Undank Ist Der Väter Lohn.
zulasse, daß du das tust!«
Erst später, als er Zeit hatte, Nicolas Denkweise nachzuvollziehen, erkannte er, daß es einen anderen Weg gab, seine Tochter von ihrem Vorhaben abzubringen. Seine Hoffnung galt Will Upman und der Möglichkeit, daß er Nicola umgarnen würde, wie er seinem Ruf zufolge so viele andere Frauen umgarnte. Und so hatte er Nicola zwei Tage nach seinem Besuch in London angerufen und ihr sein Angebot gemacht. Und als sie begriffen hatte, daß sie in Derbyshire mehr Geld verdienen konnte als in London, hatte sie angenommen.
Damit habe ich mir erst einmal Zeit erkauft, hatte er gedacht. Und sie verloren kein Wort mehr über das, was an jenem Tag in Islington zwischen ihnen vorgefallen war.
Um Nancys willen bemühte sich Andy den ganzen Sommer über, die Illusion aufrechtzuerhalten, daß am Ende doch noch alles gut werden würde. Er wäre sogar bereit gewesen, bis an sein Lebensende so zu tun, als hätte es jenen Tag in Islington nie gegeben, wenn Nicola sich entschieden hätte, im Herbst ihr Studium wiederaufzunehmen.
»Erzähl bloß deiner Mutter nichts von dieser Geschichte«, hatte er zu seiner Tochter gesagt, als er mit ihr gesprochen hatte.
»Aber Dad, Mama –«
»Nein! Verdammt noch mal, Nick, keine Widerrede. Ich möchte dein Wort darauf, daß du absolut den Mund hältst, wenn du nach Hause kommst. Ist das klar? Wenn deine Mutter auch nur ein Wörtchen von alledem erfährt, bekommst du von mir keinen Penny, verlaß dich darauf. Also, gib mir dein Wort.«
Das hatte Nicola getan. Das war das einzig Tröstliche an dieser grauenvollen Geschichte, daß es Nancy erspart geblieben war zu erfahren, was für ein Leben ihre Tochter geführt hatte.
Jetzt aber drohte seine Frau ihrer Ahnungslosigkeit beraubt zu werden, womit ein weiterer Teil seines Lebens zerstört werden würde. Er hatte seine Tochter an Schmutz und Schande verloren. Er war nicht willens, auch noch seine Frau an den Schmerz und den Kummer zu verlieren, die es ihr bereiten würde, das zu erfahren.
Er sah, daß es nur eine Möglichkeit gab, das Rad der Zerstörung anzuhalten, das Nicolas Tod ins Rollen gebracht hatte. Er wußte, daß er die Macht hatte, es anzuhalten. Er konnte nur beten, daß er im letzten Moment auch die Kraft dazu haben würde.
Was spielte es schon für eine Rolle, daß es noch ein Leben kosten würde? Männer waren schon für Geringeres gestorben. Und Frauen auch.
Bis zum Montag vormittag hatte Barbara Havers ihre Kenntnisse über den Bogensport beträchtlich vertieft. In Zukunft würde sie mühelos über die Vorzüge einer Mylarbefiederung oder die Unterschiede zwischen einfachem Sportbogen, Langbogen und Verbundbogen plaudern können. Aber was ihr eifriges Bestreben anging, Matthew King-Ryder die Wilhelm- Tell-Medaille ans Jackett zu heften ... in dieser Hinsicht hatte sie leider nicht die geringsten Fortschritte gemacht.
Sie hatte Jason Harleys Liste durchgearbeitet. Sie hatte sogar jeden auf der Liste, der in London wohnhaft war, angerufen, um festzustellen, ob King-Ryder vielleicht ein Pseudonym benutzte.. Aber nach drei Stunden war sie noch immer keinen Schritt weitergekommen, und das Studium des Katalogs – das lediglich ihren Bestand an unnützem Wissen vergrößert hatte, mit dem man sich eventuell bei langweiligen Cocktailpartys hervortun konnte – hatte ihr ebenfalls nichts gebracht. Deshalb war Barbara, als ihr Telefon klingelte und Helen Lynley sich meldete, um zu fragen, ob sie nach Belgravia kommen könne, nur allzugern dazu bereit. Helen war absolut gewissenhaft in der Einhaltung ihrer Mahlzeiten, es ging auf die Mittagszeit zu, und Barbaras Kühlschrank war leer bis auf einen Rest Lammragout. Diese Abwechslung kam wie gerufen.
Keine Stunde später traf sie in Eaton Terrace ein. Helen selbst öffnete ihr, perfekt gekleidet wie immer. Sie trug eine elegante beigefarbene Hose mit dunkelgrüner Bluse, und bei ihrem Anblick kam Barbara sich vor wie ein als Pennerin verkleideter Fleischklops. Da sie sich für den Tag krank gemeldet hatte, hatte sie sich noch nachlässiger angezogen als sonst. Sie trug ein voluminöses graues T-Shirt über schwarzen Leggings, und ihre Füße steckten strumpflos in den roten Baseballstiefeln.
»Beachten Sie mich nicht weiter. Ich reise inkognito«, sagte sie zu Lynleys Frau.
Helen lächelte. »Danke, daß Sie so rasch gekommen sind. Ich wäre ja zu Ihnen gekommen, aber ich dachte, es wäre Ihnen wahrscheinlich ganz recht, in dieser Gegend zu sein, wenn wir
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