Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
musst, Kleine. Wo Vampire sind, da sind auch Vampir-Jäger. Die wissen ja nicht, dass du eine von den Guten bist. Ich habe gedacht, wir trainieren ein bisschen.« Jetzt erst sah ich, dass sie Jeans trug, ein 80
dickes Sweatshirt, Knie- und Ellbogenschoner und einen Fahrradhelm. Sie sah aus wie ein Gürteltier. »Du weißt schon, deine Anti-Pfahl-Reflexe auf Vordermann bringen.«
»Kaffee«, stöhnte ich und stakste in Richtung Badezimmer. Ich war hellwach – und musste ganz sicher nicht pinkeln –, aber ich war gewillt, eine gewisse Routine beizu-behalten. »Und hau ab!«
»Keinesfalls. Ich werde alles dafür tun, dass du nicht mehr ins Gras beißt, jetzt, da du schon einmal von den Toten auferstanden bist. So etwas wie letzte Woche möchte ich nicht noch einmal durchmachen. Liz, bist du bereit für . . . DAS?« Sie jaulte wie ein Wolf und wollte auf meinen Rücken springen. Ich hatte genug Zeit, einen Schritt zur Seite zur treten, und sie traf auf die Wand wie ein Käfer, prallte zurück und landete vor meinem Kleiderschrank auf ihren Knieschützern. »Oho, toll«, sagte sie beeindruckt,
»du hast dich nicht mal umgedreht. Wir müssen also ein Supergehör mit auf die Liste setzen.«
»Bitte geh«, bat ich, »ich werde heute den ganzen Tag . . .
äh . . . die ganze Nacht zu Hause bleiben und mich in meinen Schuldgefühlen suhlen.«
»Warum?«
Gute Frage. Ich konnte ihr ja wohl schlecht von Nick erzählen. Das war zu peinlich. Und da Nick . . . hmm . . .
gekommen war, wäre er jetzt für Jessica ein SP (Sexpartner).
Wahrscheinlich würde sie unseren Sexkalender umgehend updaten. Um mich ein wenig anzuspornen, die An-zahl meiner SP zu erhöhen, hatte sie nämlich damit begonnen, Buch zu führen. Die jämmerliche Zahl, die sie für das letzte Jahr hatte verbuchen können, war allerdings be-81
schämend. »Weil ich jetzt eine widernatürliche Kreatur bin, deshalb. Mach den Abflug!«
»Keine Chance. Heute Nacht bekämpfen wir das Böse!«
»Tun wir das?«
»Jawohl. Außerdem fühlst du dich ein bisschen klamm an. Ich habe versucht, deinen Puls zu fühlen, und dein Handgelenk war kühl. Ich weiß! Lass uns deine Temperatur messen.«
Bei dem Gedanken erschauderte ich. Hatte ich etwa Raumtemperatur? War ich wechselblütig wie eine Schlange? »Lieber nicht.«
»Ich hatte Mühe, dich aufzuwecken. Beim Reinkommen habe ich absichtlich Lärm gemacht, und du hast dich keinen Millimeter gerührt. Ich habe dich sogar geschüttelt. Ohne Erfolg. Du hast geschlafen wie eine To. . . – wie jemand, der wirklich sehr müde ist.«
»Soso. Und warum bin ich dann aufgewacht, als du mit einem Pfahl herumgefuchtelt hast?«
Wortlos deutete sie auf das Fenster. Es war dunkel. »Ich habe bis Sonnenuntergang gewartet.«
Ich zuckte mit den Achseln. Inzwischen war ich im Badezimmer und starrte die Toilette an. Ich verspürte keinen Drang, mich daraufzusetzen. Was konnte man sonst noch mit einer Toilette anstellen? Zeit, sich etwas auszudenken.
Vielleicht sollte ich die Schüssel rausreißen und Lilien darin pflanzen?
Ich duschte, war aber enttäuscht. Natürlich wurde ich sauber, aber ich hatte nicht diese Wohlfühl-Frischeemp-findung wie normalerweise nach meiner morgendlichen Dusche. Beziehungsweise ab sofort abendlichen Dusche.
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Ich trocknete mich ab, zog mich an und fand Jessica in der Küche. Buffy war fleißig gewesen, während ich mich ausgeruht hatte (man kann diesen tiefen, traumlosen und, nun ja, totenähnlichen Zustand, in dem ich mich befunden hatte, kaum Schlaf nennen). Sie hatte auf meinen Computer alle wichtigen Nachrichten des Tages heruntergeladen, sodass ich mich jetzt, nachdem ich aufgestanden (äh . . .
auferstanden) war, auf den neuesten Stand bringen konnte.
Und außerdem hatte sie mein Haus gekauft.
»Mein Haus«, sagte ich langsam.
»Ja. Haus. Haus wie: ein Ort zum Wohnen.« Als sie sah, dass meine Miene ausdruckslos blieb, fügte sie hinzu: »Es sollte doch Ende des Monats verkauft werden. Du warst tot, schon vergessen? Du wohnst hier nicht mehr, und da dein Hypothekenkredit noch elf Jahre lief, war die Bank sehr daran interessiert, das Haus zu verkaufen.« Sie übergab mir einen dicken Packen Papier. »Ich habe mich um alles gekümmert.«
Ich blinzelte und schaute auf das Papier in meiner Hand.
»Jess, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist so fürsorglich . . . und clever. Ich habe noch nicht einmal damit begonnen, mir über solche Dinge wie Haus und Auto Gedanken zu
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