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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sich von Mal zu Mal eine immer größere Distanz zwischen ihnen entwickelte. Er hatte den Verdacht gehabt, daß ein anderer Mann dahintersteckte, und er hatte das schlimmste von ihr selbst erfahren wollen.
    Er lachte leise und bitter, als er jetzt daran zurückdachte an diese Reise nach London. Er hatte Nikki nie direkt gefragt, ob es einen anderen gab, weil er es im Grunde gar nicht hatte wissen wollen. Er hatte sich davon beschwichtigen lassen, daß er sie bei seinen Überraschungsbesuchen nicht in flagranti mit einem anderen ertappt hatte und eine heimliche Inspektion des Badezimmerschranks, des Apothekerschränkchens und ihrer Kommode nichts zutage gefördert hatte, was nahegelegt hätte, daß mehr oder weniger häufig ein Mann bei ihr übernachtete. Außerdem hatte sie mit ihm, Julian, geschlafen. Und hoffnungsloser Trottel, der er damals gewesen war, hatte er tatsächlich geglaubt, das hätte etwas zu bedeuten.
    Jetzt wußte er, daß es für sie bloß Teil ihrer täglichen Arbeit gewesen war. Jener Arbeit, mit der sie sich ihr Geld verdient hatte.
    »Mit den Bullen ist alles klar, Julie, mein Junge.«
    Julian fuhr herum. Sein Vater war ins Arbeitszimmer gekommen. Er hatte offenbar genug von dem kriegerischen Schauspiel im Regen und der Gesellschaft der Zuschauer. Über seinem Arm hing ein tropfender Regenschirm, in der einen Hand hielt er zusammengeklappt seinen dreibeinigen Hocker, in der anderen eine Thermosflasche. Das Fernrohr seines Großonkels ragte aus der Brusttasche des Jacketts.
    Jeremy lächelte, offensichtlich hochzufrieden mit sich selbst. »Ich hab dir ein Alibi verschafft, Junge. Eisenhart.«
Julian starrte ihn an. »Was hast du denn gesagt?«
    »Ich hab dem Bullen erzählt, ich wär am Dienstag abend bei dir und den Hunden gewesen. Ich hätt gesehen, wie sie rausflutschten und du sie aufgefangen hast, hab ich gesagt.«
    »Aber, Dad, ich habe nie behauptet, du wärst dabeigewesen! Ich habe kein Wort davon gesagt ...« Julian seufzte. Er begann, die Bücher zu ordnen und chronologisch zu stapeln. »Sie werden sich bestimmt wundern, weshalb ich nichts von deiner Anwesenheit erwähnt habe. Das ist dir doch wohl klar? Sag schon, Dad.«
    Jeremy tippte sich mit zitterndem Finger an die Schläfe. »Das hab ich schon im voraus bedacht, mein Junge. Ich hab gesagt, ich hätte dich nicht stören wollen. Ich hätte gesehen, wie beschäftigt du als Hebamme warst, und hätte dich nicht aus deiner Konzentration rausreißen wollen. Ich hab gesagt, ich wär zu dir gegangen, weil ich mit dir über eine Entziehungskur reden und dir die Dinger hier zeigen wollte.« Wieder zog Jeremy die Broschüren aus der Tasche. »Genial, nicht? Ich hatte sie dir ja schon gezeigt, verstehst du? Da konntest du ihm alles darüber sagen, als er dich gefragt hat, richtig?«
    »Er hat mich überhaupt nicht nach dem Dienstag abend gefragt. Er wollte wissen, wann ich das letzte Mal in London war. Da wird er sich jetzt erst recht wundern, warum du mir unbedingt ein Alibi verschaffen wolltest, obwohl er überhaupt nicht danach gefragt hatte.« Trotz seines Ärgers wurde Julian plötzlich bewußt, was diese Einmischung seines Vaters eigentlich bedeutete. Er sagte: »Warum hast du mir überhaupt ein Alibi gegeben, Dad? Du weißt doch, daß ich keines brauche. Ich war wirklich bei den Hunden. Es ist ja wahr, daß Cassie geworfen hat. Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dem Mann das zu erzählen?«
    »Deine Cousine hat mich darauf gebracht.«
    »Sam? Warum?«
    »Sie behauptet, die Bullen hätten dich ziemlich schräg angesehen, und das gefällt ihr nicht. ›Als würde Julian auch nur einer Fliege was zuleide tun, Onkel Jeremy‹, hat sie gesagt. Sie ist richtig empört, Julie. Gute Frau. Solche Loyalität ... das ist schon was Besonderes.«
    »Ich brauche Sams Loyalität nicht. Und auch nicht deine Hilfe. Ich habe Nicola nicht getötet.«
    Jeremys Blick schweifte von seinem Sohn zum Schreibtisch.
    »Das hat ja auch niemand behauptet.«
    »Aber wenn du meinst, du müßtest die Polizei belügen, kann das doch nur bedeuten ... Dad, glaubst du, ich hätte sie getötet? Glaubst du im Ernst ... großer Gott!«
    »Komm, jetzt reg dich nicht auf. Du bist schon ganz rot im Gesicht, und ich weiß, was das heißt. Ich hab doch überhaupt nichts gesagt. Ich glaube gar nichts. Ich möchte nur ein paar Stolpersteine aus dem Weg räumen. Wir müssen das Leben nicht so nehmen, wie es kommt, Julie. Wir können unser Schicksal selbst in die Hand

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