Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
kreischte. Ich kreischte, als wäre ich selbst ins Feuer geworfen worden.
Laura versuchte sich an mir vorbeizuzwängen. »Wir können sie noch retten! Sie können frisch besohlt werden und sind dann wieder so gut wie neu! Nein! Lass mich, Betsy. Ich rette sie!«
Ich erwischte sie gerade noch am Ellenbogen und riss sie von den fröhlich brennenden Hochhackigen zurück. »Es musste sein.« Wir umarmten einander schluchzend. »Das Opfer muss gebracht werden.«
»Wow«, sagte eine Stimme hinter uns. Laura erstarrte. Wir drehten uns um.
»Ich will’s dir nicht verhehlen, meine Liebe. Ich hätte nie gedacht, dass du das durchziehst.« Der Teufel musterte unsere tränenüberströmten Gesichter und grinste. »Ich hätte vielleicht ein paar Tempos mitbringen sollen.«
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»Ich finde es ganz schrecklich, dass Betsy ein solch großes Opfer bringen musste, damit du auftauchst«, begann der Antichrist. »Und sie hat es für mich getan! Dafür kann ich ihr nicht genug danken. Also mach dich nicht noch über sie lustig.«
»Aber was soll ich sonst mit meinem Abend anfangen?«, feixte Satan. »Oder deinem? Außerdem, meine liebe, dumme Tochter, hat Betsy es vor allem für sich selbst getan.«
»Hey!«, bellte ich.
»Nein, du hast recht.« Satan überlegte kurz. »Dumm bist du nicht, Laura. Es ist nur so: Du kennst nur diese eine Ebene der Existenz.«
»Okay, das ist schon bes… Moment mal, ich bin immer noch sauer über deine Bemerkung.«
»Aber es stimmt doch! Sie kennt nur diese eine Ebene. Und du hast deine Schuhe bloß geopfert, um deiner öden Wirklichkeit zu entkommen.«
Rein aus Gewohnheit öffnete ich den Mund, um zu protestieren. Dann besann ich mich und zuckte stattdessen die Achseln. »Ja, na gut. Es stimmt ja. Aber auch du liegst nicht jedesmal richtig, Lena Olin.«
Laura starrte mich mit großen, verblüfften Augen an. Ich dachte, dass ich das vielleicht erklären sollte, aber bevor ich ansetzen konnte, fuhr mir Gottes Problemkind in die Parade.
»Unter dem Vorwand, dir zu helfen, kann Betsy dem Zugunglück entkommen, das sie aus ihrem Leben gemacht hat.«
»Hey! Unterstell mir nicht, ich hätte irgendwas mit Zügen oder Entgleisungen zu tun, du … «
»Aber mit toten Mitbewohnern. Mit einem Halbbruder. Mit toten Eltern.«
»Ant«, presste ich zwischen mahlenden Zähnen hervor, »war nicht meine Mutter.«
»Betsys beste Freundin bläst Trübsal, und nicht nur deshalb, weil sie vor Kurzem mitbekommen hat, dass ihre Eltern meine Stammgäste sind. Jessicas Liebesleben ist, wie man bei uns zu sagen pflegt, ein großer Haufen Schrott.«
»Wer ist uns ?«
»Dann ist da ihr krankhafter und irrationaler Hass auf alles, was mit Thanksgiving zu tun hat … «
»Hey, damit stehe ich nicht allein! Brauchst bloß einen beliebigen amerikanischen Ureinwohner zu fragen. Falls du überhaupt noch einen findest. Siehst du? Siehst du? Hab ich nicht recht?«
»Und vergessen wir nicht den Vampirkönig … «
»Wer ist wir ? Wer sind diese Leute?«
»… der die letzten Tage voll kalter Wut auf seine Angetraute verbracht hat. Oder vielleicht auch voll Wut auf sich selbst, weil er sie geheiratet hat. Ich möchte dir klarmachen, Tochter, dass du deiner Schwester keine Eigenschaften andichten sollst, die sie definitiv nicht besitzt.«
Laura schaute mich fassungslos an. Ich öffnete den Mund … und zuckte erneut die Achseln. »Der Punkt geht an sie. Sie hat recht. Mein Leben ist im Moment so beschissen, dass ein Tagesausflug in die Hölle geradezu paradiesisch klingt.«
Jetzt hatte ich’s. Ich hatte es herausgefunden. Das, genau das war es, was Erfahrung bedeutete. Sie bedeutete, dass ich so oder so in einen verheerenden Stau hineinbrettern würde. Denn das Auto, das ich fuhr, hatte defekte Bremsen. Und brannte. Ich war auf dem Weg zu einem Waisenhaus. Das ebenfalls brannte. Dabei wurde ich von brennenden Streifenwagen gejagt.
»Erfahrung nervt«, teilte ich meiner Schwester und ihrer Mom mit. »Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.«
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»Das war … wie heißt das doch gleich? Ach ja! Sinnlos. Ein Wort, das einem mühelos in den Sinn kommt, sobald die Königin der Vampire einen Kommentar absondert.«
»Entschuldige bitte, dass ich einen Moment der Selbsterkenntnis hatte!«
»Du bist entschuldigt. Ich weiß nur zu gut, wie selten und kostbar solche Momente für dich sind. Nun denn!« Der Teufel klatschte in die Hände wie eine Kindergärtnerin, die ihre rauflustigen kleinen Strolche zur Ordnung ruft. »Da ihr
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