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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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sich. »Tut mir leid, ich war . . . der Sonnenuntergang, der Rotwein, da musste so was ja passieren.«
    Was sie nicht wissen konnte: Es traf Tanja wie ein Schock.
    Benommen nickte Tanja, senkte schnell den Blick. Es war nicht nötig, dass Michaela mitbekam, wie enttäuscht sie war. Und es war auch nicht nötig, dass Michaela noch mehr sagte, dachte Tanja betrübt. Sie verstand auch so. Wenigstens benutzte Michaela nicht wieder dieses Wort: Versehen.
    Tanja stand auf. Sie hielt es nicht länger aus, neben Michaela zu sitzen. Bewegung würde auch helfen, der lähmenden Niedergeschlagenheit, die von ihr Besitz ergreifen wollte, entgegenzuwirken. Und eine, der Situation entsprechend, abgeklärte Erwiderung zustandezubringen – hoffentlich. Tanja nahm ihr T-Shirt auf, streifte es über. »Keine Sorge, ich werfe dir nichts vor. Ich weiß sehr gut, dass ich zu dem, was passiert ist, meinen Teil beigetragen habe.«
    »Du meinst . . .?« Michaela folgte Tanja mit den Augen.
    »Ich meine, du musst dir keine Sorgen machen. Alles ist in Ordnung.«
    Michaela nickte. »Gut«, sagte sie. Auch wenn sie es überhaupt nicht gut fand, wie die Sache lief. Tanja betrachtete die Angelegenheit ja sehr . . . erwachsen, um nicht zu sagen kühl.
    Von Tanjas Niedergeschlagenheit ahnte Michaela nichts, fragte sich statt dessen: War für Tanja die Sache damit erledigt? Immerhin . . . Ja? Was war denn immerhin? Sie hatten sich geliebt. Sie hatten beide bekommen, was sie in dem Moment wollten. Du warst im Siebten Himmel. Aber jetzt ist es Zeit, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Tanja war unverkennbar bereits wieder dort angekommen.
    »Hast du Hunger?« fragte Tanja jetzt. Ihre Stimme klang ungezwungen. »Dann solltest du auch duschen gehen. So zerzaust würdest du beim Frühstück zuviel Aufsehen erregen. Dein Image als Chefin wäre schon vor Antritt bis in alle Ewigkeit untergraben.« Sie rauschte ins Bad.
    Dort fiel alle Lässigkeit schlagartig von Tanja ab. Sie setzte sich auf den Toilettendeckel, stützte den Kopf in die Hände, stöhnte unterdrückt. Das Zurschaustellen der Unbeteiligtheit hatte sie ihre letzte Kraft gekostet. Michaelas Geständnis, dass ihre Leidenschaft der letzten Nacht nur dem Wein und der ungewöhnlichen Stimmung zu verdanken sei, schmerzte. Da tröstete es sie auch nicht, dass es besser ausgesprochen war, weil sie so nicht irgendwelche falschen Hoffnungen zu nähren brauchte.
    Seufzend erhob sie sich, stellte die Dusche an. Die würde hoffentlich alle dummen Illusionen wegspülen und sie so weit wiederherstellen, dass sie nachher, frisch und neu, zusammen mit Michaela beim Frühstück den Tag beginnen konnte, ohne sich anmerken zu lassen, wie schlecht sie sich fühlte.
    »Wie sieht dein Tag heute aus?« fragte Michaela, während sie sich etwas Rührei in den Mund schob. Da Tanja nun einmal beschlossen hatte, die Geschehnisse der letzten Nacht mehr oder weniger zu übergehen, tat sie es ihr gleich.
    »Soweit ich mich erinnere, habe ich frei«, erwiderte Tanja. Sie gab sich lässig, aber es kostete sie große Anstrengung, diese Fassade aufrechtzuerhalten. »Du dagegen . . .«
    »Ich dagegen kann mich bei dem schönen Wetter in Gesprächen mit Hinz und Kunz in meinem eigenen Schweiß baden. Ich weiß.« Auch Michaela bemühte sich um einen lockeren Ton.
    »In den Büros gibt es Klimaanlagen«, erinnerte Tanja sie. »Wenn du mich brauchst, ich werde am Pool sein.«
    In der Mittagspause fand Michaela Tanja dann aber nicht am Pool, sondern auf der Terrasse ihres Bungalows, wo sie unter einem Sonnenschirm im Liegestuhl lag. Ihre weiche Haut schimmerte im hellen Licht. Tanja schien zu schlafen.
    Michaela hatte plötzlich das unbezwingbare Verlangen, sie zu küssen. Ohne darüber nachzudenken beugte sie sich zu Tanja hinunter. Ihre Lippen berührten sanft Tanjas Hals.
    Die zuckte zusammen. »Was machst du?« Obwohl es nicht in Tanjas Absicht lag, klang die Frage scharf. Sie war einfach zu überrascht.
    Michaela zog sich sofort zurück. »Entschuldige. Ich . . .«
    Tanja winkte ab. »Schon gut. Wieder so eine Stimmung, nehme ich an. Willst du was trinken? Im Kühlschrank steht Eistee und Bier.«
    Michaela verbarg ihre Unsicherheit unter aufgesetzter Begeisterung. »Oh, herrlich. Ein kühles Bier wäre genau das richtige. Allerdings«, sie seufzte, »habe ich nachher noch einen Termin. Also werde ich mich wohl doch lieber an Eistee halten.« Sie ging in den Bungalow, wo es angenehm kühl und

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