Undank Ist Der Väter Lohn.
zurück?«
»Wenn ja, dann weiß man jedenfalls an der Uni nichts davon.«
»Hm. Das ist schon merkwürdig.« Während Barbara über das widersprüchliche Verhalten Nicola Maidens nachdachte, nahm sie sich eine Zigarette. »Stört es Sie, wenn ich rauche, Winnie?«
»Allerdings.«
Seufzend gab sie sich mit einem Streifen Kaugummi zufrieden, den sie noch in ihrer Umhängetasche aufstöberte. Nachdem sie die alte Kinokarte abgerissen hatte, die daran festgeklebt war, schob sie den Kaugummi in den Mund. »Gut. Was wissen wir noch?«
»Sie hatte ihre Wohnung aufgegeben.«
»Na und?«
»Für immer, meine ich, genau wie sie das Studium aufgegeben hatte.«
»Okay. Aber weltbewegend ist diese Neuigkeit nicht gerade.«
»Dann warten Sie mal.« Nkata griff in seine Hosentasche und zog ein weiteres Fruchtbonbon heraus. Er packte es aus und schob es in seine Backentasche. »An der Uni hatten sie ihre Adresse – die alte, meine ich –, und da bin ich hingefahren und hab mich mal mit der Wirtin unterhalten. Die Wohnung war in Islington. Ein Einzimmer-Apartment.«
»Und?« ermunterte ihn Barbara.
»Sie ist genau zu der Zeit umgezogen, als sie ihr Studium aufgegeben hat. Das war am zehnten Mai. Knall auf Fall. Hat einfach ihre Sachen gepackt, eine Nachsendeadresse in Fulham hinterlassen und ist verschwunden. Die Hauswirtin war ziemlich sauer. Übrigens auch über die Riesenauseinandersetzung.« Nkata lächelte, als er Barbara diese letzte Information lieferte.
Barbara drohte ihm lachend mit dem Finger und sagte: »Sie Ratte! Los, erzählen Sie mir den Rest, Winston.«
Nkata lachte ebenfalls. »Sie hatte Krach mit irgendeinem Kerl. Die beiden haben sich angekeift wie die Iren bei den Friedensgesprächen, sagt die Hauswirtin. Das war am neunten Mai.«
»Am Tag vor ihrem Umzug?« »Richtig.«
»Handgreiflichkeiten?«
»Nein, bloß Gebrüll und böse Worte.«
»Was für uns dabei?«
»Der Kerl soll gesagt haben, ›Das laß ich nicht zu. Bevor ich dich das tun lasse, bring ich dich um‹.«
»Na, das nenne ich doch einen saftigen Happen. Darf ich hoffen, daß wir auch eine Beschreibung des Mannes haben?« Nkatas Gesichtsausdruck war Antwort genug. »Mist!«
»Es ist immerhin etwas.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Barbara überlegte. »Wenn sie gleich nach dieser Drohung umgezogen ist«, sagte sie dann, »wieso kam es dann erst soviel später zu dem Mord?«
»Wenn sie nach Fulham gezogen und dann verreist ist, wird er sie erst ausfindig gemacht haben müssen«, meinte Nkata. Dann sagte er: »Was haben Sie denn für Neuigkeiten?«
Barbara berichtete ihm von ihren Gesprächen mit Mrs. Baden und Cilla Thompson. Sie wies insbesondere auf Terrys zweifelhafte Einkommensquelle hin und auf die gegensätzlichen Beschreibungen, die seine Wohngenossin und seine Hauswirtin von ihm gegeben hatte. »Cilla Thompson behauptet, daß er nie etwas verkauft habe und daß auch gar keine Aussicht bestand, daß er je was verkaufen würde. Ich muß sagen, da bin ich ihrer Meinung. Die Frage ist dann allerdings, womit er seinen Lebensunterhalt verdient hat.«
Nkata dachte eine Weile über das Gehörte nach, schob dabei sein Bonbon von einer Backentasche in die andere und sagte schließlich: »Rufen wir den Chef an.« Er ging zu Lynleys Schreibtisch und tippte aus dem Gedächtnis eine Nummer ein. Schon einen Augenblick später meldete sich Lynley über sein Handy. Nkata sagte: »Augenblick noch«, und drückte auf einen Knopf am Telefon. Über den Lautsprecher konnte Barbara Lynleys angenehmen Bariton hören.
»Also, was haben wir bis jetzt, Winnie?«
Genau das gleiche, was er zu ihr gesagt hätte. Sie stand auf und schlenderte zum Fenster. Zu sehen gab es da natürlich gar nichts außer dem Tower Block. Es war nur Beschäftigungstherapie.
Nkata klärte Lynley mit knappen Worten über den Stand der Dinge auf, berichtete von Nicola Maidens abruptem Abgang von der Universität, von ihrer Anstellung bei der Firma MKR Financial Management, ihrem überstürzten Umzug, dem Streit, der dem Umzug vorausgegangen war, und der Drohung, die die Hauswirtin gehört hatte.
»Es gibt da in London anscheinend einen Liebhaber«, berichtete Lynley seinerseits. »Das haben wir von Upman. Aber kein Mensch hat auch nur ein Wort davon gesagt, daß sie ihr Studium aufgegeben hatte.«
»Warum sollte sie das geheimgehalten haben?«
»Wegen des Liebhabers vielleicht.« Barbara merkte an Lynleys Ton, daß er überlegte. »Wegen irgendwelcher Pläne, die
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