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Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Titel: Undead 01 - Weiblich, ledig, untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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jetzt noch zu einem Typen mit langem Umhang und hohem Kragen bringt, bin ich aber sauer.«
    Wir trampelten durch den pflichtschuldigst gruseligen Friedhof, mit von obligatorischem Mondlicht beschiene-nen Grabsteinen, schaurigen Eulenrufen (in Minneapolis!) und großen, gespenstischen, völlig stillen Mausoleen. Wir hielten vor dem größten und gespenstischsten. Nach der fünfzehn Zentimeter großen Inschrift war dies das Mausoleum der Familie Carlson. Ein typischer Name für eine Gegend, die von Norwegern entdeckt wurde.
    »Uhhh, das Carlson-Mausoleum«, amüsierte ich mich, als die Cockerspaniel-Boys sich an der schweren Eingangstür 98

zu schaffen machten. »Wie düster! Was kommt als Nächstes? Ein Teller mit Laugenfisch und Squaredance? Braucht ihr Hilfe?« Sie brauchten keine. Endlich schwang die Tür auf.
    »Wo bleibt denn das schaurige Quietschen rostiger Scharniere? Da müsst ihr aber noch mal ran, das ruiniert ja die ganze Atmosphäre. Nicht schubsen, ich geh ja schon.«
    Ich stapfte einige Stufen hinunter, ging an großen Steinsärgen vorbei (igitt!), durch einen steinernen Torbogen und wieder ein Dutzend Stufen hinunter. Der Raum war unterirdisch (natürlich) und mit Fackeln beleuchtet (selbst-redend!). Ich sah einige Leute, die herumliefen, aber mein Blick wurde sofort von einer Person angezogen.
    Er war unglaublich. Einen so erstaunlichen Mann hatte ich noch nie gesehen, außer im Playgirl. Nicht dass ich so einen Schund lese. Nur manchmal.
    Groß, sehr groß – mindestens zehn Zentimeter größer als ich. Er hatte dickes, tintenschwarzes Haar, das in üppi-gen Wellen auf seine Schultern fiel. Nur wenige Männer konnten auf der Elvis-Schiene fahren – so wie er. Seine Gesichtszüge waren klassisch gut aussehend: ausgeprägte Nase, gutes Kinn, schöne, breite Stirn. Seine Augen waren wunderschön und beängstigend: ein dunkles Schwarz mit einem harten Glitzern, wie Sterne, die an einem dunklen Winterhimmel leuchten. Und sein Mund wäre sanft gewesen, hätte nicht ein grausamer Zug um die Oberlippe seinen Ausdruck mitbestimmt. Er sah gemein und er sah böse aus.
    Und sein Körper! Er hatte so breite Schultern, dass ich mich fragte, wie er durch die Tür passte, und seine Arme 99

    sahen kräftig und stark aus. Der anthrazitfarbene Anzug unterstrich perfekt seine lange Silhouette. Und da wir gerade von Länge sprechen: Seine Finger waren ebenfalls lang und gerade. Sie sahen geschickt und erfahren aus. Die Hän-de eines Pianisten. Oder eines Chirurgen. Seine Schuhe . . .
    Wow! Waren das Ferragamos? Wie selten bekam man einen korrekt beschuhten Mann in einem unterirdischen Mausoleum zu sehen! Wundervoll! Interessanterweise waren die Spitzen feucht, als wäre er durch nasses Gras gelaufen, weil er es eilig hatte. Das war seltsam, denn er sah nicht aus wie ein Mann, der irgendwohin rannte.
    Ich schob mich langsam näher, um ihn besser betrachten zu können. Fast ebenso interessant wie sein gutes Aussehen war die Tatsache, dass er offenbar genauso ungern hier war wie ich. Außer uns befanden sich noch andere Leute im Raum. Glaubte ich zumindest. Wen interessierte das?
    »Aha, Gentlemen. Sie bringen unsere neue Dienerin!«
    Die allzu dröhnende Stimme kam leider nicht von dem Typen, den ich gerade im Auge hatte, und sie ließ mich schnell wieder zu mir kommen. Ja, stimmt, da waren andere Leute im Raum. Blasse Leute. Blass, mit funkelnden Augen und weißen, scharfen Zähnen. Sie standen unbeweg-lich, wie Statuen. Aber sie sahen krank aus. Zu blass, selbst für Vampire (glaubte ich – was wusste ich schon?), und dünn, und kalt, und abgerissen. Jeder von ihnen hatte mindestens einen Fleck auf der Kleidung. Ein trauriger Anblick.
    Der Tod durfte keine Entschuldigung für Nachlässigkeit sein.
    Sie drängten sich zusammen und starrten auf den Sprecher, und ich fühlte plötzlich Mitleid mit ihnen. Wenn sie 100

    nicht so bedauernswert ausgesehen hätten, wären sie Furcht einflößend gewesen.
    »Nun, Miss Taylor, als unser jüngster Anwärter werden Sie sich bald nähren dürfen. Wie jeder von euch.«
    Daraufhin schaute die Horde geradezu lächerlich dankbar drein.
    Der Sprecher kam vom anderen Ende des kalten Raumes auf mich zu. Er war nicht annähernd so eindrucksvoll wie der andere Typ: eher mittlerer Größe, einen Kopf kleiner als ich, ein bisschen speckig um den Bauch herum, ein gespaltenes Kinn, wässrige blaue Augen (genau das, was Jessica mit unfehlbarem Taktgefühl ein »Arschlochgesicht«
    nannte).

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