Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
schwitzig. Ich drückte sie und sie drückte zurück.
»Äh . . . Betsy, wird der Typ jetzt wie Nick?«
Gute Frage. Ich dachte darüber nach. »Das weiß ich nicht.
Ich glaube nicht. Ich meine, Nick hat mich schon vorher gemocht. Also bedeutete ihm das Blutsaugen . . . das Bei-
ßen . . . mehr, als es eigentlich sollte. So sollte ich es wohl ausdrücken. Und Marc hat es kein bisschen verändert. Aber dieser Typ hier kennt mich nicht.«
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»Das sagst du einfach nur so. In Wahrheit hast du keine Ahnung.«
»Stimmt«, sagte ich düster. »Deshalb gibt Sinclair mir Nachhilfeunterricht.«
Wir gingen nach Hause.
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»Hier bin ich, spaziere eine verlassene Straße hinunter, mitten in der Nacht. Hoffentlich passiert mir nichts. Du meine Güte, das würde mir den ganzen Abend verderben.« Ich trottete vor mich hin, summte ein Liedchen, kurz, ich versuchte, wie ein unschuldiges Opfer auszusehen. Zumindest war ich so gekleidet: roter Leinenrock in A-Form, weiße Bluse, rote Ferragamos. Eigentlich aus der letzten Saison, aber in der Gasse war es dunkel. Niemand würde es bemerken.
Fünf Minuten vergingen, und meine Füße begannen zu schmerzen. »Das ist doof!«, schrie ich in den Schatten hinein, in dem Sinclair lauerte. »Ich bin doch kein Lockvogel.
Das ist doch . . . aua!«
Jemand hatte mir eine Ziegelwand auf den Kopf geworfen. Zumindest fühlte es sich so an. Ich ging zu Boden.
Blöde Lake Street. Die war sogar schmutzig, nachdem es geregnet hatte. Ich schlug dem Angreifer, wer immer es sein mochte, gegen den Kopf, und meine Hand wurde auf der Stelle taub. Als ob ich gegen einen Backstein geschlagen hätte. Ich fühlte, wie meine Schultern zu Boden gedrückt wurden, und dann sah ich – Reißzähne blitzen.
Ich kreischte wie eine Feuersirene. Beschissener Sinclair und sein beschissener Nachhilfeunterricht! Ich hatte das Anpirschen üben sollen, aber er hatte nicht bedacht, dass 274
ich selbst Opfer eines Vampirs hätte werden können. Toller Plan! Das Einzige, was ich jetzt herausbrachte war: »Blöd!«
»Niedlich«, summte das Ding, das dringend eine Mund-dusche benötigte. »Hör auf zu schreien!«
»Ich bin noch nicht einmal warm! Und du solltest mal baden!« Sein Mund schoss herunter, ich konnte gerade noch rechtzeitig den Arm erheben. Sein Haar war schulterlang und offenbar das letzte Mal gewaschen worden, als Bush noch Präsident war – der andere Bush. Seine Augen waren schmutzig braun, seine Wangen mit Pockennarben übersät und sein Jeanshemd hatte Löcher in den Brusttaschen. Aber das war noch lange kein Grund, sich so gehen zu lassen.
»Nanu, haben Waschsalons nachts etwa geschlossen?«, giftete ich.
»Wer bist du?«, fragte er endlich und sah ein wenig verwirrt aus. »Du bist köstlich. Und schnell. Aber du bist kein Vamp. . . «
Jemand riss ihn nach hinten. Ich schaute hoch und sah Sinclair, der ihn am Genick gepackt hatte und ihn über dem Boden baumeln ließ. Fehlte nur noch, dass er meinen Angreifer jetzt ausschimpfte: Du böser, böser Vampir! Mühsam rappelte ich mich auf. »Na endlich«, sagte ich, »worauf hast du gewartet? Geigenmusik?«
Mein Angreifer war schon Furcht einflößend, aber Sinclair war noch beeindruckender, rasend vor Wut und mit blitzenden Augen. Er schwang herum, und der Vampir segelte gegen die nächste Wand.
Blitzschnell war Sinclair wieder bei ihm, sammelte ihn auf und schüttelte ihn wie eine Ratte. Dann schleuderte er ihn noch einmal in die Höhe. Leicht wie eine Feder 275
flog er durch die Luft und landete krachend in einem Müllcontainer.
Noch einmal griff Sinclair nach ihm, so schnell, dass ich ihm kaum mit Blicken folgen konnte, und wieder hörte ich die üblichen Geräusche.
»Das ist die Königin.«
Wusch! Klatsch!
»Meine Königin.«
Wusch! Klatsch!
»Fass sie nicht an.«
Wusch! Ich fühlte mich wie in einem verkorksten Batman-Film. Wumm! Klatsch!
»Fass sie niemals an.«
»Okay, das reicht!«, rief ich. Mein verhinderter Blutsauger war ein blutendes Häuflein Elend. Der letzte Schlag hatte ihn tief in den Müllcontainer befördert, und ich sprang jetzt vor ihn. Sinclair fasste mich bei den Schultern und wollte mich zur Seite schieben, aber ich hielt mich fest wie eine Klette. »Okay, jetzt mal langsam. Er hat einen Fehler gemacht, aber wir müssen ihn deswegen nicht zu Brei schlagen.«
»Er hat dir wehgetan«, knurrte Sinclair. Er knurrte tatsächlich, mit allem, was dazugehört, zurückgezogene Lef-zen, gebleckte Zähne
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