Undank Ist Der Väter Lohn.
niemandem beherrschen lassen. Sie sagte bei unserem ersten Gespräch mit dir ganz klar, daß sie das nicht duldet, das weiß ich noch. ›Ich unterwerfe mich nicht‹, das waren genau ihre Worte. Das hab ich nur einmal versucht, und ich fand es ekelhaft. Und danach hat sie sich entschuldigt, weil sie fürchtete, sie könnte dich beleidigt haben. Ich habe das noch ganz genau in Erinnerung, du nicht auch, Lieber?«
»Ich glaube nicht, daß sie während einer Sitzung ermordet wurde«, erklärte Beattie seiner Frau. »Soweit ich gehört habe, ist es in Derbyshire geschehen, und sie jobbte dort doch den Sommer über bei diesem Anwalt.«
»Und in ihrer Freizeit hat sie nicht ...?« »Nein, nur in London, soviel ich weiß.« »Ich verstehe.«
Lynley hatte ein Gefühl, als ob er soeben durch den Spiegel getreten wäre. Er warf einen Blick auf Nkata und erkannte an seiner völlig verdatterten Miene, daß dieser ebenso empfand. Er sagte:
»Vielleicht wären Sie, Sir Adrian oder Lady Beattie, so freundlich, uns in die Vereinbarung mit Nicola Maiden einzuweihen. Damit wir wissen, womit wir es eigentlich zu tun haben.«
»Aber selbstverständlich.« Lady Beattie und ihr Mann zeigten sich mit dem größten Vergnügen zu einem anschaulichen Vortrag über Sir Adrians sexuelle Neigungen bereit. Lady Beattie ließ sich mit anmutiger Würde auf einem Sofa beim offenen Kamin nieder, und die Männer kehrten an ihre ursprünglichen Plätze zurück. Und während ihr Mann die Art seiner Beziehung zu Nicola Maiden erläuterte, steuerte sie solche Details bei, die er vergaß.
Er hatte Nicola Maiden Anfang November des vergangenen Jahres kennengelernt, etwa neun Monate nachdem Chloes Arthritis in Fingern und Händen so schmerzhaft geworden war, daß sie die Züchtigungsrituale, an denen sie beide im Laufe ihrer Ehe Gefallen gefunden hatten, nicht mehr ausführen konnte.
»Anfangs sagten wir uns einfach, es würde auch ohne gehen«, berichtete Sir Adrian. »Ohne den Schmerz, meine ich. Nicht den Sex als solchen. Wir glaubten, wir würden schon damit umgehen und es beim Konventionellen belassen können. Aber es dauerte nicht lange, da mußten wir einsehen, daß meine Bedürfnisse ...«
Er hielt inne, als suchte er nach einer Möglichkeit, ihnen die Sache in gekürzter Form zu erklären, ohne sie erst durch das Labyrinth seiner Psyche führen zu müssen. »Es ist etwas, das ich brauche, verstehen Sie. Ich ganz persönlich. Das müssen Sie verstehen, wenn Sie überhaupt etwas verstehen wollen.«
»Fahren Sie fort«, sagte Lynley und warf Nkata einen kurzen Blick zu. Der schrieb eifrig mit, aber seine Miene verriet, was er dachte: Du lieber Himmel, was würde meine Mama wohl sagen, wenn sie das erführe.
In der Erkenntnis, daß Sir Adrians besondere Bedürfnisse befriedigt werden mußten, wenn ihre sexuelle Beziehung nicht leiden sollte, hatten die Beatties nach einer jungen, gesunden, kräftigen und – was am wichtigsten war – absolut diskreten Person Ausschau gehalten, die ihm geben konnte, was er brauchte.
»Nicola Maiden«, sagte Lynley.
»Diskretion war – ist – von entscheidender Bedeutung«, erklärte Sir Adrian. »Für einen Mann in meiner Position.« Ganz klar, daß er sich eine geeignete Domina nicht einfach anhand einer Annonce in einschlägigen Magazinen aussuchen konnte. Und ebensowenig konnte er Freunde oder Kollegen um eine Empfehlung bitten. Einen SM-Klub aufzusuchen – oder eines der anderen Sex-Lokale in Soho, in der Hoffnung, dort eine mögliche Kandidatin aufzustöbern – kam auch nicht in Frage, weil dort die Gefahr bestand, gesehen und erkannt zu werden, und das genau jene Art der Verunglimpfung in der Presse zur Folge gehabt hätte, die seinen Kindern und ihren Familien das Leben zur Hölle gemacht hätte.
»Und Chloe natürlich auch«, fügte Sir Adrian hinzu. »Sie selbst wußte zwar über mich Bescheid – hat immer Bescheid gewußt – aber ihre Freunde und Verwandten haben keine Ahnung. Und ich denke, es ist ihr lieber, wenn es so bleibt.«
»Danke dir, Darling«, sagte Chloe.
Sir Adrian hatte sich also an eine Hostessenagentur gewandt – Global Escorts, um genau zu sein – und hatte durch diese Agentur schließlich Nicola Maiden kennengelernt. Ihrem ersten Gespräch – bei Tee und Gebäck und angenehmer Konversation – war ein zweites gefolgt, das mit einer festen Vereinbarung geendet hatte.
»Und was enthielt diese Vereinbarung?« erkundigte sich Lynley.
»Nun, wann ihre Dienste benötigt
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