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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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    »Einverstanden«, sagte Tessa. »Ich versuch’s lieber mit dem Impfstoff, als zu testen, was passiert, wenn wir dem Virus ohne ihn ausgesetzt sind.«
    Leo überlegte noch einen Augenblick länger und sagte dann: »Okay. Wir machen’s.«
    »Dann bleiben noch drei Ampullen übrig«, sagte Gav. »Weil ich nichts davon will.«
    »Gav …«, begann ich, doch er gab mir ein Zeichen, nicht weiterzureden.
    »Gebt ihr uns eine Minute?«, fragte er die anderen.
    Dann nahm er meine Hände, während Tessa und Leo sich entfernten, um Tobias dabei zu helfen, den Kocher vorzubereiten. »Kae«, sagte er. »Ich verstehe, warum du das tun willst. Es fühlt sich bloß nicht richtig für mich an. Wenn mir ein Impfstoff, der am Ende vielleicht noch nicht mal wirkt, irgendein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt, dann mache ich womöglich einen Fehler, den ich sonst nicht machen würde. Ich will nicht mit der Vorstellung rumlaufen, mir könnte nichts passieren.«
    »Dann nimm ihn doch einfach und tu so, als würde er nicht wirken«, erwiderte ich. »Wir haben nicht die geringste Ahnung, wie schlimm es in Ottawa ist, Gav.«
    »Ich weiß«, sagte er und schluckte. »Trotzdem – wusstest du eigentlich, dass meine Mom eine der Ersten war, die sich angesteckt haben? Als wir es anfangs in den Nachrichten hörten, sagte sie nur: »In ein paar Tagen kommt irgendwer mit einem Medikament daher, und alles wird gut, das wird es immer.« Sie war so sehr davon überzeugt, dass die Ärzte und Wissenschaftler unsere ganzen Probleme lösen würden, dass sie überhaupt keine Vorsichtsmaßnahmen ergriff; sie hatte einfach null Angst. Und jetzt liegt sie zusammen mit all den anderen, die das Virus getötet hat, irgendwo im alten Steinbruch.«
    »So würdest du dich nie verhalten«, protestierte ich.
    »Nein«, erwiderte er. »Aber den Impfstoff zu nehmen, würde meine Denkweise ändern. Keiner hat völlig unter Kontrolle, was in seinem Kopf vorgeht. Das weißt du.«
    Das tat ich. Und ich wusste auch, wie sehr es ihn verletzen würde, wenn ich sagte, ich ließe ihn nur in den Truck, wenn er den Impfstoff nähme und dass es mir sonst lieber wäre, wenn er auf der Insel bliebe. Es wäre doch nicht fair von mir gewesen, ihm etwas aufzuzwingen, was er so entschieden ablehnte, nur damit ich mich nicht so sehr sorgte, oder? Es war seine Entscheidung. Er machte ohnehin schon so viel mir zuliebe.
    »Aber du musst mega-vorsichtig sein«, sagte ich. »Und nicht den Helden spielen.«
    »Kein Heldengetue«, stimmte er zu. »Wir kommen beide gesund wieder hierher zurück, Kae. Versprochen.«
    Die Entschlossenheit in seinem Blick ließ alles andere um mich herum verblassen. Die Kälte. Den langen Weg, der vor uns lag. Den anderen Jungen, der uns in diesem Moment vielleicht gerade beobachtete. Ich schlang die Hand um seinen Nacken und küsste ihn. Gav erwiderte den Kuss, seine Finger auf meine Wangen gelegt. Und zumindest für diesen Augenblick glaubte auch ich, was er da sagte.

Sieben
    Am ersten Tag unserer Reise ließen wir Wohnhäuser, Lagerhallen und Abfahrten links liegen und hielten nur zweimal in unbewohntem Gebiet an, um unser restliches Benzin in den Tank zu füllen und den Fahrer zu wechseln. Ab und zu erkannte ich in der Ferne etwas, das aussah wie ein rauchender Schornstein, doch das war auch schon das einzige Anzeichen dafür, dass irgendwo noch jemand lebte. Unablässig brausten die Reifen des Trucks über den schneebedeckten Highway.
    Zum ersten Mal wurde mir die Tragweite dessen, was Leo uns über das Festland erzählt hatte, richtig bewusst. Der Rest des Landes hatte unsere Notlage auf der Insel keineswegs einfach herzlos ignoriert. Sie waren nur dermaßen überrumpelt worden, dass sie sich nicht einmal mehr selbst in Sicherheit bringen konnten.
    Am zweiten Vormittag zeigte Tobias auf das Armaturenbrett und sagte: »Wir sollten die nächstmögliche Abfahrt in eine Stadt nehmen. Der Sprit geht uns langsam aus.«
    Seit er am Tag zuvor das Steuer übernommen hatte, klang er ein bisschen vertrauensvoller. Mich quälte das schlechte Gewissen. Um jeglicher Diskussion aus dem Weg zu gehen, war ich heimlich mit Leo und Tessa ins Hafengebäude geschlichen, bevor ich ihnen ihre Impfstoffdosen verabreicht hatte. Etwas derartig Wertvolles wollte ich jemandem, den ich kaum kannte und der uns nur aus Verpflichtung half, nicht so ohne weiteres anbieten. Jemandem, der womöglich einfach das Weite suchte, wenn es brenzlig wurde, so wie er es auf dem

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