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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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mittlerweile an das trübe Licht gewöhnt, und sie konnte ein Skateboard erkennen, das ganz hinten auf dem oberen Bord lag, eine elektrische Gitarre, die, längst nicht mehr in Gebrauch, an der Seitenwand lehnte, halb versteckt hinter den Hosen, die dort hingen.
    Sie berührte jede einzelne und murmelte dabei mechanisch »Tweed, Wolle, Baumwolle, Seide«, während sie das Material befingerte. Ein seltsames Geräusch zog plötzlich ihre Aufmerksamkeit auf sich, ein Summen, das aus der Kommode hinter ihr erklang. Als sie sich erstaunt umdrehte, brach das Geräusch ab. Sie hatte sich schon fast davon überzeugt, daß es nur Einbildung gewesen war, als es von neuem erklang und ebenso plötzlich wieder abbrach.
    Nan stellte ihre festversiegelten Tüten aufs Bett und ging neugierig durch das Zimmer zur Kommode. Obenauf lag nichts, was ein solches Geräusch hätte erzeugen können, nur eine Vase mit Lichtnelken und Nachtschatten, die die Köpfe hängen ließen, stand da, umgeben von Kamm und Bürste, drei Fläschchen Parfüm und einem kleinen Plüschflamingo mit pinkfarbenen Beinen und großen gelben Füßen.
    Mit einem verstohlenen Blick zur Tür, als täte sie etwas Verbotenes, zog Nan die oberste Schublade der Kommode auf und hörte im selben Moment das Summen ein drittes Mal. Sie tastete sich in die Richtung vor, aus der das Geräusch ertönte, und fand ein kleines viereckiges Ding aus Kunststoff, das leise vibrierend unter einem ordentlichen Stapel Schlüpfer lag.
    Sie nahm den Gegenstand mit zum Bett, setzte sich und knipste die Nachttischlampe an, um zu sehen, was sie da in der Hand hielt. Es war Nicolas Pager. Oben waren zwei kleine Knöpfe, der eine grau, der andere schwarz. Auf dem schmalen Streifen des Displays leuchtete eine Anzeige auf: »1 Anruf«.
    Nan fuhr zusammen, als das Gerät wieder zu summen begann. Dann drückte sie auf einen der beiden Knöpfe. Auf dem Display erschien eine neue Nachricht, diesmal eine Telefonnummer mit einer Vorwahl, die, wie Nan wußte, zu London gehörte.
    Sie schluckte. Sie starrte die Nummer an. Der Anrufer, der seine Nummer hinterlassen hatte, wußte offensichtlich nicht, daß Nicola tot war. Dieser Gedanke veranlaßte sie, vom Bett aufzustehen, um zurückzurufen. Ein anderer Gedanke veranlaßte sie jedoch, zum Telefon im Foyer hinunterzugehen, obwohl sie die Londoner Nummer ebensogut vom Schlafzimmer aus hätte anrufen können, das sie mit ihrem Mann teilte.
    Sie holte tief Atem. Sie wußte nicht, ob sie die Worte finden würde. Sie erwog die Möglichkeit, daß es völlig gleichgültig sein würde, ob sie die Worte fand oder nicht. Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Sie wollte nur telefonieren.
    Hastig tippte sie die Nummer ein. Sie wartete und wartete, daß die Verbindung zustandekam, bis ihr auf einmal schwindlig wurde und sie merkte, daß sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Mit einem Knacken schließlich begann irgendwo in London ein Telefon zu klingeln. Nan zählte acht Signale. Sie glaubte schon, sich verwählt zu haben, als sie endlich die barsche Stimme eines Mannes hörte.
    Er meldete sich auf die alte Art und ließ damit erkennen, welcher Generation er angehörte: Er nannte die letzten vier Ziffern seiner Nummer. Deswegen und weil seine Art, sich zu melden, sie so sehr an ihren verstorbenen Vater erinnerte, tat Nan etwas, was sie noch vor einer Stunde für völlig unmöglich gehalten hätte. Sie flüsterte. »Hier ist Nicola.«
    »Ach, heute abend hab ich es also mit Nicola zu tun?« fragte er schroff. »Wo zum Teufel hast du gesteckt? Ich hab dich schon vor über einer Stunde angepiepst.«
    »Sorry.« Und in der abgekürzten Sprechweise, wie es die Art ihrer Tochter war: »Was gibt’s?«
    »Nichts, wie du verdammt gut weißt. Wie hast du dich entschieden? Hast du’s dir anders überlegt? Die Möglichkeit steht dir jederzeit offen, das weißt du. Ich werde dir nichts nachtragen. Wann kommst du zurück?«
    »Ja«, flüsterte Nan. »Ich habe mich für ja entschieden.«
    »Gott sei Dank!« Das klang beinahe inbrünstig. »O Gott, bin ich froh! Du hast ja keine Ahnung, Nikki. Es ist unerträglich. Du fehlst mir so entsetzlich. Sag mir sofort, wann du zurückkommst.«
    »Bald.« Immer im Flüsterton. »Wie bald? Sag es mir.«
»Ich ruf dich an.«
    »Nein! Um Gottes willen! Bist du verrückt geworden? Margaret und Molly sind diese Woche hier. Warte auf meine Nachricht.«
    Sie zögerte. »Natürlich.«
»Darling, habe ich dich ärgerlich

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