Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
drauf.«
»Ich muss darauf bestehen.«
»Ach ja?«
»Vampirpolitik schlägt Fußmassage«, sagte Marc zwischen zwei Schlucken Kaffee.
»Als ob du das wüsstest. Halt dich da raus.«
Sinclair räusperte sich, bevor Marc und ich einen Streit anfangen konnten. »Dein Freund hat recht.«
»Verdammt, verdammt! Ich will aber nicht«, maulte ich,
»und um ganz ehrlich zu sein . . . «
»Was du nie bist«, unterbrach mich Sinclair.
». . . die ganze Situation ist einfach lächerlich. Ich wette, das denkst du auch, gibst es aber nicht zu.«
»Nein, niemals«, stimmte er mir zu.
»Ich kann mir keine blödere Art vorstellen, seinen Abend zu verbringen«, meckerte ich weiter. Ich hasste es, wenn mir mein schöner Plan für den Abend einfach über den Haufen geworfen wurde.
»Ich auch nicht«, sagte Sinclair trocken.
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»Du schweig still. Habe ich wenigstens noch Zeit für einen Saft?«
»Wenn du nicht fünf Minuten lang gejammert hättest, wäre noch Zeit gewesen.«
»Na toll.« Ich widerstand dem Drang, gegen ein Tisch-bein zu treten. »Dann lass uns gehen und es hinter uns bringen. Ich . . . warte mal.« Ich nickte in Richtung Haustür und sah, dass Sinclair genau dasselbe tat.
»Hört auf damit«, befahl Marc, »ihr macht mir Angst. Ihr seht aus wie zwei Golden Retriever.«
»Da kommt jemand.«
»Das ist . . . ich glaube . . . « Ein vorsichtiges Klopfen an meiner Haustür. Ich lief, um sie zu öffnen, und stand meinem Vater gegenüber. »Es ist mein Vater!«, sagte ich laut, damit Sinclair und Marc es hören konnten und weil ich sehr überrascht war.
»Hallo, Betsy.« Er versuchte ein Lächeln. »Darf ich reinkommen?«
Ich trat zurück. Obgleich ich sein Timing verfluchte, war ich froh, ihn zu sehen. Die ganze Woche hätte er Zeit gehabt, und jetzt kam er mich besuchen?
»Sicher, komm rein. Dad, das ist mein Mitbewohner Marc und das ist mein . . . äh . . . «
»Eric Sinclair«, sagte er und streckte seine Hand aus. »Es ist mir ein großes Vergnügen.«
»Gleichfalls«, murmelte mein Vater, schüttelte seine Hand nur kurz und ließ sie dann los wie einen Fisch. »Äh, Betsy, könnten wir . . . « Er strebte in die hinteren Zimmer des Hauses.
»Ja, sicher. Jungs, ich bin gleich zurück.«
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»Es war nett, Sie kennenzulernen«, sagte Marc.
»Die Zeit läuft gegen dich«, sagte Sinclair. Als wenn das nicht jede Frau jenseits der Dreißig wüsste.
Zurück in meinem Schlafzimmer, machte ich für meinen Vater ein Plätzchen zum Sitzen frei, indem ich die schmutzige Wäsche einfach auf den Boden warf. Aber er blieb stehen. Und eigentlich sah er auch gar nicht gut aus. Er war immer ein attraktiver Typ gewesen, und jetzt, da sein dünner werdendes Haar mit leichtem Grau durchzogen war, schien er für die Rolle des distinguierten Gentleman wie gemacht. Auch der Armani-Anzug trug das Seine da-zu bei. Allerdings wurden die Fältchen um seine Augen immer tiefer. Seine Augen waren rot gerändert, und feine Linien der Erschöpfung zeichneten seinen Mund.
»Was ist los, Dad?« Ich setzte mich auf mein Bett und rieb mir die Hände. Seine Besuche bei mir zu Hause konnte ich an einer Hand abzählen. Das verhieß nichts Gutes. »Alles in Ordnung?«
»Nun ja, nein. Deswegen . . . deine Stiefmutter und ich . . .
ich muss mit dir sprechen.«
»Worüber?«
Er blinzelte, dann brach es aus ihm heraus: »Was denkst du denn? Du bist tot, Betsy. Wir waren auf deiner Beerdigung.«
»Nein, das wart ihr nicht«, sagte ich reflexhaft, während ich fieberhaft überlegte, worauf er hinauswollte. »Die wurde abgesagt, weil ich mich verdrückt hatte.«
»Das weiß ich«, sagte er bitter.
»Wirklich? Es scheint aber, als hättest du einige nicht unwesentliche Details vergessen.«
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Er schüttelte heftig den Kopf. »Du siehst aus wie meine Tochter und du hast ihr flinkes Mundwerk. Aber Elizabeth ist tot. Meine Tochter ist tot.«
»Dad, ich stehe genau vor dir.«
»Und das Leben muss weitergehen«, sagte er hartnäckig.
»Also halte dich von uns fern, Betsy. Sei tot.«
Er begann wieder auf die Tür zuzugehen, ich aber sprang wie der Blitz vom Bett auf und zog ihn zurück. Ich schubste ihn zu einem Stuhl, ohne auf sein ängstliches Keuchen zu achten.
»Du hast gesagt, was dir auf dem Herzen lag, jetzt hörst du mir zu.« Ich konnte mich nicht erinnern, jemals zuvor so ungeheuer wütend gewesen zu sein, und steckte meine Hände in die Hosentaschen, weil ich ihnen nicht traute. Am liebsten hätten sie ihm die Haut
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