Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
Plopp! , welches das Geräusch der Luft sein musste, die wieder in den Raum einströmte, den Satan eingenommen hatte. »Ich hasse es, wenn sie das macht. Mitten im Satz! Darin hat sie Ähnlichkeit mit Batman. Nur dass sie zickiger ist.«
Jessica sah immer noch furchtbar aus, aber sie entspannte sich zusehends, ihre Augen glänzten zwar, aber sie weinte nicht. Es war nicht der schlimmste Tag ihres Lebens gewesen, als ihre nutzlosen, widerlichen Eltern starben. Um es mit Stephen King zu sagen: Manchmal kann ein Unfall der beste Freund einer unglücklichen Frau sein.
Sagen wir es so: Wenn sie nicht gestorben wären, hätte ich sie eines Tages töten müssen. Und wer möchte schon einen solchen Auftrag auf seiner Checkliste stehen haben?
»Jesses, Betsy.« Jess beäugte das Buch, die Splitter, das zerbrochene Bücherpult. »Du bist ja eine richtige Schlägerin.«
»Na ja. Der einzige Mensch, der dich kleinreden und mit Familiengeheimnissen necken darf, bin ich. Außerdem hatten die Schuhe sowieso nicht meine Größe.« Jetzt war ich diejenige, die log, denn ich wusste genau, wie der Füchsin zumute gewesen war, als sie nicht an die Trauben herankam.
15
»Dann hat sie böse Dinge zu Jessica gesagt und ich hab ihr das Bücherpult auf den Hinterkopf gekloppt. Dann ist sie verschwunden. Dann ist Jess gegangen. Und dann ich.« Ich nahm noch einen Schluck von meinem Orange-Julius-Smoothie. Wir hatten immer noch November und schon wieder war ich in der Mall of America. War das ein Muster? Wenn ja, welches? »Ach ja, und zurzeit rede ich nicht mit dem Vampirkönig, aber in ein paar Stunden werde ich ihm wohl verziehen haben.«
Ich schaute auf und ertappte ein paar Halbwüchsige dabei, wie sie mich anstarrten. »Was ist? Ist was mit meinem Gesicht?« Verstohlen fuhr ich mit der Hand über Nase, Kinn und Augenbrauen. Tropfte irgendwo Smoothie herunter? »Hört auf zu glotzen«, beschied ich den Jungs, und wie testosterongesteuerte Roboter widmeten sie sich wieder ihren Big Macs.
Ich bin keine Sexbombe, nicht einmal eine Miss America. Ich besitze bloß den Sexappeal der Untoten. Zuweilen, das muss ich gestehen, nutze ich ihn ganz schamlos aus, um etwa keinen Strafzettel für zu schnelles Fahren zu bekommen. Aber weiter geht mein Hang zum Bösen nicht. Ich schwöre es!
»Ach, lass doch die Jungs in Ruhe glotzen. Du redest laut in einem öffentlichen Gastrobereich darüber, wie du den Teufel zur Schnecke gemacht hast und dass du es nicht mit dem Vampirkönig treiben willst. Ich bin erstaunt, dass das nur zwei Leute mitbekommen haben.«
Mein Mitbewohner (einer der unzähligen) lümmelte auf der anderen Seite des klebrigen Tisches in einem Plastikstuhl. Marc war – ich glaube, ich habe das bereits erwähnt – Notarzt. Heute Abend trug er die Verkleidung eines unter Schlafentzug leidenden, dringend einer Rasur bedürftigen schönen Mannes im ausgeblichenen Arztkittel, der nach Baumwolle, Schweiß, getrocknetem Blut und einem Deo-Stick von Mennen roch. (Alpine Force … wie dämlich war denn das schon wieder? Alpine Kraft? Wer denkt sich bloß so einen Blödsinn aus?)
Er trug also seine Notarzt-Verkleidung. Ich sah Marc so oft im Arztkittel, dass ich ihn in Jeans und Hemd gar nicht erkannt hätte.
Außerdem sah er verdammt gut aus – wenn man auf brünette Männer mit scharfen Gesichtszügen, grünen Augen und einem mitfühlenden, heiteren Gemüt stand.
»Ich hab doch gewusst, dass ich Rens Schicht nicht hätte übernehmen sollen.« Marc stöhnte und fuhr sich mit den Fingern durch seine verrückten Haare. In den wenigen Jahren, seit ich ihn kannte, hatte er sie schulterlang, kahlrasiert, als Bürstenschnitt, kurz-verwuselt, kurz-kurz, als Stoppelfrisur und als Pferdeschwanz getragen. Er hatte sich à la Cäsar frisiert, später wie Beckham, dann wie ein Irokese, Skinhead, wie Keith Urban, Josh Holloway und sogar zehn Tage lang – über die zu Hause niemand auch nur ein Wort verlor – wie ein Gürteltier (inklusive der weißen Stacheln).
Heute trat er als relativ harmloser Christian Bale auf. Ich trug mein übliches Blond mit dunkleren roten Strähnchen, ein Stil, auf den ich für die nächsten fünftausend Jahre festgelegt war. Zum Glück hatte ich den Look wenige Wochen vor meinem Tod aufgefrischt. Schlecht frisiert für die Ewigkeit … so etwas wäre einfach gemein. Und nicht richtig. Kein Mensch verdiente das.
»Aber er hat so lange davon geschwafelt, dass sein Sohn in der Cafeteria bei einem anderen Kind den
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