Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
gemacht?«
Sie sagte nichts.
»Ja, nicht wahr? Verzeih mir, das wollte ich nicht.« Sie schwieg.
    Die Stimme veränderte sich, wurde plötzlich auf bizarre Art kindlich. »Ach, Nikki. Meine schöne Nikki. Sag mir, daß du nicht böse bist. Sag irgend etwas, Darling.«
    Sie schwieg noch immer.
    »Ich weiß, wie du bist, wenn ich dich ärgerlich gemacht habe. Ich bin ein ungezogener Junge, nicht wahr?«
    Sie sagte nichts.
    »Ja. Ich weiß. Ich bin ungezogen. Ich verdiene dich nicht und muß bestraft werden. Du hast doch die richtige Strafe für mich, nicht wahr, Nikki? Gib sie mir. Bald.«
    Nan drehte sich fast der Magen um. Sie rief laut: »Wer sind Sie? Sagen Sie mir Ihren Namen!«
    Sie bekam nur ein erschrockenes Aufkeuchen zur Antwort. Dann wurde aufgelegt.
     

7
    Nach drei Stunden am Computer überdachte Barbara Havers die beiden Möglichkeiten, die sie hatte. Sie konnte weitermachen, bis sie blind wurde. Oder sie konnte eine Pause einlegen. Sie entschied sich für das letztere. Sie klappte ihr Heft zu, beendete fürs erste ihre Suche und erkundigte sich, wo das nächste Raucherzimmer sei.
    »Ach, Mist«, schimpfte sie, als sie hörte, daß auf dieser Etage von New Scotland Yard, wo die Nichtraucherbewegung immer weiter um sich griff, allgemeine Abstinenz herrschte. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als zu alten Praktiken aus der Schulzeit Zuflucht zu nehmen. Sie hockte sich ins nächste Treppenhaus, zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief und behielt den köstlichen, schädlichen Rauch so lange in der Lunge, bis sie das Gefühl hatte, gleich sprängen ihr die Augen aus den Höhlen. Die reine Seligkeit, dachte sie. Es konnte kaum etwas Schöneres im Leben geben, als nach drei Stunden der Enthaltsamkeit eine Zigarette zu rauchen.
    Der Morgen hatte ihr nichts gebracht, woran sich ihr Geist hätte entzünden können. Sie hatte erfahren, daß Inspector Andrew Maiden dreißig Jahre lang bei der Polizei gewesen war, die letzten zwanzig bei der SO10, und eine Karriere gemacht hatte, die an Glanz höchstens von Inspector Javert hätte übertroffen werden können. Die Zahl der Verhaftungen, die ihm zu verdanken waren, überstieg alles bisher Dagewesene. Die Verurteilungen, die diesen Verhaftungen folgten, waren ein Wunder britischer Jurisprudenz. Aber dank dieser beiden Fakten wurden Nachforschungen über die Geschichte seiner Tätigkeit als verdeckter Ermittler zum Alptraum.
    Die von Maiden geschnappten Verbrecher waren, nachdem sie das übliche Verfahren durchlaufen hatten, ganz nach Belieben Ihrer Majestät über sämtliche Gefängnisse Ihrer Majestät innerhalb des Vereinigten Königreichs verteilt worden. Zwar enthielten die Akten Einzelheiten über Geheimoperationen – von denen die meisten unter geradezu hirnrissigen Akronymen liefen, wie Barbara fand – sowie umfassende Berichte über die Ermittlungen, Verhöre, Festnahmen und Beschuldigungen; doch in bezug auf Strafmaße und die Voraussetzungen für die bedingte Haftentlassung waren die Informationen mehr als dünn gesät. Wenn ein solcher Freigänger es auf den Mann abgesehen hatte, der ihn hinter Gitter gebracht hatte, würde er nur sehr schwer zu finden sein.
    Barbara seufzte, gähnte und drückte ihre Zigarette an ihrer Schuhsohle aus, ohne sich weiter darum zu kümmern, daß die Asche auf die Stufe unter ihr fiel. Sie hatte den roten Baseballstiefeln, die ihr besonderes Markenzeichen gewesen waren, aus Rücksicht auf ihre neue Stellung entsagt – um Assistant Commissioner Hillier ein Bild absoluter Korrektheit zu bieten, sollte er sich, erpicht darauf, ihr die nächste Abreibung zu verpassen, in ihre Nähe verirren – und merkte jetzt, daß ihre Füße, die an konventionelleres Schuhwerk nicht mehr gewöhnt waren, vor Schmerzen brannten. Tatsächlich wurde sie sich bewußt, während sie dort im Treppenhaus saß, daß ganze Teile ihres Körpers vor Unbehagen protestierten, und das wahrscheinlich schon den ganzen Morgen: ihr enger Rock schien sich wie eine Würgeschlange um ihre Hüften zu wickeln, die Jacke zwickte unter den Armen, und die Strumpfhose kniff ganz erbärmlich zwischen den Beinen.
    Sie hatte noch nie viel Sinn für supermodische Kleidung gehabt und im Dienst immer lieber Pluderhosen, T-Shirts und lockere Pullis getragen als irgendwelche Ensembles, die auch nur entfernt an Haute Couture erinnerten. Und da alle daran gewöhnt waren, sie in ihrer lässigen Montur zu sehen, war ihr an diesem Tag manch einer mit hochgezogener Braue

Weitere Kostenlose Bücher