Undank Ist Der Väter Lohn.
verständlichen Akt einer Frau, die unter großem Druck gestanden hatte und zugleich völlig im Recht gewesen war.
St. James sagte sogar: »Letztendlich wird Tommy das ganz sicher genauso sehen wie Sie, Barbara. Aber im Moment ist das natürlich alles sehr hart für Sie.« Und die beiden Frauen stimmten ihm zu.
Das Gespräch hätte Barbara eigentlich guttun müssen. Schließlich war sie ja deswegen hergekommen, um ein wenig Verständnis und Mitgefühl zu erfahren. Aber eben dieses Verständnis verstärkte nur noch ihren Kummer und das bittere Gefühl, verraten worden zu sein. Sie sagte: »Im Grunde läuft es wahrscheinlich einfach darauf hinaus, daß der Inspector einen Mitarbeiter haben will, auf den er sich bedingungslos verlassen kann.«
Und ungeachtet der Proteste von Lynleys Frau und Lynleys Freunden wußte Barbara, daß sie derzeit nicht diese Person war.
4
Julian Britton konnte sich genau vorstellen, was seine Cousine am anderen Ende der Telefonleitung tat. Die rhythmischen Hackgeräusche, die ihre Worte akzentuierten, verrieten ihm, daß sie sich in der alten, schlecht beleuchteten Küche von Broughton Manor befand und irgendwelche Kräuter zerkleinerte, die sie in einem der verwilderten Gärten zog.
»Ich habe nicht gesagt, daß ich dir nicht helfen würde, Julian.«
Samanthas Bemerkung wurde von einem Hackgeräusch begleitet, das noch nachdrücklicher klang als die vorherigen. »Ich habe bloß gefragt, was eigentlich los ist. Das wird ja wohl noch erlaubt sein, oder?«
Er wollte nicht darauf antworten. Er wollte ihr nicht sagen, was los war: Samantha hatte schließlich nie ein Hehl aus ihrer Abneigung gegen Nicola Maiden gemacht. Im übrigen gab es sowieso kaum etwas zu berichten. Bis die Polizei in Buxton sich endlich zu der Erkenntnis durchgerungen hatte, daß es vielleicht angebracht wäre, das Präsidium in Ripley zu informieren; bis man aus Ripley zwei Streifenwagen losgeschickt hatte, um den Ort zu inspizieren, wo Nicolas Saab und ein altes Motorrad, eine BMW, standen, und bis schließlich Ripley und Buxton gemeinsam zu der naheliegenden Schlußfolgerung gelangt waren, daß dies ein Fall für die Bergrettung war, hatte schon eine alte Frau völlig abgehetzt in dem kleinen Dorf Peak Forest an die nächstbeste Tür getrommelt und von einer Leiche erzählt, auf die sie im Steinkreis von Nine Sisters Henge gestoßen war. Die Polizei war sofort losgefahren, während die Leute von der Bergrettung am vereinbarten Treffpunkt auf weitere Anweisungen gewartet hatten. Und diese Anweisungen hatten, als sie schließlich erfolgt waren, nichts Gutes ahnen lassen: Die Bergrettung würde nicht mehr benötigt.
Dies alles wußte Julian, da er sich als Mitglied des Bergrettungsdiensts nach dem Anruf unverzüglich zum Treffpunkt der Suchmannschaft begeben hatte. Er war im Kreis der anderen freiwilligen Helfer damit beschäftigt gewesen, seine Ausrüstung zu überprüfen, als das Handy geklingelt hatte, woraufhin die Überprüfung der Ausrüstung zunächst gestoppt worden war, um wenig später gänzlich abgebrochen zu werden. Der Teamführer hatte sogleich weitergegeben, was man ihm berichtet hatte – die Geschichte von der alten Frau und der Leiche in Nine Sisters Henge.
Julian war daraufhin sofort nach Maiden Hall gefahren, um Andy und Nan Bescheid zu geben, ehe sie die Nachricht von der Polizei erfahren mußten. Er hatte vorgehabt zu sagen, es sei schließlich nur eine unbekannte Leiche; nichts weise darauf hin, daß es sich um Nicola handeln könnte.
Aber bei seiner Ankunft stand schon ein Streifenwagen vor dem Haus, und als er hineinrannte, sah er Andy und Nan zusammen mit einem uniformierten Polizeibeamten in einer Ecke des Salons, wo regenbogenbuntes Licht durch die rautenförmigen Scheiben eines großen Erkerfensters fiel. Ihre Gesichter waren aschfahl. Nan hielt Andys Arm so fest umklammert, daß ihre Finger tiefe Furchen in den Ärmel seines karierten Flanellhemds gruben. Andy starrte auf den niedrigen Tisch hinunter, der zwischen dem Paar und dem Constable stand.
Sie blickten alle drei auf, als Julian hereinkam. Der Constable sagte sofort: »Entschuldigen Sie, Sir, aber vielleicht könnten Sie Mr. und Mrs. Maiden ein paar Minuten Zeit lassen ...«
Der Mann hielt ihn offensichtlich für einen der Hotelgäste. Nan klärte Julians Beziehung zur Familie auf, indem sie ihn als »der Verlobte meiner Tochter« vorstellte. »Komm, Julian«, sagte sie und zog ihn neben sich und ihren Mann auf das Sofa.
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