Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
können, was sie sagten.
»Natürlich hab ich die Gelegenheit sofort beim Schopf ergriffen«, erzählte Ant gerade. Laura neigte den Kopf zu ihrer Leihmutter, um nur ja kein Wort zu verpassen. Sie war ungefähr fünfzehn Zentimeter größer als Ant und wirkte fast wie deren Beschützerin. »Ich besaß eine Spielkarte, die ich einsetzen konnte. Die Du-hast-meinen-Körper-benutzt-um-ein-Kind-zu-bekommen-Karte. Doch ich habe sie nie eingesetzt, die ganzen Jahre nicht. Ich wollte es einfach nicht. Aber dann erfuhr ich, dass du kommen würdest. Dass du lebst, wollte ich damit sagen, und dass du zu uns kommen würdest. Und da habe ich zu Luzifer gesagt, ich könnte ihr ja behilflich sein und dich herumführen.«
»Ist sie nett zu dir? So weit sie es vermag?«
»Aber sicher. Das mit der Bosheit des Teufels wird immer künstlich aufgebauscht, weißt du.«
»Nein, Antonia, ich weiß es nicht. Könntest du es mir erklären?«
»Luzifer sinnt nicht die ganze Zeit darüber nach, wie sie die armen Seelen am besten quälen kann. Die Hölle ist … sie ist eigentlich so eine Art Firma. Eine Firma, die sie schon seit Zehntausenden von Jahren leitet, ohne Krankentage oder Feiertage. Oder Urlaub. Sie konnte nicht einmal Mutterschaftsurlaub nehmen.« Und Ant winkelte ihren Arm an und … tat sie es? Sie tat es! Sie versetzte meiner Schwester einen widerlichen, vertraulichen Rippenstoß.
Ich verdrehte die Augen. Herrjemine! Armer Satan. Nur Arbeit und nicht mal zahnärztliche Grundversorgung. Das klang ja schrecklich.
»Kannst du dir so etwas vorstellen?«, rief Ant aus. Es klang, als habe sie wirklich Mitleid. Allzu sicher konnte ich mir aber nicht sein. Da ich sie nie in diesem Tonfall hatte sprechen hören, können Sie meine Verwirrung vielleicht verstehen. »Ich habe immer gedacht, die Zollabfertigung auf dem O’Hare-Flughafen wäre furchtbar. Das ist mit ein Grund, warum du hier bist, weißt du?«
»Was? Was meinst du damit?«
Ant hielt ihre Klappe auf die Art, wie nur sie es verstand – indem sie weiterredete. »Ich, ähm, hätte das vielleicht nicht … es schickt sich nicht, dass ich mit dir darüber spreche.«
»Aber … «
»Oh, schau nur, heute wird Ted Bundy wieder vergewaltigt und erwürgt.«
»Aaahhh!« Laura schlug sich die Hände vor die Augen. »Antonia, ich will so etwas nicht sehen! Bitte lenke meine Aufmerksamkeit nicht auf so was Grässliches. Und führe bitte deinen Gedanken zu Ende.«
Welchen Gedanken wohl? Ich kicherte, schaffte es aber, meine große Klappe zu halten.
»Ich muss mich jetzt wirklich mit der Führung beeilen«, sagte Ant fahrig und nervös.
»Ich möchte dich nicht in Ungelegenheiten bringen, deshalb frage ich nicht weiter. Aber … ist das mit ein Grund, warum du sie unterstützt? Ist Baal … das klingt jetzt bestimmt unheimlich dämlich … aber: Ist Baal überarbeitet?«
»Nicht so sehr überarbeitet als vielmehr einsam, denke ich«, antwortete Ant nach einer langen Pause. Mutter und Tochter hatten die Stimmen noch mehr gesenkt. Ich beschloss skrupellos, ihnen nicht zu verraten, dass ich sie trotzdem noch hören konnte. »Sie ist die einzige ihrer Art, weißt du. Und sie macht diesen Job nun schon seit einer Ewigkeit. Seit diesem schrecklichen Streit mit Du-weißt-schon-wem.«
Dem hiesigen Hausmeister? Dem Automechaniker?
»Ja«, schloss Ant. »Ich glaube, dass sie sehr einsam ist.«
Laura blieb unvermittelt stehen und drehte sich zu mir um. »Oh, schau nur«, rief ich aus und tat, als hätte ich nicht gelauscht. »Kenneth Lay wird lebendig unter Krügerrandmünzen begraben. Na, das muss ja wehtun – guckt euch nur mal die Beulen an! Oh, ihh, habt ihr mitgekriegt, wohin ein paar dieser Münzen geraten sind? Hey, Arschloch!«, schrie ich zu ihm hinüber. »Wie wär’s, wenn du in deinem nächsten Leben die Menschen zur Abwechslung mal nicht um Milliarden betrügen würdest?«
»Verspotte die Verdammten nicht, Betsy!«, schalt der Antichrist. »Ist es nicht schon schlimm genug, dass sie hier festsitzen?«
»Es ist schlimm genug, dass wir jetzt hier festsitzen.«
»Festsitzen ist nicht ganz der richtige Ausdruck«, warf Ant ein. »Niemand ist gegen seinen Willen hier.«
»Was?« Ich tat nicht länger so, als könnte ich sie nicht hören. »Nicht einmal er?« Ich zeigte auf Heinrich VIII ., der Anne Boleyn auf Knien anflehte, keinen französischen Henker zu beauftragen, ihm den Kopf wegen Hexerei abzuschlagen. Doch die gute Anne wirkte nicht sehr geneigt, ihm zu vergeben.
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