Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
wertvolle Tipps geben.
Besser, als sich alles in den nächsten zehn Jahren mühsam selbst beizubringen. »Nun«, sagte ich geziert, »ich bin sehr beschäftigt . . . «
»Hören Sie, kommen Sie zu Barnes & Noble in der Innenstadt. Wissen Sie, wo das ist?«
»Sicher.« Wie könnte ich nicht, der Laden nahm einen ganzen Straßenzug ein.
»Wenn Sie sich genährt haben, treffen wir uns in der Kochbuchabteilung.«
»Das ist gemein«, protestierte ich.
»Okay, in der Humorabteilung.«
»Das ist nicht viel besser«, grummelte ich. »Was ist, sind Sie allergisch gegen Liebesromane? Und ich brauche kein Blut, ich gehe sofort.«
Es folgte eine lange Stille, so lange, dass ich schon glaubte, er hätte aufgelegt. Dann hörte ich ein Flüstern: »Sie 92
brauchen kein Blut? Haben Sie heute Abend noch keine Gelegenheit gehabt?«
»Keine große Sache. Ich halte es ein paar Tage ohne aus.
Ich meine, was soll’s, richtig?«
»Was?«
»Was haben Sie denn nicht verstanden? Hören Sie mir überhaupt zu?«
»Was?«
Hörte der Kerl schlecht, oder war er nur dämlich? »Wie sehen Sie aus? Sollen wir ein Erkennungszeichen verabre-den? Oder einen supergeheimen Handschlag für Untote?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Taylor«, und er klang erschüttert, »ich weiß, wie Sie aussehen.«
»Aha. Und woher?«
»Ihre Todesanzeige. Hübsches Foto übrigens. Wir sehen uns in einer Stunde.« Klick.
»Uhuuuu, jetzt habe ich aber Angst«, sagte ich spöttisch in die tote Leitung und hängte ebenfalls auf. Hoffentlich hatte Ant kein allzu unvorteilhaftes Bild für die Anzeige ausgesucht.
»Worum ging’s?«, fragte Jessica.
Ich starrte sie an.
»Halloooo? Meine Lippen bewegen sich, kannst du verstehen, was ich sage? Worum – ging – es.«
Jessica davon zu überzeugen, dass ich eine Verabredung mit einem geheimnisvollen Fremden hatte, der von mir wusste, und alleine zu dieser Verabredung gehen zu wollen, würde nicht einfach werden. Besser, ich brachte es hinter mich.
93
11
Ich liebe meine Katze. Sie kann eine ganz schöne Nervensä-
ge sein, aber sie ist von mir abhängig und hat mich noch nie nach meinem Äußeren beurteilt. Genau genommen steckte ich überhaupt nur ihretwegen in diesem Schlamassel.
Dennoch hatte ich sie nicht vor die Tür gesetzt. Ich hatte noch nicht einmal an ihr genascht! Ich war definitiv ein Katzenmensch!
Deshalb war es auch sehr irritierend, als ich feststellen musste, dass Hunde mich nun unwiderstehlich fanden.
Bevor ich in dem Beerdigungsinstitut aufgewacht war, hatte ich Hunde geflissentlich ignoriert, und sie mich. Jeder hatte sich um seine eigenen Angelegenheiten gekümmert. Jetzt nicht mehr.
Nachdem ich aus meinem Auto gestiegen und einige Schritte gegangen war, heftete sich fast ein Dutzend Hunde an meine Fersen. Sie himmelten mich geradezu an, und das sehr ausdauernd. Wenn ich mich umdrehte und sie mit einem Tritt in die Flucht zu schlagen versuchte, schlichen sie nur näher, leckten an meinen Knöcheln und schenkten mir eine Art breites, dämliches Grinsen. Ich weiß nicht, warum mir das noch nicht widerfahren war, als ich in der Lake Street nachts die bestmögliche Selbstmordmethode gesucht hatte. Vielleicht brauchten meine Vampir-Pheromone einige Zeit, um sich voll zu entfalten. Vielleicht gab es 94
in diesem Viertel mehr Hunde. Vielleicht wurde ich aber auch langsam verrückt. Als ob die sabbernde Meute um mich herum nicht schon genug gewesen wären, klingel-ten mir noch die Ohren von Jessicas Standpauke. Langer Rede kurzer Sinn: Ein Treffen mit einem Fremden, der wusste, dass ich ein Vampir war, hielt sie erstens für verrückt und zweitens für dumm und mich, wenn ich zu diesem Treffen ginge, für verrückt und dumm. Ich hingegen verwies darauf, dass es noch verrückter wäre, meine verletzbare, sterbliche Freundin zu dieser Verabredung mit-zunehmen.
Als sie drohte, mir zu folgen, betrat ich meine Auffahrt und schob ihr Auto auf die Seite. Unglaublich, wie leicht das ging. In meinem vorherigen Leben hatte ich mehr Mühe damit gehabt, meine Garagentür zu öffnen. Jessica war beeindruckt, aber sauer. Bis dahin hatte ich noch keine gemischten Gefühle zu wittern bekommen, und es roch sehr merkwürdig – wie flambierter Schokoladenpudding.
Als ich ging, war sie gerade dabei, meine Küchenschrän-ke umzuräumen. Sie weiß, wie ich es hasse, nichts zu finden.
Ich parkte meinen Wagen in einem unverschämt teuren Parkhaus und näherte mich gerade Barnes & Noble, als eine
Weitere Kostenlose Bücher