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Und weg bist du (German Edition)

Und weg bist du (German Edition)

Titel: Und weg bist du (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Kae Myers
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hängen und ich kratzte mir den Bauch auf, bevor meine Füße endlich in der Dachrinne landeten, die mich davor bewahrte, in die Tiefe zu stürzen.
    Ein weißer Blitz durchschnitt den Himmel und Donner grollte. Mit brennenden Handflächen klammerte ich mich fest. Wieder drang dieses hysterische Lachen an meine Ohren und ich wusste, dass er mir auf den Fersen war. Fast schon spürte ich, wie er mir sein Messer mit voller Wucht in den Rücken und mitten in mein Herz rammte.
    Wie ein aufgescheuchter Krebs kroch ich seitwärts bis zum Ende des Daches, wo ich mich über die Kante gleiten ließ. Sandiger Wind stach mir in die Augen und verschleierte meinen Blick. Dennoch achtete ich weiter auf die bebenden Schritte meines Verfolgers, während ich versuchte mit meinen in der Luft baumelnden Beinen das dicke Wasserrohr zu erwischen, in das die Regenrinnen mündeten. Als es mir schließlich gelang, verlagerte ich mein Gewicht vorsichtig an das Rohr, genauso wie ich es auch Jahre zuvor schon einmal ausprobiert hatte. Damals war es schon unheimlich gewesen, jetzt war es schlichtweg grausam.
    Sobald ich daran herunterzurutschen begann, löste sich das Rohr aus seinen rostigen Halterungen. Da ich ein bisschen mehr wog als mit zwölf und die Manschetten älter geworden waren, hätte mich das eigentlich nicht überraschen dürfen. Und doch nahm ich es persönlich, dass dieses Wasserrohr mit mir zu Boden fiel. Angst und Wut lieferten sich einen erbitterten Kampf, während sich beim Fallen mein Magen zusammenzog. Zwar verlangsamte das Rohr meinen Sturz, doch nicht genug, um ihn in einer weichen Landung enden zu lassen. Die Hüfte bekam am meisten ab und mir blieb die Luft weg. Für einige schreckliche Sekunden rang ich verzweifelt nach Atem, bevor meine Lungen ihre Tätigkeit wieder aufnahmen, wenn auch zunächst nur leidlich und unter Schmerzen.
    Obwohl mein Körper dagegen protestierte, setzte ich mich auf und blickte zu der Stelle, wo der schwarze Himmel und das graue Dach aufeinandertrafen. Der Junge mit dem Messer war nicht zu sehen, was mir mehr Sorgen machte, als wenn er triumphierend dort oben gestanden hätte. Mühsam rappelte ich mich hoch; meine Knie zitterten vom Schock des Sturzes. Zum Glück hatte ich mir offenbar nichts gebrochen. So schnell ich konnte, hastete ich davon, doch meine Beine fühlten sich an wie Gummi. Ich lief um das Haus herum, vorbei an immergrünen Büschen und unter riesigen Ahornbäumen hindurch, bis ich schließlich in den Vorgarten gelangte. Über den nassen Rasen sprintete ich in Richtung Gehsteig.
    Hinter mir wurde die Eingangstür mit so viel Schwung aufgerissen, dass eine der Scheiben darin zerbarst. Über die Schulter sah ich die Kids nach draußen huschen wie Kakerlaken, die eilig ihr Versteck verließen. Zwei Stufen auf einmal nehmend und über das Geländer der Terrasse springend begannen sie hinter mir herzujagen.

sechs
DIE GASSE
    Ich begann zu rennen. Jede Faser meines Körpers schrie: Weg hier! Die Kids verfolgten mich, und auch wenn ich keine Ahnung hatte, warum sie so feindselig waren, wagte ich es nicht, stehen zu bleiben und sie zu fragen. Zum Glück hatte ich lange Beine und wurde von einem kräftigen Adrenalinschub getragen, so konnte ich meinen Vorsprung halten. Wieder spürte ich diese explosive Mischung aus Angst und Wut. Was wollten sie von mir? Waren sie sauer auf mich, weil ich ihr blödes Lagerfeuer-Sit-in gestört hatte?
    Ich hörte ihre schweren Stiefel hinter mir auf dem Gehweg, aber das war alles. Weder beschimpften sie mich noch forderten sie mich dazu auf, anzuhalten. All das wäre weniger Furcht einflößend gewesen als diese lautlose Verfolgung.
    Hinter der nächsten Ecke sprintete ich über zwei nicht eingezäunte Hinterhöfe. Das Gras quietschte unter meinen Schuhen. Der Wind hatte sich gelegt und die nächtliche Welt lag jetzt starr vor mir wie ein Schwarz-Weiß-Bild aus abstrakten Schatten. Lungen und Beine schmerzten und ich versuchte den brennenden Schrammen auf Gesicht, Bauch und Handflächen keine Beachtung zu schenken. Im Zickzack rannte ich durch die Straßen des Stadtteils, bis ich das Gefühl hatte, keinen Schritt mehr laufen zu können. Doch meine Verfolger, die ich nach wie vor hinter mir hörte, trieben mich weiter an. Stehen zu bleiben wagte ich einfach noch nicht, da mein Instinkt mir sagte, dass sie mir Schmerzen zufügen wollten. Als ich mich umsah, bemerkte ich zwar, dass sie zurückfielen, aber sie gaben nicht auf. Wer war das? Gestörte,

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