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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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einfach wörtlich und antwortete entsprechend. »Die bösen Buben nehmen keine Rücksicht auf die Jahreszeiten. Sie wissen ja, wie das ist. Die geben nie Ruhe.« Sie lächelte strahlend und eilte weiter. Solange er sie nicht direkt mit dem häßlichen Wort ›Constable‹ konfrontierte, brauchte sie ihn nicht darüber aufzuklären, wieso diese Bezeichnung nun wieder vor ihrem Namen stand. Sie wollte diese Erklärung so lange wie möglich vermeiden, am liebsten bis zum Sankt-Nimmerleins- Tag, weil sie fürchtete, Azhar damit weh zu tun. Und aus Gründen, über die sie lieber keine Mutmaßungen anstellen wollte, war es für sie undenkbar, Azhar weh zu tun.
    Jetzt, im Treppenhaus von New Scotland Yard, versuchte Barbara, den Gedanken an ihre Nachbarn zu verdrängen. Mehr waren die beiden für sie ja letztlich nicht: ein Mann und ein Kind, die sie durch Zufall kennengelernt hatte.
    Sie sah auf ihre Uhr. Es war halb elf. Sie stöhnte. Die Vorstellung, weitere sechs oder acht Stunden auf den Computerbildschirm starren zu müssen, war alles andere als verlockend. Es mußte doch einen ökonomischeren Weg geben, die Informationen über Andrew Maiden zu beschaffen, die sie brauchte. Sie erwog mehrere Möglichkeiten und beschloß, es mit der zu versuchen, die am wahrscheinlichsten zum Erfolg führen würde.
    Bei ihrer Durchsicht der Akten war sie immer wieder auf einen Namen gestoßen: den von Chief Inspector Dennis Hextell, der eng mit Maiden zusammengearbeitet hatte. Wenn es ihr gelingen würde, Hextell ausfindig zu machen, überlegte sie sich, würde der ihr vielleicht einen Tip geben können, der mehr Substanz hatte als irgend etwas, was sie sich erst aus alten Akten zusammenklauben mußte. Genau, dachte sie, Hextell ist der richtige Mann. Sie verließ ihr ungemütliches Plätzchen im Treppenhaus, um sich gleich auf die Suche nach ihm zu machen.
    Ihn ausfindig zu machen, erwies sich als leichter, als sie gedacht hatte. Ein Anruf bei der SO10 genügte, um zu erfahren, daß Hextell immer noch dort tätig war, jetzt allerdings im Rang eines Chief Superintendent, der die Operationen von seinem Schreibtisch aus leitete.
    Sie fand ihn an einem kleinen Tisch in der Kantine in der vierten Etage, stellte sich vor und fragte, ob sie sich zu ihm setzen dürfe. Er blickte von einem Stapel Fotos auf. Sein Gesicht war von tiefen Furchen durchzogen, das Gewebe schlaff. Die Jahre waren nicht sonderlich freundlich mit ihm umgegangen.
    Er schob die Aufnahmen zusammen, ohne zu antworten.
    Barbara sagte: »Ich arbeite an der Mordsache Maiden in Derbyshire, Sir. Es handelt sich um Inspector Maidens Tochter. Sie waren doch im selben Team mit ihm, nicht wahr?«
    Das erzeugte endlich eine Reaktion. »Nehmen Sie Platz.«
Mit Einsilbigkeit konnte sie leben. Sie setzte sich. Sie hatte sich von der Theke eine Cola und einen Schokodoughnut mitgenommen und stellte den Teller und den Pappbecher vor sich auf den Tisch.
    »Damit machen Sie sich schön die Zähne kaputt«, bemerkte Hextell.
    »Ich bin meinen Süchten nun mal hilflos ausgeliefert«, versetzte Barbara.
    Er brummte nur.
    »Ist das Ihre Maschine?« fragte sie mit einer kurzen Kopfbewegung zu dem obersten Foto auf dem Stapel. Es zeigte einen gelben Doppeldecker des Typs, den man im Ersten Weltkrieg geflogen hatte, als die Flieger noch Ledermützen und flatternde weiße Schals getragen hatten.
    »Eine davon«, antwortete er. »Diejenige, die ich für Aerobatik benutze.«
    »Sie sind Kunstflieger?«
    »Ich fliege.«
    »Ah, ja. Macht sicher Spaß.« Barbara fragte sich, ob die Jahre ständiger Geheimniskrämerei bei der SO10 den Mann so redselig gemacht hatten. Ohne weitere Umschweife kam sie auf ihr Anliegen zu sprechen: ob es irgendeine Untersuchung, irgendeinen Fall, irgendeine Operation gebe, die ihm auf Anhieb als besonders bedeutsam einfalle, wenn er an seine Zusammenarbeit mit Maiden zurückdenke. »Wir halten es für möglich, daß der Mord an der jungen Frau ein Racheakt war, daß jemand dahintersteckt, den Sie und Inspector Maiden damals eingebuchtet haben. Inspector Maiden versucht natürlich selbst, uns mit einem Namen zu helfen, und ich habe den ganzen Morgen am Computer gesessen und Berichte gelesen, aber bis jetzt hat nichts geklingelt.«
    Hextell begann, seine Bilder in verschiedene Häufchen aufzuteilen. Er schien nach einem System zu arbeiten, das Barbara jedoch nicht erkennen konnte, da jede Aufnahme dasselbe Flugzeug zeigte, lediglich aus unterschiedlichen Perspektiven: hier den

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