt es bestimmt 60 Betten. Pilger sind nur noch wenige da, außer uns nur fünf, und wir hoffen, dass es dabei bleibt. Es ist ungemütlich hier und schmuddelig, auch das Wetter. In den nächsten Tagen soll es kaum besser werden. Ich freue mich über jedes Fetzchen blauen Himmel. In der letzten Zeit haben wir nur wenig davon zu sehen bekommen. Auch jetzt ist der Himmel trüb. Aber in der Herberge zu bleiben ist undenkbar. Wer hält sich schon gerne in so etwas wie einer Bahnhofshalle mit Betten auf? Im Regen machen wir uns zur Stadtbesichtigung auf, aber wir kommen nicht weiter als bis zum Rathaus, das höchstens 300 Meter entfernt liegt. Wider Erwarten ist die Altstadt sehr sehenswert. Aber bei diesem Sauwetter und mit einem Regenschirm vor der Nase macht unser Spaziergang nicht wirklich Spaß. Also kehren wir um. In der Herberge essen wir, was ich gestern in Gijon eingekauft habe. Ziemlich zeitig verschwinden wir in unseren Schlafsäcken.

25. TAG AVILÉS — CUDILLERO

    Heute müssten wir laut Wanderführer eine Mammutetappe von 45 Kilometern bewältigen, vorausgesetzt, wir bestehen darauf, wieder in einer Pilgerherberge zu übernachten. Wir können natürlich auch einen Teil der Strecke mit der Bahn zurücklegen oder aber in einem hostal einkehren. Pit und ich entscheiden uns für die zweite Möglichkeit. Wir wollen 22 Kilometer bis Soto del Barco laufen. Dort soll es ein Hotel mit zivilen Preisen geben. Und morgen wollen wir den Rest bis Soto de Luina wandern.
    Christian möchte noch heute Soto de Luina erreichen. Aber 45 Kilometer sind auch für ihn zu viel. Deshalb will er sie mit der Bahn verkürzen. Ohne Abschied schleichen Pit und ich uns gegen acht Uhr aus der Herberge. Es nieselt, aber es reicht aus, um uns dazu zu bringen, sofort unsere Regencapes überzuziehen. Trotzdem sind wir guter Dinge, denn heute laufen wir wieder nur zu zweit. Wir haben gemerkt, dass uns die Anwesenheit Dritter sehr von uns selbst ablenkt. Obwohl es keiner unserer Weggefährten eingefordert hat, haben wir uns doch von ihnen bestimmen lassen. Wir haben uns ihren Bedürfnissen angepasst, was ja nicht verkehrt ist, sofern wir auch darauf achten, was wir selber möchten.
    »Wer weiß, ob wir Christian noch mal wiedersehen?«, sinniere ich.
    Pit zuckt mit den Schultern. »Ich mag ihn gern«, sagt er, »trotzdem bedauere ich es nicht, dass wir uns gestern vielleicht zum letzten Mal gesehen haben.«
    »Ich auch nicht«, stimme ich zu, »irgendwie haben wir uns ziemlich stark nach ihm gerichtet und jetzt können wir es mal so laufen lassen, wie wir wollen.«
    »Hätten wir bestimmt auch vorher schon. Aber wenn ich jemanden sympathisch finde, neige ich dazu, das mitzumachen, was er will. Man braucht sich einfach nur anzuhängen.«
    »Aber es ist nicht das, was wir wirklich wollen«, wende ich ein.
    »Was wollen wir denn?«, überlegt Pit.
    Das herauszufinden ist nicht immer leicht. Aber es wird uns hoffentlich eher gelingen, wenn wir uns nicht von den Bedürfnissen und Befindlichkeiten anderer ablenken lassen. Vielleicht ist es ganz gut, mal eine Weile nur zu zweit zu laufen und uns auf das zu besinnen, was uns selbst wichtig ist. Schade, dass wir das nicht auch zusammen mit anderen hinkriegen. Aber irgendwie schaffen wir das beide nicht. Pit sagt, ihm sei es meist gar nicht bewusst, wie sehr er sich von anderen mitziehen lasse. Und ich habe oft nicht den Mut, meine eigenen Interessen zu vertreten. Schließlich will ich kein Spielverderber sein. Am schönsten wäre es, wenn jeder auf seine Kosten käme. Solange alle das Gleiche wollen, ist das auch kein Problem. Wie soll es aber gehen, wenn jeder etwas anderes will? Wer setzt sich durch und wer steckt zurück? Schließlich möchte ich, dass es den anderen gut mit mir geht und mir mit ihnen auch. Die Aufgabe ist, das rechte Maß zu finden. Vielleicht hilft uns der Camino, diese Aufgabe zu lösen.
    Pit und ich laufen 22

Weitere Kostenlose Bücher