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Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
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ein richtig teurer Touristenschuppen. Wir machen uns auf eigene Faust auf die Suche und entdecken schließlich eine schnuckelige Pension mitten in der Altstadt. Das Zimmer ist winzig, aber gemütlich blau gestrichen, hat ein Waschbecken, das so niedrig ist, dass Pit sich daran nicht mal richtig die Hände waschen kann, aber zwei Betten, die frisch und sauber bezogen sind. Ein Bad mit Wanne gibt es auf dem Flur. Wir benutzen es ausgiebig, richten uns häuslich ein, waschen unsere Socken und Unterhosen und strecken uns auf den sauberen Bettdecken aus. Es ist immer ein Ereignis und ein Genuss, mal nicht den Schlafsack ausrollen zu müssen!
    Gegen Abend beschließen wir, uns die Stadt anzusehen und irgendwo etwas zu essen. Es ist Viertel nach acht — die perfekte spanische cena -Zeit (Abendbrot-Zeit), als Pit und ich schließlich in einer Cidre-Bar landen. Wir bestellen uns eine Kleinigkeit und eine Flasche Cidre. Aber den dürfen wir uns nicht allein einschenken. Cidre zu kredenzen ist eine Sache für sich: Der Kellner hält die Flasche mit ausgestrecktem Arm hoch und schüttet einfach aus. Das Glas wird in Hüfthöhe unter den Strahl gehalten und mit nur wenigen Schlucken gefüllt. Das spritzt und macht eine Mordssauerei. Aber der Cidre schmeckt köstlich. Das Glas muss sofort, solange der Cidre noch schäumt, ausgetrunken werden. Ist noch ein Rest drin, wird er vor dem nächsten Einschenken einfach auf den Boden geschüttet. »Ich schätze, hier ist alles, was einen Meter Höhe hat, mit Cidre in Berührung gekommen«, feixt Pit. Und das glaube ich auch. Tisch- und Stuhlbeine, die Musikbox und der Zigarettenautomat kleben. Auf dem Boden stehen Pfützen, und es riecht herrlich herb nach diesem prickelnden Apfelgetränk.
    Das ist hier eindeutig eine Einheimischen-Kneipe. Wir scheinen die einzigen von außerhalb zu sein, die anderen sind alle Spanier, die meisten von ihnen ältere Männer, die sich zu kennen scheinen. Es gibt keine Berührungsängste. Ein alter Mann an der Theke singt lauthals Lieder mit orientalisch-maurischem Einschlag, die von den Umstehenden mit heftigem Schulterklopfen und Gelächter honoriert werden. Es ist eine fantastische Stimmung, und wir sind mittendrin. Ein wirklich toller Abend!

23. TAG VILLAVICIOSA — GIJON

    Aus Evas Tagebuch:
    Was ist bloß los mit mir? Gestern ging es mir doch noch gut. Aber jetzt liege ich heulend im Bett und komme einfach nicht hoch. Mir tun alle Knochen weh, und ich fühle mich zerschlagen, erschöpft und am Ende. Die Wegbeschreibung im Wanderführer für die heutige Etappe nach Gijon und das Höhenprofil geben mir den Rest. 700 steile Meter über zwei Berge hinweg sind zu überwinden. Dass ich da hinüber soll, kann ich nicht mal denken. Ich werde wohl den Bus nehmen. Obwohl... Ich wäre so gerne gelaufen und bin völlig hin- und hergerissen. Wie wäre es mit einem Tag Ruhe und dann... Aber Pit ist schon startklar, und so sehr ich auch jammere, er schnappt sich seinen Rucksack, tritt aus der Tür und marschiert einfach ohne mich los. Ich verstehe ja, dass er nur ungern auf einen Wandertag verzichtet. Aber zum Kuckuck noch mal, muss ich denn funktionieren, um nicht im Stich gelassen zu werden? Sogar über meine Grenze hinaus? Heute geht eindeutig gar nichts und da hätte er doch... Aber er hat nicht...
    Ich brauche eine Weile, bis ich meine Fassung wiederfinde. Wir haben vor Beginn der Reise verabredet, uns gegebenenfalls zu trennen und Etappen ohne den anderen zu laufen. Mit dieser Vereinbarung waren wir beide einverstanden. Tja, und jetzt trifft sie mich auf die übelste Art. Ich fühle mich sehr verlassen. Und das, wo ich sowieso schon so runter bin. Aber bin ich etwa ein Säugling? Natürlich nicht, ich bin erwachsen, zum Kuckuck noch mal, und werde schon für mich sorgen. Soll Pit doch, wenn er meint, laufen, wohin und so weit... und mit wem er will... soll er doch ganz allein... Und ich, ich werde das auch ohne ihn hinkriegen.
    Also packe ich meinen Krempel zusammen und mache mich aufbruchbereit. Bis zum Busbahnhof ist es nicht weit, und ich muss auch nicht lange warten. Der Bus fährt über steile Serpentinen, und ich bin froh, in einem weichen, bequemen Polster zu sitzen. Merkwürdigerweise wird mir trotz der vielen Kurven nicht schlecht, sodass ich sogar Pläne für den Tag schmieden kann. Gijon soll einen wunderschönen Strand haben. Den werde ich heute mal ausgiebig genießen und vielleicht sogar baden. Aber vorher gehe ich zur Touri-Info. Leider bekomme

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