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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Derbyshire mitnehmen. Erst später, als er sich in ihrem ordentlichen kleinen Apartment umgesehen und sie gefragt hatte, was er denn nun in den Land Rover laden solle, hatte sie ihm reinen Wein eingeschenkt.
    Sie begann mit den Worten: »Ich hab mir das mit dem Sommerjob bei Will doch wieder anders überlegt. Und über das Jurastudium hab ich auch noch mal nachgedacht. Deswegen wollte ich dich sehen, Dad. Aber –« Mit einem Lächeln, und sie war wirklich hinreißend, wenn sie lächelte, fügte sie hinzu: »Unser gemeinsamer Tag war natürlich herrlich. Ich war vorher noch nie im Planetarium.«
    Sie machte Tee und Sandwiches, und als sie am Tisch saßen, sagte sie: »Bist du eigentlich auch mal mit der Sado-Maso- Szene in Berührung gekommen, als du als Undercoveragent gearbeitet hast, Dad?«
    Anfangs hatte er geglaubt, sie machten höfliche Konversation: liebevolle Tochter animiert alternden Vater, in der Kiste seiner Erinnerungen zu kramen. Er habe mit dieser Szene nicht viel zu tun gehabt, antwortete er ihr. Das war in die Zuständigkeit einer anderen Abteilung von New Scotland Yard gefallen. Sicher, er war ein paarmal in einschlägigen Clubs und Läden gewesen, und einmal auf einer Party, wo so ein idiotischer Kerl, der sich als Schulmädchen herausstaffiert hatte, an einem Kreuz ausgepeitscht worden war. Aber das war auch schon alles gewesen. Gott sei Dank, sagte er, denn er habe nie das Bedürfnis gehabt, mit solchem Schmutz in nähere Berührung zu kommen.
    »Es ist doch nur ein Lebensstil, Dad«, entgegnete Nicola, nahm sich ein Schinkenbrötchen und kaute nachdenklich. »Es wundert mich eigentlich, daß du das nach allem, was du erlebt hast, so verurteilst.«
    »Es ist eine Maske für eine Krankheit«, widersprach er seiner Tochter. »Diese Leute haben Probleme, denen sie sich nicht stellen wollen, weil sie Angst haben. Perversion scheint ihnen die Antwort zu sein, obwohl sie in Wirklichkeit nur ein Teil dessen ist, woran sie leiden.«
    »Das denkst du«, wies Nicola ihn vorsichtig zurecht. »Die Realität könnte aber doch etwas anders aussehen, meinst du nicht? Was für dich eine Abartigkeit ist, könnte für jemand anderen vielleicht völlig normal sein. In seinen Augen könntest sogar du der Abartige sein.«
    Das sei sicher möglich, räumte er ein. Aber wäre es denn nicht so, daß das als normal gelte, woran sich die meisten Menschen orientierten?
    »Das würde heißen, daß Kannibalismus unter Kannibalen normal ist, Dad.«
    »Ja, sicher, unter Kannibalen.«
»Und wenn nun eine Gruppe unter den Kannibalen beschließt, kein Menschenfleisch mehr zu essen, ist sie dann anormal? Oder kann man sagen, daß sich bei diesen Leuten der Geschmack verändert hat? Und wenn jemand aus unserer Gesellschaft unter die Kannibalen geht und plötzlich feststellt, daß er an Menschenfleisch Geschmack findet, ist er dann anormal? Und für wen ist er anormal?«
    Darüber hatte Andy gelächelt und gesagt: »Du wirst mal eine hervorragende Anwältin.«
    Und diese Bemerkung hatte sie beide geradewegs in die Hölle geführt.
    »Was das angeht, Dad«, hatte sie begonnen, »was die Juristerei angeht ...«
    Zuerst hatte sie ihm ihren Entschluß mitgeteilt, nicht bei Will Upman zu arbeiten, sondern den Sommer über in London zu bleiben. Er hatte anfänglich geglaubt, sie meinte damit, daß sie für den Sommer eine Praktikumsstelle bei einer Kanzlei in London gefunden habe, die ihr mehr zusagte. Vielleicht, dachte er hoffnungsvoll, ist sie bei einem der Inns of Court angekommen. Eine derartige Karriere war zwar nicht das, was er sich für sie erträumte, aber er war sich der Auszeichnung bewußt, die eine solche Position bedeutete.
    »Das enttäuscht mich natürlich«, sagte er. »Und deine Mutter wird sicher auch enttäuscht sein. Aber wir haben Will immer nur als eine Möglichkeit für den Fall gesehen, daß sich nichts Besseres ergeben sollte. Und was hat sich denn nun ergeben?«
    Sie sagte es ihm. Anfänglich glaubte er, sie scherze, obwohl Nicola nie jemand gewesen war, der Sinn für Scherze gehabt hatte, wenn es um etwas ging, das sie haben oder tun wollte. Tatsächlich hatte sie ihre Absichten stets so klar und präzise ausgedrückt wie an jenem Tag in Islington: Das ist der Plan, das ist der Grund dafür, das ist das Ergebnis, das ich erreichen will.
    »Ich fand, du solltest Bescheid wissen«, schloß sie. »Du hast ein Recht darauf, schließlich hast du mein Jurastudium bezahlt.
    Und das werde ich dir übrigens alles

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