Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
einmal zu proben.
Ich sah mich ein letztes Mal in unserem Schlafzimmer um. Und da erblickte ich ihn: einen cremefarbenen DIN -A4-Umschlag (Entschuldigung! Meine jahrelange Sekretärinnenpraxis meldet sich immer dann, wenn ich es am wenigsten erwarte … ich meine natürlich einen Geschäftsbriefumschlag im Standardformat), auf dem in schwarzer Tinte mein Name stand.
In Sinclairs Handschrift.
Äh, nein. Dem war ich heute Abend nicht gewachsen. In gar keiner Weise. Entweder tat es Sinclair leid oder es tat ihm nicht leid. Was zwingend dazu führte, dass es auch mir entweder leid oder nicht leid tun würde. Wie auch immer: Im Augenblick hatte ich keine Zeit dafür.
Ich stopfte den Umschlag in meine schreiend rote Tasche und war so bereit, wie ich nur sein konnte. Ich schaute mich noch einmal im Zimmer um – und erkannte, dass ich die Abreise lediglich hinauszögerte. Ziemlich lahm und feige.
Also! Ich war bereit. Höllenwesen, haltet euch bereit: Eine ehemalige Sekretärin wird euch in der Unterwelt die Hölle heiß machen.
Und nun: zur Hölle! Was nicht so cool sein würde, wie es sich anhörte.
20
Obwohl ich nicht gesagt hatte: »Wenn ich gepackt und einen wahrscheinlich wütenden Brief von dem Untoten (mit dem ich vögele, wenn er nicht gerade wütend auf mich ist) eingesteckt habe, treffen wir uns in der Bibliothek neben dem grässlichen, stinkenden Buch der Toten «, trafen Laura und ich uns in der Bibliothek. Ja, Schwestern … Sie verstehen einander auch ohne Worte.
Das Bücherpult war immer noch zerbrochen. Das war ungewöhnlich. Jessica und Sinclair beschäftigten ein Heer von Angestellten, das auf den leisesten Wink reagierte. Normalerweise wurden Dinge so rasch repariert oder ersetzt, dass man den Eindruck bekommen konnte, die Heinzelmännchen wären am Werk gewesen. Heinzelmännchen, die Wagen wuschen und dafür sorgten, dass im Kühlschrank stets Jogurt, Säfte und Wodka vorhanden waren (und für diejenigen in der Vampirzentrale, die noch atmeten, aßen und ausschieden, Fleisch und Wurst). Außerdem Half-and-Half, ein Milch/Sahne-Gemisch, mit dem ich jedes Getränk aufpeppte. Tee. Milchshakes. Alkohol.
Folglich war es ein wenig überraschend, dass etwas im Haus nicht unverzüglich repariert worden war.
Wie auch immer, um es kurz zu machen: Das Buch der Toten war ohne viel Federlesens auf einen Sofatisch in der hintersten Ecke geworfen worden. Er hätte eigentlich lächerlich aussehen müssen, dieser große, müffelnde, alte Schinken – nachlässig wie eine Fernsehzeitung auf den Couchtisch geknallt. Aber so sah das Buch eben nicht aus. Sondern Unheil bringend und gruselig.
»So.« Ich warf einen bösen Blick auf das Buch, dann musterte ich meine Schwester. Sie hatte sich umgezogen, was meinen Beifall fand, denn die Klamotten, in denen sie den Skulpturengarten verlassen hatte, hatten sich – milde ausgedrückt – »gebissen«. Man sollte sich nie darauf verlassen, dass die Kleider eingeschüchterter Vergewaltiger zueinander passen. Zum Glück hortete Laura auch bei mir ein paar Sachen, seit sie nach dem Anschlag auf mich eine Weile in unserem Haus das Bett gehütet hatte. »Ruf sie an.«
»Wen? Meine Mutter?«
»Ja. Sag ihr Bescheid. Oder benutze das geheime Teufelspasswort oder was auch immer.«
»Ich kann nicht.«
Ich seufzte. »Laura, damit sind wir doch wirklich durch. Wir sind uns einig, dass es furchtbar nervig wird, aber wir sind uns auch einig, dass wir es tun müssen. Also, ruf schon an.«
»Ich weiß doch nicht, wie ich sie anrufen kann. Woher, glaubst du, sollte ich das wissen?« Sie erschauerte. »Ich mag eigentlich nicht mal mit ihr sprechen.«
»Oh.« Daran hatte ich nicht gedacht. »Du meinst also … der Teufel kommt, wenn sie will, und nicht, wenn man sie anruft. So ähnlich wie eine Katze. Eine sehr, sehr, sehr böse Katze.«
Als ob es eine andere Art von Katzen gäbe. Ich hatte Giselle bereits am Hals gehabt, als ich noch lebte, und verabscheute sie von Herzen. Mein jetziges Haus war so groß, dass ich sie wochenlang nicht zu Gesicht bekam. Allerdings musste ich gelegentlich das Katzenklo säubern. Die Heinzelmännchen mieden Katzenklos wie die Pest.
Laura zuckte die Achseln. »Sie ist einfach so … du weißt doch!«
»Allzu gut. Äh. Vielleicht müssen wir ein Opfer bringen.« Meine Seele schrak vor der Vorstellung zurück. Habe ich schon erwähnt, dass mir die Geschichte von Anfang an nicht gefallen hatte? Sie gefiel mir so dermaßen nicht. Noch nicht mal
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