Und wieder Carmel
werfen wir noch einen letzten Blick auf dein Kleid und dann
gehen wir in die Kirche, ja?“
„Ja“, haucht sie.
„Ok. Das wird ein ganz wundervoller Tag, der wundervollste überhaupt. Felix
wartet dort drinnen auf dich und ihr werdet ab heute auf eine ganz neue Art
miteinander verbunden sein.“
„Ja“, haucht sie wieder. Dann stehe ich auf und sie verlässt den Wagen. Mit
behutsamen Handgriffen rücke ich ihr Kleid und ihren Schleier zurecht, der ihr
Gesicht nun vollständig verhüllt. Ich führe sie in die Kirche und dort übergebe
ich sie ihrem Vater. Dann greife ich nach Vickys Arm und stelle mich mit ihr vor
Vater und Tochter auf. Als die Musik erklingt, andächtig und ergreifend, gehen
wir hinein. Im Gleichschritt, passend zur Musik schreiten wir auf den Altar zu.
Neben dem nervösen Felix steht Alex und starrt mich an. Ich stelle mich auf die
andere Seite und sehe wieder zu Bräutigam und Trauzeuge. Alex mustert mich
weiterhin und mein Herz klopft immer schneller. Als die Braut am Arm ihres
Vaters hereinschwebt, stehen alle Gäste auf. Am Altar angekommen verläuft
alles, wie in der Probe. Der Pfarrer liest aus der Bibel vor und stellt nach
einer gefühlten Ewigkeit die alles entscheidende Frage. Das Brautpaar gibt sich freudestrahlend das Ja-Wort, sie tauschen mit
zittrigen Händen die Ringe und beim Kuss läuft mir vor Rührung und angestauten
Emotionen eine Träne über die Wange.
Ich sehe wieder zu Alex und auch er schaut mir in die Augen. Erinnerungen
werden wach. Erinnerungen an Alex’ Rettungsplan für uns, ein letzter Ausweg,
dass ich in Carmel und somit bei ihm bleiben sollte. Es war vor zwölf Jahren,
etwa einen Monat vor meinem Abreisetag. Alex holte mich abends vom Haus der
Larsons ab. Wir gingen aber nicht wie erwartet zu seinem Wagen, nein, wir
blieben auf der Veranda stehen und er bat mich, mich auf die oberste
Treppenstufe zu setzen. Er holte eine kleine Schmuckdose aus seiner Hosentasche
und kniete sich vor mich hin. Fragend sah ich ihn an. Mein erster Gedanke war: Macht
er mir einen Antrag oder was? Dann öffnete er das samtene Schmuckdöschen
und ein Ring mit einem kleinen funkelnden Stein kam zum Vorschein.
„Liebste Anna“, begann er und nahm meine Hand. „Ich will ehrlich sein. Es ist
aus der Not heraus, denn im Grunde viel zu früh. Aber ich sehe keinen anderen
Ausweg für uns. Und so frage ich dich, willigst du ein, mit mir den Bund der
Ehe einzugehen und so bei mir zu bleiben?“
Mein Herz raste und ich atmete hastig.
„Ja“, antwortete ich schnell. „ja, ja, ja!“
Alex steckte mir den Ring an den Finger, stand auf und küsste mich.
„Ich habe mich informiert, du musst deine Eltern anrufen, sie müssen der Heirat
zustimmen, weil du minderjährig bist. Und sie müssen dies schriftlich machen,
ein Fax reicht auch.“
„Ok, ich ruf gleich nachher an“, ich sprang Alex um den Hals und küsste ihn.
„Was ist hier los?“, fragte Glen, der die Haustür hinter uns geöffnet hatte.
Ich hielt ihm meinen Verlobungsring hin und grinste über das ganze Gesicht .
„Jamie, komm mal bitte!“, rief Glen ins Haus .
„Was ist denn?“, fragte Jamie und trat neben ihren Mann.
Glen zeigte auf meinen Ring. Dann sahen sich die beiden ein paar Sekunden an .
„Kommt ins Haus“, forderte uns Jamie auf und als wir im Wohnzimmer auf der
Couch saßen sagte Glen: „Ihr könnt nicht heiraten.“ Mit nur einem Satz brachte
Glen mein Glück zu Fall .
„Doch Sir, Annas Eltern müssen nur schriftlich ihre Einwilligung geben, dann
können wir heiraten“, erklärte Alex.
„Anna bist du sicher, dass du weißt, was du da tust? Du bist siebzehn Jahre
alt, ihr geht beide noch zur Schule, wozu also dieser große Schritt?“, fragte
Jamie .
„In einem Monat muss ich zurück“, antwortete ich.
In Glens und Jamies Gesichtern war der Schock dem Verständnis gewichen.
„Und denkst du, dass deine Eltern dem zustimmen?“
„Ich hoffe es.“
Spät in der Nacht rief ich bei meinen
Eltern in Hamburg an .
„Hallo Mama.“
„Anna, Kind, ist alles in Ordnung?“
„Ja, ich wollte nur mal anrufen.“
„Hast du schon Sehnsucht nach deinem Zuhause?“
„Ein wenig. Du Mama?“
„Ja?“
„Ich habe dir doch von Alex erzählt?“
„Ja. Seid ihr noch zusammen?“
„Ja, sind wir und wir wollen es auch bleiben.“
„Nun Kind, das würde ich euch wünschen.“
„Das höre ich gern, denn er hat mir einen Antrag gemacht.“
„Einen Antrag? Was für einen Antrag?“
„Einen Heiratsantrag.“
„Du bist
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