Undank Ist Der Väter Lohn.
braucht keinen Grund«, versetzte Julian kurz. »Nur das Mittel.«
»Ich versuche immer wieder, ihn von dem Zug wegzukriegen, aber er hat überall etwas versteckt.« Sie starrte auf das dunkle Haus, das sich wie eine Festung in der Landschaft vor ihnen erhob. »Ich versuch’s wirklich, Julian. Ich weiß, daß es wichtig ist.«
Sie richtete ihren Blick wieder auf ihn und musterte seine Kleidung. »Du hast dich ja richtig fein gemacht. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, was Besonderes anzuziehen. Hätte ich das tun sollen?«
Julian sah sie verständnislos an, während er die Hände zu seiner Brust hob und auf der Suche nach etwas, von dem er wußte, daß es nicht da war, gegen sein Hemd klopfte.
»Du hast’s vergessen, stimmt’s?« fragte Samantha, der es an Scharfsinn nicht mangelte.
Julian wartete auf eine Erklärung.
»Die Mondfinsternis«, sagte sie.
»Die Mondfinsternis?« Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Ach Gott! Die Mondfinsternis. Mensch, Sam, die hatte ich wirklich ganz vergessen. Ist sie heute nacht? Gehst du irgendwohin, wo man sie besser sehen kann?«
Mit einer Kopfbewegung zu der Glyzinie, unter der sie eben hervorgekommen war, sagte sie: »Ich hab uns Proviant eingepackt. Käse, Obst, Brot und ein bißchen Wurst. Und Wein. Ich dachte, falls wir länger warten müssen, als vermutet.«
»Warten ...? Ach, Mist, Samantha ...« Er wußte nicht, wie er es ihr sagen sollte. Er hatte nie den Eindruck erwecken wollen, daß er sich mit ihr zusammen die Mondfinsternis ansehen wollte.
»Hab ich mich im Tag geirrt?« Ihr Ton verriet ihre Enttäuschung. Sie wußte schon, daß sie sich nicht im Tag geirrt hatte und allein zum Eyam Moor würde hinausmarschieren müssen, wenn sie sich das große Ereignis von dort aus ansehen wollte.
Er hatte nur ganz beiläufig von der zu erwartenden Mondfinsternis gesprochen. Zumindest hatte er es beiläufig gemeint.
»Vom Eyam Moor aus kann man sie gut sehen«, hatte er bemerkt.
»Es soll ungefähr eine halbe Stunde vor Mitternacht passieren. Interessierst du dich für Astronomie, Sam?«
Samantha hatte diese Bemerkung offensichtlich als Aufforderung interpretiert, und einen Moment lang ärgerte sich Julian über seine Cousine. Was die sich einbildete! Aber er bemühte sich, seinen Unwillen zu verbergen, er war ihr immerhin einiges schuldig. Mit dem Ziel, ihre Mutter und ihren Onkel – Julians Vater – miteinander zu versöhnen, kam sie nun seit acht Monaten regelmäßig zu ausgedehnten Besuchen aus Winchester nach Broughton Manor. Und jeder Aufenthalt hatte sich mehr in die Länge gezogen, soviel gab es für sie auf dem Gut zu tun, sei es die Renovierung des Hauses oder die Durchführung der Turniere, Feste und Inszenierungen historischer Ereignisse. Julian organisierte sie auf dem Gutsgelände, um das Einkommen der Familie Britton aufzubessern. Er war aufrichtig dankbar für Samanthas Hilfe, zumal seine Geschwister ihrem Zuhause längst den Rücken gekehrt hatten und sein Vater keinen Finger gerührt hatte, seit er kurz nach seinem fünfundzwanzigsten Geburtstag den Besitz geerbt und nichts Eiligeres zu tun gehabt hatte, als ihn mit seinen Hippiefreunden zu bevölkern und völlig vor die Hunde gehen zu lassen.
Aber Julians Dankbarkeit änderte nichts daran, daß Samanthas Erwartungen ihn nervten. Er hatte doch nur ins Blaue hinein geschwatzt, während sie mit vereinten Kräften schufteten, um drei Ecksteine an der Außenmauer der alten Kapelle zu ersetzen. Er hatte ein schlechtes Gewissen, daß er Samantha, die aus reiner Gutherzigkeit mitanpackte, soviel arbeiten ließ, und suchte hilflos nach irgendeiner Art der Wiedergutmachung. Geld, um sie zu entschädigen, hatte er keines; sie hätte es im übrigen sowieso nicht genommen; sein einziger Besitz waren seine Hunde und sein umfangreiches Wissen über seine Heimat Derbyshire. Und so bot er ihr, weil ihm daran lag, daß sie sich auf Broughton Manor wohl fühlte, eben an, was ihm möglich war: gelegentliche gemeinsame Aktivitäten mit den Jagdhunden und Gespräche. Und sie hatte das mißverstanden.
»Ich hab nicht geglaubt ...« Er stieß die Schuhspitze in ein Fleckchen kahler Erde im Kies, wo ein Löwenzahnstengel sich emporreckte. »Es tut mir wirklich leid, aber ich wollte gerade rüber nach Maiden Hall.«
»Oh!«
Seltsam, dachte Julian, daß eine einzige Silbe zugleich Mißbilligung und Entzücken ausdrücken konnte.
»Wie blöd von mir«, sagte sie. »Ich weiß gar nicht, wieso ich auf die
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