Undead 03 - Happy Hour in der Unterwelt
Rubin und einem Saphir. Die Steine waren so zart, dass sie wie eine kleine Schleife aussahen, die auf dem Schuh angebracht war. Es sah bezaubernd aus. Und hatte bestimmt ein Vermögen gekostet.
»Danke, Sinclair, aber das kann ich nicht annehmen.« Ich klappte den Deckel wieder zu. Vor einigen Monaten hatte ich eine Grenze gezogen und es war schon schwer genug –
manchmal –, auf meiner Seite der Grenze zu bleiben.
Wenn ich ihm jetzt erlaubte, mich zu beschenken, was wür-de als Nächstes kommen? Sex? Würden wir gemeinsam regieren? Sollte ich ihn etwa dafür belohnen, dass er so hinterlistig war? Oder mein altes Leben vergessen, um für die nächsten tausend Jahre so zu tun, als sei ich die Königin der Vampire?
Nein danke. Und noch einmal: nein danke.
»Behalt es«, sagte er milde. Hatte ich tatsächlich Enttäu-schung in seinen Augen aufblitzen sehen? Oder war das Wunschdenken? Und wenn es Wunschdenken war, was stimmte dann nicht mit mir? »Vielleicht änderst du deine Meinung.«
»Dazu müsste sie erst einmal Vernunft annehmen«, flüsterte Jessica ihren grünen Bohnen zu.
Die unbehagliche Stille wurde erst unterbrochen, als Marc ins Esszimmer trat. »Super, ich verhungere. Gibt es noch Rindfleisch?«
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»Tonnen«, erwiderte ich. »Du bist früh zu Hause.«
»Bei der Arbeit war nichts los, also habe ich freigenommen.
Übrigens hast du Besuch.«
»Wo?« Ich legte meine Hand auf die Schmuckschachtel, um sie schnell wieder zurückzuziehen. Was sollte ich damit anfangen? Ich hatte keine Taschen. Einfach in der Hand halten?
Sinclair würde sie nicht zurücknehmen. Auf dem Tisch liegen lassen? Nein, das wäre dann doch zu gemein gewesen. Oder etwa nicht? Mist.
Warum musste er immer solche Sachen machen? Er wusste doch, dass ich das Geschenk nicht annehmen würde. Oder etwa nicht? Mist. »Ich habe die Türklingel gar nicht gehört.«
Vielleicht steckte ich die Schachtel einfach hinten in meine Hose und schmuggelte sie aus dem Raum? Oder konnte ich sie in meinem BH verstecken?
»Ich habe sie auf der Veranda abgefangen. Es sind Andrea und Daniel. Sie müssen dich etwas fragen.«
Ich stand auf, froh über die Gelegenheit, mich geschickt aus der Affäre zu ziehen. »Dann will ich mal sehen, was sie wollen.«
»Vergiss deine Kette nicht«, sagte Jessica strahlend und fast hätte ich laut aufgestöhnt.
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3
Andrea Mercer und Daniel Harris warteten in einem der Empfangszimmer auf mich. Ich war froh, sie zu sehen. Nicht nur, weil sie mir die Möglichkeit zum Rückzug gegeben hatten, sondern auch, weil ich sie wirklich mochte.
Andrea war ein Vampir wie ich und ebenfalls ein sehr junger. Vor sechs Jahren war sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag getötet worden und begann gerade, ihren Durst in den Griff zu bekommen.
Daniel war ihr Freund, ein ganz normaler Typ und sehr charmant. Ich verbrachte sehr gerne Zeit mit den beiden, die so gegensätzlich wie nur möglich waren: Sie war ernsthaft und launisch, er lustig und respektlos. Aber sie liebten sich wirklich, das war deutlich zu sehen. Ich fand das ganz schön cool.
»Eure Majestät«, sagte Andrea und sprang sofort auf, als sie mich sah. Ich bedeutete ihr, sich wieder zu setzen, und tat es ihr gleich.
Daniel gähnte und räkelte sich auf dem Sofa. Groß, blond und blauäugig, wie er war, fehlte nur noch ein Hörnerhelm und man hätte ihn für einen Wikinger auf Beutezug halten können. Als ich hereinkam, war er nicht gleich aufgesprungen.
Erfrischend! »Betsy, Babe. Könnt ihr eure Meetings nicht zu einer anständigen Uhrzeit abhalten?«
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»Da ist aber einer wieder zickig«, sagte ich gutmütig. »Was gibt’s Neues, Leute?«
»Vielen Dank, dass Ihr uns empfangt«, sagte Andrea.
»Ich habe zu danken«, grummelte ich. Wenn sie nicht gewesen wären, wäre ich immer noch damit beschäftigt, Sinclair krampfhaft anzulächeln und darüber nachzudenken, wo ich die Halskette verstecken sollte.
»Wir wollen nicht lange drum herumreden, Ma’am . . . Daniel hat mich gebeten, ihn zu heiraten.«
»Was? Echt? Das ist toll! Herzlichen Glückwunsch!«
»Danke.« Andrea lächelte und sah zu Boden. Dann sah sie wieder mich an. »Und wir wollen, dass Ihr es macht.«
»Was?« Heiraten? Wenn man bösen Zungen Glauben schenken durfte, dann war ich bereits verheiratet.
Aus meiner Sicht jedoch war ich das ganz und gar nicht.
Auch wenn ich mich sehr für Andrea freute, war ich doch plötzlich so eifersüchtig, dass ich ihr gerne auf die Schuh-spitzen
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