Und wieder Carmel
Bei mir lag das
Problem also nicht.“
„Alex hatte doch keine Wahl.“
„Doch, aber Sie haben ganze Arbeit geleistet Grandpa Walker und Ihre Gene haben
Sie auch erfolgreich an Alex weitergegeben.“
„Was soll das denn heißen?“
„Sie hadern so mit Ihrem eigenen Schicksal, dass Sie den Frust und die Trauer
auf Ihren Sohn und Ihre Enkel übertragen. Das ist falsch. Es gibt immer eine
Möglichkeit, doch die haben Sie Alex genommen und ihm eingeredet, wenn ich erst
einmal weg bin, dann war’s das auch. Das ist doch Quatsch.“
„Ist es nicht“, brüllt Großvater Lou und kommt mir gefährlich nahe. Er starrt
mich böse an und schnuppert plötzlich an mir „Sag mal hast du getrunken?“,
fragt er überrascht.
„Ja, gestern, ihre zukünftige Enkelin hatte Junggesellinnenabschied und wir
waren alle total betrunken“, antworte ich ihm ärgerlich. „Und es ist doch
Quatsch.“ Ich stehe auf, rufe nach Alex, der unverzüglich hereinkommt, während
ich aus meiner Tasche einen Brief und einen Umschlag mit Fotos hole und diese
Großvater Lou überreiche. „Lesen Sie den Brief, er ist von Klara Baumann, Sie
kannten sie als Klara Krohn. Sie hatte offensichtlich das gleiche Problem mit
Ihnen, wie ich mit Alex.“
Lou Walker kippt abrupt zurück in seinen Sessel und greift zögernd mit
zittrigen Händen nach dem Umschlag, den ich seit Tagen in der Tasche
herumtrage. Der Name Klara Krohn hat ihn offensichtlich wie ein Blitz
getroffen. Er sieht mich an und schluckt mehrmals. „Woher hast du...“, stottert
er .
„Ich habe recherchiert und sie schließlich in Berlin gefunden. Sie ist
verwitwet, hat zwei Töchter und fünf Enkelkinder. Nach einem Telefonat besuchte
ich sie und wir redeten zwei Tage lang. Sie ist eine wundervolle Frau und die
Fotos von Ihnen beiden sind wirklich beeindruckend. Wieso haben Sie sie gehen
lassen?“
„Sie war so weit weg, ich konnte nicht ...“, stottert er weiter .
„Lesen Sie in Ruhe den Brief, ich brauche dringend ein wenig Schlaf.“ Mit
diesen Worten wende ich mich an Alex: „Können wir los?“
„Wohin?“
„Zurück.“
„Ja, klar.“
13.
Kapitel
Am nächsten Morgen fühle ich mich besser und ich
stehe früh auf, um mich für die Hochzeit fertig zu machen. Duschen, Haare
eindrehen, schminken, Haare trocknen und mein wunderschönes Kleid anziehen.
Schnell tippe ich eine SMS an Claire: Sehe fantastisch aus, Haare sitzen
perfekt, Kleid noch perfekter. Drück mir die Daumen.
Claire: Boa bin ich müde. Weswegen soll ich dir die Daumen drücken?
Ich: Dass ich die Hochzeit überstehe.
Claire: Oh ja, es ist soweit. Na dann good luck und
lass die Finger vom Bruder des Bräutigams.
Ich: Das werde ich, versprochen.
Claire: Ich warte hier auf Neuigkeiten.
Ich stecke das Handy in meine kleine Tasche und gehe die Treppe hinunter.
Victoria Walker läuft aufgeregt den Flur auf und ab, zupft an Pauls Krawatte
herum und schaut anschließend prüfend in den Spiegel.
„Anna!“, ruft sie beeindruckt, als sie mich erblickt. „Du siehst umwerfend
aus.“
„Du auch“, antworte ich geschmeichelt. Paul steht vor mir mit offenem Mund und
sagt dann leise: „Du siehst im Overall schon toll aus, aber in dem Kleid…“
„Danke Paul.“
Victoria umarmt mich und gibt mir das Gefühl, dass sie ihre Aufregung kaum
unter Kontrolle halten kann.
„Paul bringt dich zu Vicky und von dort aus fahrt ihr dann zur Kirche“, erklärt
mir Victoria noch einmal .
„Ja, und dort treffen wir uns alle wieder.“
Wenigen Minuten später stehe ich neben der Braut in ihrem Ankleidezimmer in
Vickys Haus. Beide umarmen mich, Rita-Sue wie auch Vicky. Ich habe große Mühe
beide zu beruhigen, da Vicky schon die erste Champagnerflasche geöffnet hat und
in ihrem rosa Brautjungfernkleid unkontrolliert hin und her läuft, während Rita-Sue hyperventilierend vor dem großen Spiegel steht.
Hecktische Bewegungen vermeidend dirigiere ich die beiden zur Limousine, die
festlich geschmückt vor dem Haus steht. Mit beruhigenden Worten versuche ich,
Rita-Sue die Aufregung während der Fahrt zu nehmen. Vicky halte ich dabei den
Mund zu, weil sie nicht mit dem Kichern aufhört. Als der Wagen hält, öffnet der
Chauffeur die Tür und ich steige als Erste aus. Ich gebe Vicky die Anweisung
auszusteigen und sich neben die Tür zu stellen. Dann sage ich zur Braut:
„Ria-Sue!“, ich hocke mich vor sie hin und nehme ihre Hände in meine. Ich
lächle sie an und rede in sanftem Ton weiter: „Wir sind da. Wenn du
ausgestiegen bist,
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