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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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ziemlich fette Beute ab.«
    »Dann nehmen wir besser die nächste Ausfahrt«, sagte ich. »In der Innenstadt ist es schwieriger, etwas Abgelegenes zu finden.«
    »Na, dann los«, erwiderte Tobias. Wir verstummten, während er den Truck vom Highway heruntermanövrierte.
    Wir kamen an einer Reihe dunkler Straßenlampen vorbei und krochen eine breite Straße mit Einkaufszentren entlang. Sämtliche Schaufenster waren eingeschlagen, und auf den leeren Parkplätzen schlängelten sich Pfade von Fußspuren durch den Schnee. Tobias schaltete das Fernlicht aus, so dass nur noch das matte Tagfahrlicht und der Mond am Himmel übrig blieben.
    Irgendwo in der Ferne ging ein leiser, aber schriller Ton an und aus. Einen Moment lang dachte ich, es sei eine Sirene, es gäbe vielleicht noch richtige Polizisten hier, doch als wir näher kamen, erkannte ich, dass es sich um das grelle Piepen einer Autoalarmanlage handelte. Ich fragte mich, wie lange sie wohl schon lief. Und wie lange sie noch weiterpiepen würde, bevor die Batterie leer war.
    »Hey!«, rief Justin plötzlich. Ich sah im Augenwinkel eine Bewegung aufblitzen. Als ich den Kopf drehte, schossen zwei Gestalten aus einem der Geschäfte vor uns. Sie verschwanden so schnell im Dunkeln, dass ich geglaubt hätte, sie mir nur eingebildet zu haben, wenn Justin ihnen nicht auch hinterhergestarrt hätte.
    »Die sahen aber nicht besonders freundlich aus«, stellte Tobias fest.
    »Wir sollten lieber ein bisschen Abstand zu ihnen gewinnen, bevor wir anhalten«, sagte Gav mit finsterer Miene.
    Die Häuser glitten wie Gespenster an den Autofenstern vorbei. Ich verschränkte die Arme. Früher war mir die Stadt groß und hektisch vorgekommen, aber auch hell und energiegeladen – lebendig eben, als wäre die ganze Aktivität die Pulsader eines Lebewesens. Ich hatte gewusst, dass es jetzt nicht mehr dasselbe sein würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so verlassen wäre. So tot.
    Wenn die Sonne erst aufginge, würde es bestimmt besser werden. Dunkelheit konnte jeden Ort unheimlich wirken lassen.
    Wir waren ein paar Querstraßen weitergefahren, als irgendwo hinter uns ein Schreien die Luft zerriss. »Nein, nein, nein!«, kreischte die Stimme. »Das dürfen sie nicht, das können sie doch nicht tun!«
    Ich zuckte zusammen. Jemand, der von den heftigen Halluzinationen ergriffen war, die das Virus am Ende hervorrief, nahm ich an.
    »Voll krass«, kommentierte Justin. Dann brach das Kreischen abrupt ab, als hätte irgendwer einen Hebel umgelegt.
    Leo presste seine Schulter an meine, sein Mund nur noch eine blasse Linie. Ich fragte mich, wie sehr die Stadt ihn an New York erinnerte, an das, was er dort alles durchgemacht hatte.
    Ich suchte seine Hand, die er neben dem Knie abgelegt hatte, und verschränkte meine Finger mit seinen. Er seufzte und drückte fest zurück.
    Die Einkaufszentren machten kleineren Geschäften und Bürogebäuden Platz, dahinter lagen die Dächer eines Wohngebiets. »Wie wär’s hier?«, fragte ich, und Tobias nickte und bog in die nächste Seitenstraße ab. Wir kamen an zweigeschossigen Wohnhäusern und Bungalows vorbei und ließen die Hauptstraße weit hinter uns. Schließlich entschieden wir uns für ein freistehendes Haus mit breiter Auffahrt. Tobias fuhr außen herum und parkte hinten auf dem Rasen, so dass der Truck von dem Gebäude verdeckt war.
    »Um die Spur vom Schneepflug zu verstecken, können wir nicht viel tun«, sagte er. »Wir sollten lieber abwechselnd Wache halten, wie immer.«
    Das Schloss an der Hintertür war aufgebrochen worden, aber wir durchsuchten das Haus vom Keller bis zum Dachboden und fanden keinerlei Anzeichen, dass jemand dageblieben wäre. Nach einer hastigen Mahlzeit vom Campingkocher wickelte Leo sich in eine Decke und setzte sich auf den Heizkörper im Wohnzimmer, von wo aus er sowohl die Straße als auch den Truck durch die Fenster im Auge behalten konnte.
    »Weck mich in ein paar Stunden, dann löse ich dich ab«, sagte Tobias und Leo nickte bloß.
    Da wir kein Feuer hatten, stellten wir das Zelt auf, um unsere Körperwärme besser zu halten, krabbelten hinein und igelten uns unter den Schlafsäcken in unsere Decken. Ich zog meine Kapuze auf und kuschelte mich an Gav. Selbst als meine Augen schon zufielen, raste mein Herz noch weiter, ein wildes Trommeln in meiner Brust.
    Wir waren da. Wir hatten es geschafft.
    Die freudige Aufregung hielt an, doch ich konnte das mulmige Gefühl nicht abschütteln, das sich nach und nach

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