Und wieder Carmel
ich mit belegter Stimme. „Irgendwelche Kleiderordnung? Wo genau
gehen wir denn hin?“
„In ein eher vornehmes Restaurant. Dein Kleid von der Hochzeit würde
hervorragend passen.“
„Wirklich, das ist doch aber noch nicht gereinigt ... ich ähm ...“
„Keine Panik Anna, wir finden sicher ein schönes Kleid für dich, wenn du
magst.“
„Ja, ok.“ Freundin, sieben Tage ... Ist das Einzige, was von diesem
Gespräch in meinem Kopf geblieben ist. Und danach? Er denkt nicht einmal
darüber nach, er legt den Schalter bestimmt am Sonntag wieder um, wenn ich weg
bin und ich sitze heulend im Flugzeug.
Alex kniet plötzlich vor mir und sieht mir tief in die Augen: „ Tu’s nicht Anna, denk nicht an nächste Woche.“
„Warum nicht?“
„Du nimmst dir jetzt die schöne Zeit, die wir miteinander haben.“
„Aber wie kann ich die Zeit hier und jetzt genießen, wenn ich weiß, dass ich
nächste Woche allein in Hamburg sitze, ohne dich!“
Seine Augen starren mich an, sein Blick ist ernst und zeigt mir, wie
angestrengt er nachdenkt.
„Was würdest du denn an meiner Stelle jetzt antworten?“
„Oh Mann, wir sind hier nicht in einer Gesprächstherapie, hier geht es um uns.
Sag mir einfach, was du denkst und versuche nicht, mir meine Gedanken
auszureden. Diese Praktiken habe ich zur Genüge im Job, die brauche ich hier
nicht.“
„Aber sie sind ebenso in einer Beziehung einsetzbar.“
„Beziehung?“
„Ja.“
„Beziehung auf Zeit.“
„Richtig.“
„Das ist doch großer Mist.“
„Das finde ich nicht. Das ist ein klares Ziel, etwas, was man planen kann,
selbst wenn man weiß, dass das Ende alles andere als einfach wird.“
„Kalkulierbar? Hörst du dir eigentlich selbst zu? Du sprichst hier von
Gefühlen, die sind nicht kalkulierbar. Sie sind entweder unfassbar schön oder
zum Sterben schmerzhaft.“ Wütend stehe ich auf und räume aufgeregt meinen
Teller und meine Tasse in den Geschirrspüler.
„Das ist nun einmal meine Art mit den Dingen umzugehen. Ich will auf keinen
Fall wieder dastehen, ohne zu wissen, was auf mich zukommt. Ich weiß, dass es
mir am Ende der Woche das Herz zerreißt.“
„Und im Gegensatz zu dir will ich das nicht akzeptieren. Ich will diesen
Schmerz nicht.“
„Nein, du willst ihn jetzt schon.“ Alex war zeitgleich mit mir aufgestanden und
verlässt jetzt den Raum. Ich bleibe am Geschirrspüler stehen und kann meine
Tränen nicht mehr halten. Wut und Machtlosigkeit steuern mich in Richtung
Gästezimmer. Ich packe meine Tasche und werfe im Badezimmer alle meine Sachen
in die Waschtasche. Das Telefon klingelt, Alex schließt die Tür seines
Arbeitszimmers und nimmt das Gespräch offensichtlich an. Seine
Geheimniskrämerei in der jetzigen Situation steigert meine Wut noch.
Mit Wucht werfe ich meine Waschtasche in meinen Koffer, rolle die A&F
Tasche zusammen und versuche, den Koffer gewaltsam zu schließen.
„Für dich“, höre ich Alex hinter mir.
„Wer kann das schon sein?“, fauche ich und wische mir die Tränen aus dem
Gesicht.
„Meine Mom“, antwortet Alex traurig, als er meinen Koffer sieht.
Ich nehme den Hörer in die Hand, schlucke einmal und sage dann mit gewollt
fester Stimme: „Hallo Victoria.“
„Hi Schätzchen. Wie geht es dir?“
„Gut", lüge ich .
„Das hört sich aber nicht so an. Habt ihr Streit?“
Ich stehe mit einem Bein auf dem Boden, mit dem anderen Knie auf meinem Koffer
und sehe Alex an. Sein ernster Blick provoziert mich. „Ja, so kann man es
nennen. Wir werden uns einfach nicht einig.“
„Er liebt dich Anna, vergiss das bitte nicht“, beteuert Victoria am anderen
Ende .
„Das bezweifle ich, Victoria, es tut mir leid, aber du irrst dich.“
„Nein, das tue ich nicht, er kann nur nicht aus seiner Haut. Er ist wie sein
Großvater, er ist störrisch und unnachgiebig. Aber wenn er liebt, dann
aufrichtig.“
„Aber er stellt Bedingungen auf, die ich nicht akzeptieren kann.“
„Versuch es doch. Glaub mir, wenn Du seine Bedingungen im ersten Schritt
akzeptierst, ist er im nächsten Schritt bereit, deine zu akzeptieren.“
Das heißt, am Ende der Woche sagt er dann, dass ich bleiben soll? Kann ich
so lange warten, halte ich das aus? Ich starre ihn mit verheulten Augen an
und sage dann zu Victoria. „Ok, ich versuch’s .“
„Sehr gut Schätzchen, dann beruhige dich und trink noch einen Kaffee. Tu nichts
Unüberlegtes, wie Koffer packen und abreisen, hörst du?“
„Nein, mach ich nicht“, antworte ich und nehme augenblicklich das Knie
Weitere Kostenlose Bücher